Forchheim: Landwirte wollen nicht mehr "Buhmann" sein

24.11.2020, 10:00 Uhr
Forchheim: Landwirte wollen nicht mehr

Und das steht hinter dem Verein "Land schafft Verbindung" (LsV): Etwa 500 Landwirte aus dem Landkreis haben sich zusammengeschlossen und über Facebook vernetzt. Sie haben es satt, als Buhmann der Nation betrachtet zu werden, egal was sie tun, egal, ob sie einfach nur ihre Arbeit verrichten oder von immer mehr politischen Auflagen so erdrückt werden, dass sie nur noch eine Wahl haben: das Handtuch zu werfen und den Betrieb aufzugeben.

Den Mitgliedern und Anhängern der LsV geht es in erster Linie nicht um mehr Geld, sondern um Wertschätzung – ähnlich wie den Menschen in Sozialberufen – und darum, aufzuzeigen, dass sie mehr Umweltschutz betreiben, als es die Folge der aktuellen Politik sein werde. Alleine mit dem Mercosur-Abkommen würde CO2 verschleudert, Regenwälder abgeholzt werden und weder Umweltschutz noch Tierwohl betrieben. "Wir tun all das und sind systemrelevant", betont Josef Taschner aus Obertrubach, der den Verein mit aus der Taufe gehoben hat.

"Wir arbeiten gut"

Zustimmung erhält er von Werner Nützel, dem Geschäftsführer des BBV, und von Hermann Greif. "Man wundert sich, wenn kleine Familienbetriebe mausetot gemacht werden und dann nur noch große Betriebe da sind, die man eigentlich nicht wollte", hebt Greif den warnenden Zeigefinger in Richtung Politik und Bürger. Nichts anderes tun die Landwirte des LsV: So sollen die Bürger erkennen, dass in der Landwirtschaft gut gearbeitet werde, dass sie ihre eigenen Forderungen einhalten und die regionale Landwirtschaft unterstützen, anstatt sie mit ihrem Einkaufsverhalten und "permanent negativer Kritik zu zerstören".

Beispiel Tierwohl und die Tatsache, dass die Kälbchen sofort von der Mutter getrennt werden: "Wir dürfen die Kälber nicht bei der Mutter lassen. Aus hygienischen Gründen", erklärt Taschner. Das sei ein Ergebnis der Politik und den Auflagen, für die Gesundheit der Verbraucher zu sorgen – und nicht der Geldgier der Landwirte geschuldet.

Gerade Zeiten wie Corona zeigen: Nicht nur Klopapier ist wichtig, auch das tägliche Essen auf dem Tisch. "Hartes Brot zu haben, ist schlimm. Aber kein Brot zu haben, ist hart", zitiert Greif einen alten Spruch, der die aktuelle Situation gut beschreibe. Stattdessen würden die Landwirte mit immer mehr Auflagen geknebelt. So betrachtet hätten beide – BBV und LsV – dieselben Forderungen, Wünsche und Ziele. Auch finanzielle Forderungen. "Auflagen und Verdienst müssen zusammenpassen", so Greif.

"Politisch neutral"

Eigentlich sei, was die Inhalte betrifft, der LsV auf einer Linie mit dem BBV, bei dem viele der Landwirte Mitglied sind. Allerdings würde Taschner anders als Greif den LsV nicht als Ergänzung zum BBV sehen, aber auch nicht als Gegenbewegung. "Wir sehen uns als politisch neutraler Vertreter der aktiven Landwirtschaft. Viele Funktionäre des Bauernverbands können die Landwirte nicht mehr richtig vertreten, da sie in den politischen Parteien aktiv sind und dadurch an deren Doktrin gebunden sind", glaubt Taschner. Das sieht Hermann Greif anders. "Wenn ein Landwirt nicht im Aufsichtsrat einer Molkerei sitzt, kann er auch nicht mitreden. Wo zieht man dann die Grenze? Welches politische Amt darf der Landwirt dann noch ausüben?"

Für Greif ist es wichtig, dass der Landwirt in den politischen Gremien aktiv dabei ist, um die Stimme zu erheben. Zwar habe auch der BBV den Ansatz für Demonstrationen und Proteste, aber die Hintergrundarbeit stelle der BBV in den Vordergrund. Bei einer Videokonferenz mit dem Verband in Coburg machte Greif jüngst deutlich, dass das gemeinsame Tun zum Erfolg führe: Die Kombination aus den Protestaktionen des LsV und die Hintergrundarbeit des BBV.

Da ist sich der LsV nicht so sicher, denn warum unterstütze der BBV nicht seine Aktionen? "Das tun wir doch", betont Greif, dessen Mitarbeiter und auch Sohn bereits bei den LsV-Protestaktionen dabei waren. "Wir würden uns über konkrete Gesprächsangebote zu einer offiziellen Zusammenarbeit und Unterstützung sehr freuen, getreu dem LsV-Leitsatz: Nur gemeinsam sind wir stark", sagt dazu Josef Taschner.

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