Wald

Forchheim: Mit einem Experten auf Spurensuche im Burker Wald

7.6.2021, 06:56 Uhr
Die Kressenquelle erinnert an die früheren Landbesitzer Kreß von Kressenstein. Der heutige Besitzer kümmert sich sichtlich gut um die Anlage.

© Foto: Udo Güldner Die Kressenquelle erinnert an die früheren Landbesitzer Kreß von Kressenstein. Der heutige Besitzer kümmert sich sichtlich gut um die Anlage.

In diesen Monaten feiert Burk seine urkundliche Ersterwähnung vor 900 Jahren. Grund genug, mit einem der besten Kenner der Gemeinde und ihrer Geschichte einen kulturhistorischen Spaziergang zu unternehmen.

Manfred Reges (geb. 1952) wollte uns eigentlich nur einige der Wasserquellen im Burker Wald zeigen. Doch dann wird der Ausflug zu einer Zeitreise, bei der man ständig über kleine und große Sehenswürdigkeiten stolpert.

Manfred Reges ist ein Burker Urgestein. Er kennt auch viele Sagen aus seinem Heimatort, aber noch lange nicht alle Geheimnisse.

Manfred Reges ist ein Burker Urgestein. Er kennt auch viele Sagen aus seinem Heimatort, aber noch lange nicht alle Geheimnisse. © Foto: Udo Güldner

Grün, grün, nichts als grün um uns herum. Wer sich im dichten Unterholz nicht auskennt, findet die Föhren-Quelle nie. Rund 100 Meter sind wir den Abhang hinabgestolpert. Nur Reges weiß, wo das kühle Nass an die Oberfläche tritt. Als wir schließlich davor stehen, ist außer einem vermoosten Mäuerchen nicht viel zu sehen.

Jugendzeit Ende der 1950er Jahre in Burk

Nur ein dürres Rinnsal, das aus einem schmalen Metallrohr plätschert. Wie Reges erzählt, war das in seiner Jugendzeit Ende der 1950er Jahre noch ganz anders. Damals waren die Kinder mit ihrem Hauptlehrer Rudolf Richter im Wald unterwegs, um die heimatliche Umgebung zu erkunden.

Unsere fast vierstündige Wanderung haben wir am Röthenparkplatz begonnen. Schnellen Schrittes und im heftigen Regen sind wir an der Weiherkette entlang gelaufen. Nur dass kaum noch etwas an die 23 Teiche erinnert, die einst den Geistlichen in der Martinskirche frischen Fisch auf den Teller gebracht haben. Die meisten der Gewässer sind ausgetrocknet und überwuchert. Niemand kümmert sich um sie, schon gar nicht um die drei Galgenweiher. Nur der Käsperles-Weiher ist noch "in Betrieb". Hier erntet das städtische Forstamt jährlich seine Karpfen.

Ganz am Ende der Weiherkette, wir sind nun in der Flur "Sommerrangen", stoßen wir inmitten sumpfigen Geländes, weit abseits des geschotterten Weges, auf die Sommerrangen-Quelle. Sie speist den Schlierbach, an dem sich im Mittelalter eine Siedlung gebildet hatte.

Verwunschene Stellen

Deren erste urkundliche Nennung 1007 war dafür verantwortlich, dass man vor nicht allzu langer Zeit das tausendjährige Ortsjubiläum feiern konnte. Erstaunlich ist allerdings, dass Reges, der sonst als Fachmann für die Burker Sagen gelten darf, keine märchenhafte Geschichte zu einer der Quellen gefunden hat. Dabei böten sich diese verwunschenen Stellen doch geradezu an.

Bergan führt uns der Weg. Vorbei am Heinlein-Kreuz, das wie immer mit frischen Blumen geschmückt ist, hinein in den Binsenschlag. Dann macht Reges auf zwei unscheinbare Hügel aufmerksam, an denen ich glatt vorbeigelaufen wäre. Schließlich sind sie von Bäumen und Büschen bewachsen. Es soll sich um Kugelfänge der bayerischen Armee handeln, in denen immer wieder Hobby-Schatzsucher nach Munitionsresten graben. Von einem bereits verstorbenen Burker namens Franz Hofmann weiß Reges zudem, dass hier während des Ersten Weltkriegs Rekruten den Nahkampf mit dem Bajonett üben mussten. Dabei sollen in den an Dreibeinen aufgehängten Säcken lebendige Katzen gesteckt haben – zur Abhärtung der jungen Männer.

Fachwerk-Häuschen mitten im Wald, aber ohne Hänsel und Gretel

Dann taucht zwischen all den Zweigen plötzlich ein kleines Fachwerk-Häuschen auf. Ein bisschen scheint es wie bei Hänsel und Gretel zu sein. Doch in dem Gebäude lebt niemand. In dem Forsthaus hatte man nach dem Zweiten Weltkrieg aus Platzmangel eine Familie aus dem Sudetengau einquartiert. Die Deutschs machten das Beste daraus und eine Schankwirtschaft auf. Sie erfreute sich in den 50er Jahren bei Wanderern und Forstarbeitern großer Beliebtheit. Aus dem Kühlkeller hat man inzwischen eine Fledermaus-Höhle gemacht.

Überall unter den Bäumen kann ich Senken erkennen. Manchmal sind es auch regelrechte Schluchten. Eine findet sich am Rabensberg. In den Steinbrüchen haben die Bauern noch bis in die 1960er Jahre mit bloßen Händen das Material abgebaut, um ihre Häuser aufzubauen und um Wege zu schottern. Für die Festung spielte der Sandstein keine Rolle, erklärt mir später Reinhold Glas. Viel wichtiger sei das viele Bauholz gewesen. Nur die mächtige Petersbuche ist dem nicht zum Opfer gefallen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Flüchtlingsfamilie Deutsch aus dem Sudetenland hier im Försterhäusla einquartiert. Sie machte eine Schankwirtschaft draus.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Flüchtlingsfamilie Deutsch aus dem Sudetenland hier im Försterhäusla einquartiert. Sie machte eine Schankwirtschaft draus. © Foto: Udo Güldner

Einige Minuten sind wir auf der vergeblichen Suche nach einer Quelle, deren Namen Reges nicht kennt. Dann geben wir auf. Die Dämmerung naht, da ist mit den trächtigen Wildschweinen im Gelände nicht zu spaßen. Die Schritte führen uns weiter, vorbei am alten Pflanzgarten mit der Heunhütte. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Nur kurz machen wir im Schatten einiger Kiefern Halt an zwei Grabhügeln, die aus vorchristlicher Zeit stammen. Wie alt sie genau sind, kann mir niemand sagen.

Notabwürfe von US-Bombern

Nur bei den Bombenkratern ist es klarer. Die sind durch Notabwürfe einiger US-Bomber kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges entstanden. Das erzählt später Kreisheimatpfleger Otto Voit, der damals in Eger lebte, dem Ziel der Flieger und ihrer Sprengsätze. Ganz in der Nähe passieren wir die Spröde Marter, die nicht aus Stein geschaffen ist. Das einfache Eichenholz ist der Grund für ihren Namen.

Die Kressen-Quelle erinnert daran, dass einst die Nürnberger Patrizier-Familie Kreß von Kressenstein einiges Land in Burk besaß. Sie ist dank der Mühen ihres derzeitigen Besitzers Herbert Jungbauer in einem sehenswerten Zustand. Ihr Wasser fließt in den Heiligengraben, der im Seetal in die Regnitz mündet.

Am Schießhügel sollen einst Soldaten der bayerischen Armee geübt haben.

Am Schießhügel sollen einst Soldaten der bayerischen Armee geübt haben. © Foto: Udo Güldner

Ein trauriges Dasein fristet das Gessen-Brünnlein. Aus einem PVC-Rohr sprudelt dessen Wasser in den Regnitz-Altarm, der am Sportheim Burk beginnt und nirgendwohin einmündet. Wie mir Reges erzählt, behauptete Hans Bauer, der erste Pfarrer Burks, dass es sich um eine Heilquelle handelte. Tatsächlich ist das Wasser, das vom Bergrücken des Hohen Zorn herabdrückt, sehr eisenhaltig.

Am späten Abend kehren wir zum Ausgangspunkt zurück. Wir hätten durchaus noch zwei Stunden laufen können. So viele Dinge gibt es im Burker Wald zu sehen.

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