Forchheims "Held" ist Erlangens "Verbrecher"

4.12.2014, 06:00 Uhr
Forchheims

© Archivfoto: Huber

Die Friedrich-von-Schletz-Straße erschließt westlich der Äußeren Nürnberger Straße ein Baugebiet, das auf drei Seiten von Gründelbach, altem Regnitzarm und Truppach umflossen ist. An der Südspitze breitet sich im Anschluss an ein Umspannwerk die Kleingartenanlage Sonnenbad aus.

Friedrich von Schletz war im Dreißigjährigen Krieg ein typischer militärischer Karrierist: skrupellos, rücksichtslos, gewissenlos. Von November 1631 bis April 1635 befehligte er die Festung Forchheim im Auftrag des bayerischen Herzogs, aber gegen den Willen des Bamberger Fürstbischofs. In dieser Zeit überfiel Schletz nahezu das gesamte Umland. Brandschatzen und Morden im Interesse der eigenen Verpflegung und Bereicherung gehörte zum Handwerk seiner nach Hunderten zählenden Soldateska, unabhängig von Fragen nach Freund oder Feind.

Ein Augenzeugenbericht aus dem Jahr 1632, vom 6. August: „Haben die Forchheimer umb die Stadt mit Brennen in den nächsten Dörfern großen Schaden getan. Viele Leute sind mitverbrennt, viel erschossen und niedergehauen worden!“ Und so geht es weiter, Tag für Tag. Schletz’ erstes Anliegen galt stets seiner Truppe. Die Bevölkerung, auch die innerhalb der Stadtmauern Forchheims, interessierte ihn wenig bis gar nicht. Forchheims Kulturbeauftragter Dieter George trug dieser Tatsache Rechnung in dem Hörbild, das seit zwei Jahren im Erlebnismuseum Rote Mauer zu erleben ist.

Neben vielen anderen bekamen auch Coburg, Erlangen, Neustadt/Aisch, Herzogenaurach, Baiersdorf und Bubenreuth die gnadenlose Mordlust und Raffgier der Soldaten zu spüren. Immer wieder versuchte der Fürstbischof in München zu intervenieren, was aber erst 1635 zum Erfolg führte. Friedrich von Schletz indes machte weiter Karriere. Nach Stationen unter anderem als Stadtkommandant von München beschloss er sein Leben 1658 als Landrichter zu Wasserburg.

Dieter George antwortete gestern Günter Kaspar sinngemäß, dass historische Ereignisse im Laufe der Zeit immer wieder neu bewertet werden. Eine lokalpatriotische Geschichtsschreibung, die bis in die 1970er Jahre verbreitet war, rechnete von Schletz vor allem die Verteidigung der Festung Forchheim gegen die protestantischen Truppen als „Heldentat“ an.

Diesen Vorgang von 1632 kennt der gemeine Forchheimer als „Belagerung durch die Schweden“. Dabei, so George, tummelten sich vor Forchheims Mauern wohl gar keine Schweden. Die Söldner kamen aus der Nürnberger Gegend (die Schletz hernach verwüstete) und eine ernsthafte Belagerung scheint es auch nicht gegeben zu haben.

Eine neue Straße würde wohl nicht mehr nach Friedrich von Schletz heißen. Für eine Umbenennung allerdings reicht es nicht, meint Dieter George: „Wenn wir so hohe moralische Maßstäbe ansetzen würden, müssten wir in Forchheim so manchen Straßennamen ändern.“ Und nicht nur in Forchheim.

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