Gewohnt derb: Matthias Egersdörfer unterhielt Forchheim

20.9.2020, 17:11 Uhr
Gewohnt derb: Matthias Egersdörfer unterhielt Forchheim

© Foto: Pauline Lindner

"Ganz in Weiß, mit einem Blumenstrauß", fängt ein alter Schlager an. Bei Matthias Egersdörfer muss es heißen: "Ganz in Weiß, mit einem Grant im G‘sicht". Oder sollte man bei seiner Figur im weißen Anzug eher an Weißwurst denken? Hangelte er sich doch bei der Saisoneröffnung des Jungen Theaters in der Schalterhalle der Sparkasse von der fehlenden Wurstkompetenz seiner Frau zum Wurstgeschenk, das bei der seltsamen Nachbarsfamilie landete, die ihn zu einer seiner Schimpf- und Mosertiraden animierten.

"Ein Ding der Unmöglichkeit" heißt sein Programm. Für das Team des Jungen Theaters war es nur mit viel Aufwand kein Ding der Unmöglichkeit, eine Veranstaltung mit mehr als 50 Personen auf die Beine zu stellen: Kartenvorbestellung, Namensliste, Platzierungsservice und eine spezielle Wegrunde zur Toilette. Nur durch den Hauptsponsor Sparkasse bestand die Chance, wieder einen Auftritt vor größerem Publikum zu organisieren. Schwebt doch gleichzeitig zu allen Coronaregeln der akute Raummangel über Forchheim, seit die Decke des Kolpingshauses herabzustürzen droht und der Jahnhalle wahrscheinlich nur mehr wenige Monate der Existenz gegönnt sind.

Granteln, meckern, mosern sind für Egersdörfer Kardinaltugenden. Es wäre spannend gewesen, welche Tonart er angeschlagen hätte, wäre ihm das Forchheimer Kulturraum-Problem bekannt. So beschränkte er sich aber in seiner Lokalkritik auf ein altes Käsebrot, das ihm angeblich in seiner "Kemenate" hingestellt worden war.

Gewohnt derb und deftig

Sein Schimpf-Gedankenkonstrukt - wie gewohnt derb und deftig - führte ihn über allerhand Umwege zu den einmaligen Sauren Zipfeln seiner Mutter und zu ihr selbst. Sie soll ihm ans Herz gelegt haben: "Scheiße derfst net sagen, net amol in Forchheim." Ob sie bei ihrer Meinung geblieben wäre, hätte sie die Kulturmisere hier gekannt? Beim Sohn wäre es wohl nicht bei dem einen Kraftausdruck geblieben.

"Ich bin seit acht Uhr dabei, Ihnen den Freitagabend an die Wand zu fahren", bekannte er im Lauf des Programms. Dafür fuhr der bekennende Liebhaber der fränkischen Hausmacherküche ein "Büffet mit rausbackenen Blödigkeiten" auf. Labyrinthisch führte er das Publikum durch eine nächtliche Radiosendung.

Unmut auf Fränkisch lauthals kundgetan

Da ging es um Kühe mit Grasintoleranz und um acht Cellistinnen mit einer hochmodernen klassischen Komposition – in gewohnt abschweifender Manier dargeboten. Von dort flitzte seine Geschichte zu seinen ersten Kinobesuchen in einem längst abgerissenen Laufer Lichtspielhaus: "Die Schlümpfe, Bud-Spencer-Filme und "Die Domina in Schwarz" sollen es gewesen sein.

Was bei ihm haften blieb, auch weil seine Oma ein geblümtes Sofa hatte und sein Vater ihn am liebsten erschlagen hätte: Die Schlumpfkassette, die er seinem Publikum natürlich nicht vorenthielt. Da ist er wohl dem Rat seiner Freunde gefolgt, die seine alten Geschichten nicht mehr hören wollten und ihn zu den Forchheimern schickten.

Die nahmen‘s gelassen, auch dass das eigene Zwerchfell bei Egersdörfer meist erst zwei, drei Sätze später reagiert. Schenkelklopfer sind nicht sein Genre, aber seine Denkweise könnte ein zutreffendes Bild für die eigene Wut und ein Ventil sein, den eigenen Unmut über dies und das fränkisch lauthals kundzutun.

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