Gößweinstein: Sitzen Narren bald auf Faschingswagen?

25.2.2019, 06:00 Uhr
Gößweinstein: Sitzen Narren bald auf Faschingswagen?

© Foto: Weichert

Initiator und Ortsführer Lothar Held wird heuer 70 Jahre alt. "Wahrscheinlich ist es für mich als Verantwortlichen der letzte Faschingsumzug", sagt Held. Und das nicht nur wegen des Alters, sondern auch, weil die Auflagen der Gemeinde immer strenger, aber auch immer kurioser werden. "Wenn die Vorschriften noch weiter verschärft werden, müssen wir uns überlegen, ob wir mit einem Fahrzeug am Umzug in Gößweinstein überhaupt noch teilnehmen", so Held.

Hintergrund: Der oder die Verantwortliche jeder Gruppe, könnte im Fall der Fälle zur Rechenschaft gezogen werden. Dafür muss vorab auch unterschrieben werden. Eine neue Auflage ist zum Beispiel, dass zur Vermeidung von Unfällen während des Umzugs neben jedem Rad des Wagens eine volljährige und nüchterne Begleitperson mit Warnweste herlaufen muss.

Statiker und Sicherheitspersonal

Außerdem braucht man auf jedem Wagen eine Sicherheitsperson, die aufpasst, dass der Wagen nicht umkippt. Zuletzt bräuchte man auch noch einen Statiker, der berechnet, wie viele Leute auf den Wagen dürfen und wie viele davon auf einer Seite sein dürfen. Der Statiker muss während des Umzugs quasi die Lastenverteilung auf den Wägen überwachen.

Weil die Kohlsteiner heuer drei Fahrzeuge und damit zusammen zwölf Räder haben, brauchen sie insgesamt 14 geschulte Sicherheitspersonen mit Warnwesten. Und diese wegbegleitenden Sicherheitspersonen müssen auch noch von einer ebenfalls nüchternen und volljährigen Aufsichtsperson auf ihre Einsatztauglichkeit hin ständig überprüft werden.

Interessant ist auch diese neue Vorschrift: "Die Personen auf den Wägen sind durch eine Brüstung mit einer Mindesthöhe von 1,20 Metern in ausreichender Stärke vor Herabfallen zu sichern." Kinder könnten dann überhaupt nicht mehr aus dem Wagen rausschauen, wundert sich Lothar Held, der selbst Sicherheitsbeauftragter ist und der eine Brüstungshöhe von einem Meter für völlig ausreichend hält.

Hohe Brüstung

Neu ist auch, das für jede Person auf dem Wagen eine Sitzfläche vorhanden sein muss, die rutschfest mit dem Fahrzeug verbunden ist. Man stelle sich vor, alle auf einem Faschingswagen müssen sitzen und die Brüstung ist 1,20 Meter hoch, dann würden die Zuschauer niemanden mehr auf dem Wagen sehen. "Fehlt nur noch, das auch noch alle angeschnallt sein müssen", sagt Lothar Held.

Vier Seiten Vorschriften und ein Merkblatt hat der Dorfverein Schwarz-Gelb Kohlstein heuer von der Gemeinde Gößweinstein bekommen. Eine dieser Vorschriften regelt auch, wie die Bonbons von den Wägen ins Publikum abgeworfen werden dürfen. "Wer kann das alles einhalten?", fragt sich Held. Da sei es kein Wunder, dass so mancher die Lust verliere, einen Faschingswagen zu bauen oder überhaupt noch am Faschingsumzug teilzunehmen.

Die Kleingeseer wollen heuer daher auch nur mit einer Fußgruppe kommen. Auch die Hühnerloher wollen nach Helds Informationen keinen Wagen mehr bauen. Zum Glück müssen die Wägen noch nicht vom TÜV abgenommen werden. Wenn das noch komme, gebe es keinen Faschingsumzug mit Faschingswägen mehr, ist sich Held sicher.

In Pottenstein sei das anders. Da bekommt man vor dem Umzug nur ein Merkblatt mit den wichtigsten Informationen. "Wir werden heuer auf jeden Fall die vorgeschriebenen Maße unserer Wägen einhalten", betont Held. So darf ein Wagen nicht breiter sein als 2,55 Meter und nicht länger als 18 Meter.

Vier Kubikmeter Bretter und 5000 Schrauben

Vorschriften hin oder her, heuer werden sich die Kohlsteiner ihre Freude am Wagenbau und dem Faschingsumzug jedenfalls nicht verderben lassen. Was es für ein Motivwagen wird, verrät Held noch nicht. Als kleiner Tipp: Es hat was mit einer Pistengaudi zu tun. Bis die drei Wägen fertig sind, ist jede Menge Material verbaut. Mindestens vier Kubikmeter Bretter und Balken, über 5000 Schrauben, Farbe, Planen und vieles mehr.

Für die Technik an Bord sorgen zwei starke Stromaggregate. Über 1000 Euro investiert der Dorfverein auch heuer wieder in das Material für die Wägen, für Bonbons und anderes "Auswurfmaterial". Rund 50 verkleidete Kohlsteiner werden am Faschingssonntag die Narrenhochburg Gößweinstein stürmen. Der älteste Wagenbauer ist übrigens der ehemalige Marktgemeinderat Rüdiger Klose mit 81 Jahren.

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