Hass und Sexismus im Netz: Das sagt Ebermannstadts Bürgermeisterin

9.11.2019, 20:00 Uhr
Hass und Sexismus im Netz: Das sagt Ebermannstadts Bürgermeisterin

© Silvia Marks/dpa

Angesichts der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, des Terrors von Halle und der steigenden Zahl an Hetze und Beleidigungen im Internet, hat die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket beschlossen, mit dem unter anderem der Hass im Netz strafrechtlich konsequenter verfolgt werden soll. Es ist allerdings fraglich, ob die Ermittlung digitaler Brandstifter dadurch wirklich effizienter wird. Denn das Internet ist groß und bekanntlich weltumspannend, die Server der beliebtesten Online-Plattformen stehen nur in Ausnahmefällen überhaupt in Europa. Ganz zu schweigen davon, dass jeder mit ein paar Klicks imstande ist, sich ein gefälschtes Nutzerprofil zuzulegen, um beispielsweise E-Mail zu verschicken.

Hass und Sexismus im Netz: Das sagt Ebermannstadts Bürgermeisterin

© ROLAND G HUBER

Ebermannstadts Bürgermeisterin Christiane Meyer (NLE) kann davon ein Lied singen. „Wir erhalten im Rathaus manchmal anonyme Mails mit Beleidigungen, darunter auch solche, die wir durchaus zur Anzeige gebracht haben.“ Dann werde zwar ermittelt, aber die Anzeigen schließlich wieder fallen gelassen – „weil die Hinweise nicht gereicht haben“, erzählt Meyer. Auch anonyme Anrufe hat sie schon erhalten. „Im persönlich Gespräch wird der Ton oft heftiger. Das ist aber nichts, was in die Richtung Beleidigung oder Drohung ginge.“

Ganz anders die Sprache im Internet: „Der Wortlaut in einer Mail oder auf unserer städtischen Facebook-Seite ist generell immer ein anderer als in einem echten Gespräch“, meint die Rathaus-Chefin. Denn „in echt“ sind die inneren Hürden des Anstands bedeutend höher als „im Netz“. Ohne sein Gegenüber zu sehen, dessen Mimik und Gestik zu beobachten, den Tonfall einzuschätzen, kann es in der virtuellen Welt sehr viel schneller unanständig werden.

Wie geht Meyer mit beleidigenden Angriffen um? „Wenn ich feststelle, dass ein gewisses Niveau unterschritten wird, lasse ich die Verantwortung beim Schreiber“, erklärt sie. „Aber es gibt auch die ein oder andere Mail, die mir näher geht. Ich bin ja keine Maschine.“ Letztes möchte sie auch gar nicht sein: „Eine Maschine, an der alles abprallt, so jemanden, dem der Hass nichts ausmacht, will ich nicht als Bürgermeister.“

Stellt sich nur die Frage: Wer will überhaupt noch politische Verantwortung übernehmen, wenn er oder sie permanenter Anfeindung ausgesetzt ist? Viele Gemeinden haben Schwierigkeiten, Bürgermeister oder Räte zu finden. Denn die Anfeindungen dringen bisweilen in die privatesten Bereiche vor. Meyer: „Es geht bei diesen Beschimpfungen nicht immer nur um die Personen des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin – oft werden die Familien, die eigenen Kinder mit hineingezogen. Das ist für mich als Mutter das größere Problem.“

Und: für sie als Frau. „Bei uns richten sich die Beleidigungen verstärkt auf Äußerlichkeiten, es geht ums Aussehen, das Outfit“, sagt Meyer. In diesen Fällen schlägt dann schnell ein latenter Sexismus zu. Die schäbigsten Beispiele behält die Bürgermeisterin lieber für sich, sie ist sich aber sicher: „Von solchen Angriffen sind männliche Kollegen weniger betroffen.“

Sind Sie als Person des öffentlichen Lebens ebenfalls zur Zielscheibe von Hass im Netz oder im Alltag geworden? Hat Ihr Verein oder Ihre Gruppe mit Anfeindungen zu kämpfen? Melden Sie sich bei uns: redaktion-forchheim@pressenetz.de oder Telefon (09191) 722020.

 

1 Kommentar