"Heimat ist dort, wo die Bäume blühen"

23.4.2019, 08:00 Uhr

BBV-Kreisobmann und Bezirkspräsident Hermann Greif erlebte auch hier einen voll belegten Saal mit über 600 Zuhörern. Greif begrüßte dazu unter anderem Umweltminister Thorsten Glauber (FW), MdL Michael Hofmann (CSU) und MdL Sebastian Körber (FDP). Behördlicherseits stellte sich Christian Tausch vom Landesamt für Umwelt aus Augsburg den Fragen. Den Landkreis Forchheim vertraten stellvertretender Landrat Otto Siebenhaar sowie Kreisbäuerin Rosi Kraus.

Der Landkreis Forchheim ist der größte Landkreis in Bayern mit Streuobst, führte Greif aus. Umso besorgter sind die Landwirte über die Festlegungen im Volksbegehren, wo extensive Obstanlagen über 2500 Quadratmeter unter Biotopschutz gestellt werden sollen.

Aufgeschreckt wurden der BBV und die Landwirte durch die Mitteilung des Landesamtes für Umwelt, dass eine aktuelle Biokartierung der Streuobstwiesen des Landkreises ab Januar 2019 im Internet einzusehen ist. Sie war von 2014 bis 2016 erfolgt, ohne dass die Grundstückseigentümer als Betroffene informiert waren. "Das ist ein richtig heftiger Eingriff in unser Eigentum", sagte Greif.

Umweltminister Glauber unterstreicht, dass es hier um ein prägendes Thema geht. "Heimat ist dort, wo die Bäume blühen", sagte er, selbst aus der Region kommend. Er legte Wert darauf, dass der Auftrag zur Kartierung vor seiner Amtszeit 2014 erfolgte, 2018 neu aufgesetzt und fertig gestellt wurde. Im November 2018 seien BBV und Landratsamt informiert worden. Nach einer Prüfung habe man festgestellt, dass von 3600 Aufnahmen der Biokartierung 2000 nicht korrekt ausgeführt wurden. Er habe verfügt, dass diese Kartierung komplett aus dem Netz genommen wurde.

Freilich verwies Glauber darauf, dass das geplante neue Bayerische Naturschutzgesetz sensible Bedingungen für Streuobstanlagen und weitere Bereiche der Landwirtschaft formuliere. Durch die Annahme des Volksbegehrens ist es laut Glauber für Ministerpräsident Söder schwer geworden, Änderungen in einem Begleitgesetz einzubringen.

Am 8. Mai wird der Gesetzentwurf in den bayerischen Landtag eingebracht. Bis Ende Juli 2019 muss nach den Statuten das Gesetz verabschiedet sein. "Wir haben blühende Flächen seit Generationen mit einer großen Artenvielfalt im April und Mai, hier ist das Volksbegehren kontraproduktiv", sagte Glauber. Er habe das Volksbegehren von Anfang an abgelehnt. "Ich stehe ganz an eurer Seite", versicherte er den Landwirten. Ähnlich äußerte sich MdL Michael Hofmann und unterstrich seinen direkten Bezug zur Landwirtschaft. Theoretisch hätte die Staatsregierung einen Gegenvorschlag zum Volksbegehren den Bürgern zur Wahl stellen können. Dafür plädierte Glauber. Über die Chancen und Risiken gebe es in den Parteien unterschiedliche Ansichten. Punkte jetzt in der Diskussion im Begleitgesetz noch zu korrigieren, ist die Hoffnung von MdL Hofmann.

Viele ungeklärte Fragen

"Der Umweltschutz wird wie eine Monstranz vorangetragen, sind wir noch freie Obstbauern?", fragte Sebastian Körber. Das Recht auf Eigentum sei ein hohes Gut in seiner Partei. Körber stellte die Frage nach Rechtssicherheit. Die Fränkische Schweiz höre nicht beim Landkreis Forchheim auf. Es gebe hier viele ungeklärte Fragen, was letztlich auch das Misstrauen der Landwirte befeuere. "Ich werde meine Heimat mit allen Mitteln schützen", versprach Körber in einer kurzen, prägnanten Rede, wofür er viel Beifall erhielt.

Viele Fragen im Biotopbereich beschäftigen die Landwirte: So sollen Wiesen nur bis 15. März gewalzt werden dürfen.

Christian Tausch vom Umweltamt erläuterte die Vorgehensweise bei der Biotopkartierung. Mit fünf Prozent liegt der Landkreis Forchheim deutlich über dem Schnitt Bayerns von 4,2 Prozent. Die Einlassung Tauschs, die Kartierung der Streuobstwiesen habe keine rechtliche Bindung, quittierten die Zuhörer mit ungläubigem Gelächter. "Die Kartierung wird durch das Volksbegehren zum Gesetz und die Leute verar . . .", sagte es Körber drastisch.

Jeder Zuhörer hatte in einer geduldigen Diskussion die Chance, sich zu äußern. Planwirtschaft und Enteignung sind die wesentlichen Befürchtungen der Bauern. Der Einwand behördlicherseits, man könne bis zu 850 Euro pro Hektar für Streuobstwiesen bekommen, greift nicht. "Wir wollen von unserer Arbeit leben können, nicht von Subventionen, die sind Sterbegeld", war eine klare Antwort.

"Es geht nicht um die Bienen, es geht um die Landwirtschaft und die blühenden Bäume, das ist eine Enteignung der Bauern, das könnt ihr nicht zulassen", appellierte Heroldsbachs Altbürgermeister Richard Gügel an Thorsten Glauber gewandt.

"Sind die Kirschbäume auch kartiert, ja oder nein? Dann weiß ich, was ich mache", lautete eine Frage. Über all dem schwebt immer wieder die Drohung, das Thema Biotop mit der Motorsäge bis zum Inkraftsetzen des Umweltschutzgesetzes zu lösen. Entsprechende Entwicklungen sind in der Praxis bereits erkennbar.

"Ich habe die Beteuerungen von Euch drei Abgeordneten gehört, im Parlament sitzen aber 202", meinte zweifelnd ein Zuhörer. "Gebt Eure 600 Meinungen weiter, nutzt auch Social Media. 20 bis 30 Jahre Gehirnwäsche haben die Menschen im Land weit weg gebracht von der Landwirtschaft. Ich verstehe Euren Frust", betonte Hermann Greif. "Wir fühlen uns alle von der Politik hinters Licht geführt und glauben kein Wort mehr", meinte eine Bäuerin.

"Mir hilft mein Eigentum nichts, wenn ich damit nichts machen kann", sagte Michael Hofmann und plädierte für einen Sonderstatus Fränkische Schweiz. Glauber unterstrich den hohen Wert der Veranstaltung für ganz Franken.

In vier unterschiedlichen Diskussionsrunden am runden Tisch mit etwa 30 Organisationen und den Initiatoren, koordiniert von Alois Glück, wird der Text des Volksbegehrens zur Zeit behandelt.

In einem Schreiben vom 12. April 2019 an Ministerpräsident Markus Söder fordern Kreisobmann und Bezirkspräsident Herrmann Greif, dass die Biotopkartierung vollumfänglich zurückgenommen wird, dass bei der vorzunehmenden Überarbeitung der Biotopkartierung die Grundstückseigentümer immer mit einzubeziehen sind, dass im Begleitschutz des Volksbegehrens "Artenschutz" ein Sonderstatus für die Obstbauregion Fränkische Schweiz geschaffen wird, dass bewirtschaftete und regelmäßig gepflegte Obstanlagen auch nach der Novellierung des Bayerischen Naturschutzgesetzes in keiner Kartierung als gesetzlich geschützte Biotope festgelegt werden.

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