Hochwasserschutz Kersbach: In vier Jahren könnte es so weit sein

24.7.2019, 10:00 Uhr
Hochwasserschutz Kersbach:  In vier Jahren könnte es so weit sein

© Foto: Ralf Rödel

Die beschlossene Variante, eine von drei möglichen, steht zwar noch unter einer Reihe von Vorbehalten, sie könnte noch deutlich teurer werden als gedacht. Aber Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) gab von Beginn an die Marschroute aus: "Ich kann und will jetzt nicht mehr auf das Thema Förderfähigkeit achten. Die Stadt will einen Hochwasserschutz für Kersbach." Zwar nicht um jeden Preis, aber: "Das ist auf jeden Fall der Tenor."

Zu diesem Zeitpunkt war nicht bekannt, wie der Chef des zuständigen Wasserwirtschaftsamtes Kronach, Hans Hemmerlein aus Neunkirchen, zu der noch taufrischen Planungsvariante B sagen würde, die Fördermittel betreffend. Hemmerlein machte es spannend und stellte das erlösende Wort ans Ende seines Vortrags: "Der Freistaat Bayern steht zu seiner Förderzusage. Wir empfehlen die Variante B und wünschen uns, dass die Stadt sie bald umsetzen kann."

Das Wort "bald" ist vielleicht nicht die allererste Wahl, wenn es darum geht, die Geschichte der Hochwasserschutzplanungen in Kersbach zu charakterisieren. Denn schließlich stand der Ort, neben Poxdorf, Langensendelbach und Baiersdorf, am Abend des 21. Juli 2007 unter Wasser — vor genau zwölf Jahren also. Und selbst wenn Variante B gebaut werden kann, was nicht sicher ist, können noch einmal vier Jahre ins Land gehen, während derer, wie Annette Prechtel (FGL) sagte, "die Kersbacher bei jedem Regen zittern", wie schlimm es diesmal werden wird. Auch Ludwig Preusch, Manfred Hümmer (beide FW), Anita Kern (SPD) und Udo Schönfelder (CSU) erinnerten an die dramatische Katastrophenerfahrung der Kersbacher von 2007. Ein Jahr später wurde ein "Integrales Hochwasserschutz- und Rückhaltekonzept" für den ganzen betroffenen Raum erarbeitet. Doch die Gründung eines Zweckverbandes mit den Nachbargemeinden scheiterte nach jahrelangen Verhandlungen endgültig 2012.

Die Chronologie der Planungen, die in der Sitzung thematisiert wurde, zeigt zweierlei: Es fehlte nicht am Willen der städtischen und staatlichen Behörden, für Kersbach einen wirksamen Hochwasserschutz zu planen. Was allerdings sehr häufig fehlte war der Wille einzelner Kersbacher Grundbesitzer, ihre Flächen zu verkaufen, um die Planungen umsetzen zu können. In der Zwischenzeit sind außerdem Vorschriften verändert worden (was zu Umplanungen führte) und allgemein die Bau- und Grundstückskosten sehr stark gestiegen.

Zuletzt, im Juni, kam eine weitere bittere Erkenntnis hinzu: Die Super-Variante A, die jahrelang verfolgt wurde und über acht Millionen Euro kosten würde, hat keine Chance auf Förderung. Denn der bayerische Staat bewertet auf der Grundlage eines allgemein gültigen Schemas die möglichen finanziellen Folgen einer Hochwasserkatastrophe und kommt im Falle Kersbachs auf eine Summe von "nur" 4,3 Millionen Euro. Die gesetzliche Fördersumme bei Variante A läge aber bei über fünf Millionen Euro, sodass diese Lösung als "unwirtschaftlich" ausscheidet. Außerdem will heute niemand mehr wissen, wie es überhaupt dazu kam, die Variante A zu planen. Denn hier wird als Ziel angegeben, ein Hochwasser, wie es statistisch nur einmal in 100 Jahren vorkommt, zurückhalten zu können plus 15 Prozent Anpassung der Niederschlagshöhe plus 15 Prozent Klimazuschlag – HQ100 mit zweimal 15 Prozent, sagte Hans Hemmerlein, sei in Bayern noch nirgendwo verwirklicht worden.

Variante B heißt HQ100 plus 15 Prozent Klimaschutzziel und wäre, so Hemmerlein, "eine tolle Sache, wenn wir das zeitnah gemeinsam hinbekommen". Billig ist auch diese Lösung nicht. Hemmerlein: "In meinem Amtsbereich können sich das viele Kommunen nicht leisten." Doch zum Beispiel die Stadt Coburg lebe gut damit. Die Kostenberechnungen sehen derzeit 5,5 Millionen Euro vor. Bei einer Fördersumme von geschätzten 3,1 Millionen durchs Land verblieben bei der Stadt 2,4 Millionen. Aber diese Summen sind alle sehr vorläufig und könnten sich noch erhöhen, warnte der OB. Das Risiko nimmt er aber in Kauf, damit endlich etwas geschieht.

Am unsichersten ist derzeit die Frage, was mit dem Erdaushub passiert. Denn es hat sich erst jetzt herausgestellt, dass das Erdreich mit dem giftigen Element Thallium belastet ist. Es handelt sich um ein natürliches Vorkommen, keine Altlast. Die Ingenieure empfehlen, den Aushub aus dem Rückhaltebecken südlich anschließend als neun Meter hohen Hügel abzulagern und zu begrünen. Muss das Material aber weggebracht und zum Beispiel in eine alte Kiesgrube "eingebaut" werden, könnten zusätzliche Kosten von bis zu einer Million Euro entstehen.

Variante B wird jetzt fertig ausgearbeitet und im Herbst ins Planfeststellungsverfahren eingebracht. Das dauert bis zu zwölf Monate. Danach kann mit dem Bau begonnen werden. Zwei bis drei Jahre Bauzeit sind zu erwarten. 2023 liegt die Hochwasserkatastrophe dann 16 Jahre zurück. Variante C heißt übrigens nur HQ100, würde 3,7 Millionen Euro kosten und wäre nicht förderfähig. Darüber wurde erst gar nicht mehr diskutiert.

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