Hundeangriff in Franken bleibt wohl ohne Folgen

11.8.2020, 06:00 Uhr
Hundeangriff in Franken bleibt wohl ohne Folgen

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Unvermittelt ging der nicht angeleinte Hund auf Balu los. "Kein Bellen, kein Knurren, nichts", berichtet Jutta E. Der Schäferhund habe den viel kleineren Havaneser einfach gepackt und zugebissen. Mehrmals. Irgendwann konnte der Freund der Tochter den Angreifer am Halsband packen und wegziehen. Der Hund drehte sich um und rannte weg. Vom Herrchen habe es keine Reaktion gegeben. Der sei einfach weiter gelaufen.

Zurück blieben die unter Schock stehenden Jugendlichen und ihr schwer verletzter Hund. "Meine Tochter rief mich sofort an, so dass wir schnell zum Tierarzt fahren konnten", erklärt die Hundehalterin. Balu musste notoperiert werden, die Bisswunden am Hals- und Brustbereich wurden genäht. "Zum Glück haben die Bisse die Luftröhre verfehlt, denn dann hätte er nicht überlebt", sagt Jutta E.

Telefonisch informierte sie die Polizei über den Vorfall und stellte eine Anzeige gegen Unbekannt. Doch ein paar Tage später erhält sie die Nachricht: Dieser Fall ist keiner für polizeiliche Ermittlungen.

Der Grund dafür liegt in der Rechtsstellung der Tiere, die im Strafrecht als "Sache" behandelt werden. Zugespitzt lässt sich also formulieren: Eine Sache hat eine andere Sache beschädigt. Weil der Schäferhund nicht angeleint war, könnte man dem Halter dabei Fahrlässigkeit unterstellen, doch die steht nicht unter Strafe. Allenfalls in einem zivilrechtlichen Verfahren könnte Jutta E. Schadenersatz anmelden. In ihrem Fall sind das zum Beispiel die Kosten für den Tierarzt.

"Ich weiß, dass das für die Hundebesitzer sehr schwer zu akzeptieren ist, denn es ist immer emotional, wenn ein Haustier zu Schaden kommt", räumt Anne Höfer, Pressesprecherin beim Polizeipräsidium Oberfranken, ein. Doch: Im zivilrechtlichen Bereich sei die Polizei außen vor. "Wäre ein Mensch zu Schaden gekommen, sähe die Sache anders aus", sagt sie. Dann ginge es um Körperverletzung, dann würde ermittelt.

"Es geht mir nicht um mich"

Jutta E. kann das nicht nachvollziehen. "Muss erst wirklich etwas Schlimmes passieren?" Die Angst davor sei für sie Anlass gewesen, sich an die Öffentlichkeit zu wenden. "Es geht mir nicht um mich oder um meinen Hund oder darum, den Halter an den Pranger zu stellen, es geht mir darum, andere zu schützen".

Für sie zeigte der unvermittelte Angriff, dass mit dem Schäferhund etwas nicht stimmen könne. Er sei auf ihren Hund losgegangen, obwohl dieser sofort in Hundesprache signalisiert habe, sich dem Größeren zu ergeben. Auch habe der Schäferhund während des Angriffs nicht auf ein Rufen seines Herrchens reagiert. "Was, wenn der Hund das nächste Mal auf ein Kind losgeht?", fürchtet sie und findet: "Der dürfte gar nicht ohne Leine nach draußen."

Dafür ist das Ordnungsamt der Stadt zuständig. Dessen Chef Klaus Backer erklärt: Es gibt in Bayern keine generelle Anleinpflicht. Städte und Gemeinden könnten aber eigene Regelungen treffen. In Forchheim gelte demnach in städtischen Grünanlagen eine Leinenpflicht.
Als Grünanlage zählt in Forchheim eigentlich auch die Sportinsel. Doch ist der Bereich des Burker Sportplatzes dort noch einbezogen? Das müsste eine Prüfung des Einzelfalls klären.

Die Auskunft stimmte sie traurig

Darüber hinaus sei es möglich, auch einem bestimmten Halter und dessen Hund eine Leinenpflicht per Bescheid anzuordnen. "Wenn von dem Tier eine konkrete Gefahr ausgeht", so Backer. Ob das der Fall ist, dazu könne das Ordnungsamt eine Untersuchung anordnen. Ein Sachverständiger würde dann prüfen, ob das Tier übermäßig aggressiv oder gefährlich sei.

Auch Jutta E. hat sich auf Anraten der Polizei beim Ordnungsamt gemeldet, um den Vorfall dort zu melden. Die Auskunft, die sie erhielt, stimmt sie traurig: "Das Ordnungsamt würde erst aktiv, wenn sie von der Polizei das Aktenzeichen der Anzeige haben." Da sich die Sache für die Polizei erledigt hat, gibt es beides nicht. "Ich bin sprachlos", sagt Jutta E. "Für den Moment heißt das, weder Hund noch Halter werden geprüft." Zumal sich der Ermittlungsaufwand für die Behörden in Grenzen halten würde, denn mit Hilfe von Anwohnern und Zeugen haben die Betroffenen den Hundehalter bereits ausfindig gemacht.

Einziger Trost: Balu, der in der vergangenen Woche ein zweites Mal operiert werden musste, ist auf dem Weg der Besserung.

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