Hutzler: "Ich werfe nicht hin"

25.9.2010, 20:44 Uhr
Hutzler:

© Ralf Rödel

Für einen Moment schien selbst dieser unaufhörlich niederprasselnde Dauerregen ganz kurz auszusetzen. Es lief die vierte Spielminute, als der Ball zwischen die klitschnassen Treter von Christoph Saffra und Tobias Kugler geriet. Der weiße Ball, er sauste einen Augenblick unkontrolliert durch die tropfnasse Luft, drehte und zwirbelte sich, geradewegs in den Laufweg von Jahn-Torjäger Tobias Ulbricht hinein. Der war mutterseelenallein zentral vor dem Tor gestanden – warum auch decken, Ansbach wollte ja eben noch einen Angriff vorbereiten. Doch dann war Christoph Saffra herbeigestürmt und hatte diesen Pressschlag an der Außenlinie provoziert. Und jetzt stand er da, Tobias Ulbricht, mit dem Ball am Fuß, allein vor SpVgg-Schlussmann Florian Körner. Und alles hielt den Atem an.

Mit einem feinen Haken ließ der Jahnler Körner ins Leere stürzen, das Tor war leer. Und der randvolle Rucksack mit tonnenschweren Steinen darin, den jeder Jahn-Spieler auf den Schultern zu tragen schien, er war kurz davor, sich in Luft aufzulösen.

Doch der locker-leicht losgeschickte Innenriststoß zum sicher geglaubten 1:0 wurde Ulbricht und seinem Jahn zum Verhängnis: Steffen Engelhardt kam wie aus einem schlechten Albtraum angehetzt und kratzte das Leder irgendwie doch noch von der Torlinie. Nach dieser vierten Spielminute konnte man irgendwie schon ahnen, wie dieses Jahn-Spiel wohl ausgehen würde.

Diese grauen Vorahnungen verstärkten sich widerwillig genau dreißig Minuten später, als Christian Staatz, der Jahn-Kapitän, allein vor Körner scheiterte. Und als Franz Schmuck (38.) und Christian Neumohr (39.) ihre Eins-gegen-Eins-Möglichkeiten gegen den Ansbacher Schlussmann vermasselten, da hätte sogar der größte Jahn-Optimist keine Wette auf einen Heimsieg mehr eingelöst. Vielmehr auf ein sicher geglaubtes Remis.

Denn Ansbach brachte bis dahin nicht mehr zustande, als sich ängstlich in der eigenen Hälte einzuigeln. Doch wer tatsächlich auf ein Unentschieden setzte, hatte einmal mehr die Rechnung ohne die schweren individuellen Fehler der jetzt verunsicherten Jahn-Mannschaft gemacht.

So warf Forchheims Torhüter Sebastian Raasch ohne Not das Leder in die Füße eines Gegenspielers. Den kurz darauf folgenden Freistoß donnerte Bastian Heizner per Aufsetzer an die klatschnassen Handschuhe von Raasch, den Abstauber netzte Manuel Relhert zum 0:1 in die Maschen.

Forchheim, das bis dahin die nicht unbedingt bessere, aber chancenreichere Elf gewesen war, schien urplötzlich wie schockgefroren. Die vermeintlichen Führungsspieler waren mit der Last der Verantwortung völlig überfordert, die Abwehr stand zwar weiter sicher um die überragenden Dennis Weiler, Joinc Chinchilla sowie einen kampfstarken Tobias Dachwald, doch ab dem Mittelfeld, wo Ansbach die Räume jetzt noch enger machte und wütend in die Zweikämpfe rauschte, da war kein Jahn mehr vorhanden.

Immer wieder rollten jetzt Konterangriffe gegen einfallslose Forchheimer, die in der zweiten Halbzeit keine einzige echte Torchance mehr zu Rande brachten; Raasch konnte seinen Fehler mit starker Fußabwehr gegen Rehet wieder gutmachen (69.), doch auch diese Großchance der Gäste weckte die Heimelf nicht mehr aus ihrer Melancholie. Forchheim ergab sich wohl seinem Schicksal: Ein Fehlpass im Spielaufbau, diesmal von Dachwald, bereitete das 0:2 durch Stefan Hemmeter vor. Der Ansbacher hatte Riesenglück, dass sich sein Pressschlag mit Weiler über Keeper Raasch hinweg ins Tor senkte – die Partie war gelaufen. Als man sich abschließend nur noch über die Lustlosigkeit der Eingewechselten wundern konnte, traf Michael Güssner noch zum überflüssigen 3:0-Endstand.

„Ich bin sprachlos, wir hatten uns viel vorgenommen, viel diskutiert. Es wiederholtsich trotzdem alles immer wieder momentan“, sagte ein trauriger Michael Hutzler hinterher, nachdem er sich noch minutenlang ganz alleine im Auswechselhäuschen den Regen angesehen hatte. „Uns hat es gefehlt, nach dem 0:1 die Pobacken zusammenzukneifen, den Mumm zu haben, nochmal alles dagegenzuwerfen.“ Ganz anders als er selbst: „Ich werde jetzt auf keinen Fall hinwerfen.“