Imbiss-Brand bei Forchheim: Versicherungsbetrug oder Schutzgelderpressung?

12.7.2019, 11:54 Uhr

Die Jugendkammer unter Vorsitz Markus Rezniks behandelt den Fall einer Brandstiftung in einem Imbiss im Landkreis Forchheim, die fast in eine Explosion gemündet hätte. Der Imbiss-Betreiber (41) und ein Mitarbeiter (19) müssen sich dafür verantworten. Am ersten Verhandlungstag bezichtigten sie sich gegenseitig der Tat. Nun folgte Verhandlungstag zwei.

Als Sandra P. (Name geändert) kurz nach drei Uhr von ihrer Mutter geweckt wird, "sah ich November-Nebel in meinem Zimmer". Bei näherer Betrachtung entpuppte sich der Schleier vor Augen als dichter Qualm, der durch den Fußboden des Altbaus in das Obergeschoss gezogen war. Erst später wird Sandra P. merken, dass sie sich eine Rauchgasvergiftung eingefangen hat. Auch ihr Zimmer in der elterlichen Wohnung nimmt Schaden.

In akuter Lebensgefahr

Der Gestank und der Ruß machen vor nichts Halt. "Tagelang ist die Waschmaschine gelaufen." Das Bett und die Bettwäsche müssen für 600 Euro ersetzt werden. "Der materielle Schaden ist das eine," so ihr Rechtsanwalt Bernhard Eckert aus Forchheim. "Viel schlimmer ist die psychische Belastung seither." Immerhin schwebte die 33-Jährige wie alle anderen Bewohner des Gebäudes in akuter Lebensgefahr. Mit Medikamenten wie Antidepressiva und Schlaftabletten sucht Sandra P. seither den Weg zurück in die Normalität. Eine Therapie soll demnächst helfen.

Die Nacht hätte noch schlimmer enden können, hätte nicht in der Wohnung der Rauchmelder angeschlagen. "Wir dachten erst, das Gerät spinnt wieder," so der 58-jährige Vater Sandra P.s. Der Maschinist läutet bei allen Parteien Sturm, bis auch der letzte auf der Straße steht.

Gefahr durch Propangas-Flaschen

Er habe sich gewundert, dass die Familie des Imbiss-Betreibers nicht etwa in Schlafanzug und Pantoffeln, sondern in ordentlicher Straßenkleidung aufgetaucht sei. "Als ob sie gewartet hätten." Immerhin war es im November 2018 vier Grad unter Null. Er habe dann den Imbiss-Betreiber auf die Gefahr einer Explosion durch die Propangas-Flaschen hingewiesen. "Ich habe das am Bau schon mal mitbekommen. Das möchte ich nicht noch einmal erleben." Der habe aber gar nicht reagiert und auch keine Löschversuche unternommen.

Als die Freiwillige Feuerwehr anrückt, wissen die beiden Einsatzkräfte noch nicht, dass sich im Inneren des Imbisses zwei Propangas-Flaschen befinden. Und zwar in unmittelbarer Nähe zum Brandherd. Der ist durch das Anzünden von Papier auf einem Servierwagen gelegt worden. Mit einigen kurzen Stößen aus dem C-Rohr ist das "kleine Feuer von etwa 30 Zentimetern" Höhe schnell gelöscht. Mit einer Wärmebildkamera wird nach Glutnestern gesucht – vergeblich.

Gasgeruch und vernehmbares Zischen

Was erst später auffällt, als die Feuerwehrler ihre Atemschutzmasken ablegen: Es riecht nach Gas, und eine der Gasflaschen ist noch immer aufgedreht. "Es hat vernehmbar gezischt." Kurzerhand dreht einer der ehrenamtlichen Helfer den Hahn zu. An ein Versehen glaubt der Fachmann nicht, denn an den Pizzaofen oder den Dönergrill waren die Kartuschen nicht angeschlossen.

Um die Geschäfte des Imbiss-Betreibers stand es nicht zum Besten. "Er hatte das falsche Konzept fürs Land." Das war einhellige Meinung mehrerer Zeugen. Darin sieht Staatsanwalt André Libischer das Motiv: Versicherungsbetrug, um an 50 000 Euro zu kommen. Auch ein früherer Geschäftspartner, ein Sportverein im Landkreis, hatte nach sechs Monaten die Zusammenarbeit beendet.

Obwohl der Angeklagte wegen eines Offenbarungseides gar nicht im Vertrag auftauchte, sondern dessen Ehefrau, wie der Vereinsvorsitzende zugab. Außerdem berichteten mehrere Nachbarn von Streitereien mit Lieferanten. Das Verhältnis zwischen dem älteren Imbiss-Betreiber und dem jüngeren Mitarbeiter beschrieb einer der Zeugen als Hörigkeit. "Der ließ sich ganz viel von ihm gefallen und tat ständig, was ihm angeschafft wurde."

Eine Schutzgelderpressung?

Für Verwunderung beim ermittelnden Kriminalkommissar sorgte die Tatsache, dass der Imbiss-Betreiber den Brand gelegt haben sollte, obwohl sich über dem Feuer die gesamte Familie befunden habe: "Für uns war das unstimmig." Hinter dem vorgetäuschten Einbruch vermutet der Polizeibeamte einen Täter, den der Imbiss-Betreiber kennt. "Welcher normale Einbrecher nähme sich denn die Zeit, um ein Feuer zu legen, und welchen Grund sollte er gehabt haben."

Es sei wohl eher mit einem Schutzgelderpresser zu rechnen, dessen Identität nicht preisgegeben werden solle. "Vielleicht steht der Imbiss-Betreiber ja auf einer Roten Liste." Dafür spräche auch eine Beobachtung eines Polizisten von der Inspektion Ebermannstadt. "Der Angeklagte machte sich Sorgen um seinen Laden." Ob tatsächlich die beiden Angeklagten schuldig sind, und wer die Lunte gelegt hat – oder ob ein großer Unbekannter das Gebäude in die Luft jagen wollte, wird bis Ende Juli umfangreich untersucht.