In Ermreuth lohnt die Autowäsche nicht

9.3.2018, 09:55 Uhr
In Ermreuth lohnt die Autowäsche nicht

© Roland Huber

Heinz Richter hat Verständnis. Für seine verärgerten Bürger, aber auch für die Arbeiten in der Hauptstraße. "Ich ärgere mich selbst immer über Umleitungen", sagt der Bürgermeister (FWG) über den Kern der Auseinandersetzung. "Aber wir hatten in Ermreuth keine anderen Möglichkeiten."

Seitdem Ermreuth mit der Vollsperrung in Richtung Walkersbrunn von der Außenwelt abgekapselt wurde, müssen die Einwohner einen kilometer- und zeitintensiven Umweg in Kauf nehmen. Das Landratsamt empfiehlt, den Bauarbeiten über Neunkirchen auszuweichen.

Kein offizieller Weg

Für Karin Kaiser, die sich um ihre Enkelin in Gräfenberg kümmert, bedeutet das 20 Minuten oder knapp 15 Kilometer mehr, um von A nach B und wieder von B nach A zu kommen. Zwei Mal am Tag ist sie zwischen A und B unterwegs. Zusammengerechnet kommt sie auf knapp zwei Stunden extra, die ihr die Baustelle bis Ende Mai täglich vom persönlichen Zeitkonto abzieht.

Ihr Fazit: "Wir sind richtig eingeschlossen." Seit September, als die ersten Bagger anrückten.

Doch die Ermreuther haben einen Ausweg gefunden. Er heißt "Lettener Weg" — ein Wald- und Wiesenweg, der in den Igensdorfer Ortsteil Letten und schließlich Dachstadt führt. Über den Schotterweg lässt sich die Staatsstraße, über die es wie vor der Baustellenzeit für die Ermreuther in Richtung Gräfenberg oder Igensdorf geht, in fünf Minuten erreichen. Doch der Feldweg ist nicht für den öffentlichen Verkehr freigegeben, geschweige denn ausgebaut. Eigentlich.

"Jeder ist dort auf eigene Gefahr und unerlaubter Weise unterwegs", betont Bürgermeister Richter. Trotzdem hat er den Weg schottern lassen. "Das machen wir mit allen Feldwegen." Beim Lettener Weg habe er auf einen Wunsch aus der Bürgerversammlung reagiert. Auch Karin Kaiser saß bei der Versammlung im Publikum.

Vielleicht wollte Richter damit dem Bürgerprotest den Wind aus den Segeln nehmen. Denn zu Beginn der Baumaßnahme, erzählt Karin Kaiser, sei immer wieder die Polizei gerufen worden, um zu verhindern, dass der Feldweg als Abkürzung genutzt werde. Und das hat die Bürger nicht nur auf die Palme gebracht, sondern auch zusammengeschweißt, sagt Kaiser. Seit 32 Jahren lebt sie in Ermreuth, war bisher immer zufrieden mit der Gemeindepolitik und deshalb nie zuvor auf einer Bürgerversammlung gewesen. "Doch wir lassen uns das nicht mehr gefallen."

"Unter aller Sau"

Mit Gleichgesinnten hat sich Kaiser zusammengeschlossen. "Der Feldweg ist unter aller Sau." Als Zeichen des Protests hat die Gruppe vereinbart, stündlich in der Gemeindeverwaltung anzurufen, um zu erreichen, dass der Feldweg ausgebessert wird. Sonst geschehe Nichts, sagt Kaiser. "Wir machen unsere Autos kaputt."

In den vergangenen acht Wochen hat Richter den Weg zwei Mal wieder in Ordnung bringen lassen. In Mitleidenschaft gezogen wird er nicht nur vom Autoverkehr. Auch bei Lkw ist die Abkürzung beliebt, sagt Kaiser. Unter Tonnen von Gewicht drücke es den lockeren Kies von der Fahrbahn. Je nach Wetterlage gleiche der Weg dann einem "einzigen Schlammloch", so Kaiser. "Das Auto putzen rentiert sich nicht mehr."

Für die Ermreuther bleibt lediglich die Hoffnung auf gutes Wetter, denn die Baustelle, sie bleibt noch bis Ende Mai erhalten. Ursprünglich sollten die Kanal-, Wasserleitungs- und Straßenbauarbeiten zum Jahreswechsel 2017 beendet sein. Dann Ende Februar. Dass es jetzt Mai wird, hat selbst den Bürgermeister überrascht.

Arbeiten gehen 2019 weiter

Bei Beginn der Arbeiten hat die Gemeinde unverhofft in einen zu hohen Grundwasserspiegel geschaut. Vier Brunnen müssen deshalb gebohrt werden, um diesen abzusenken. 60 000 Euro kostet das Abpumpen, hieß es in der Gemeinderatssitzung von Februar (wir berichteten). "Sonst können wir nicht an der Baustelle weiterarbeiten", sagt Richter.

Über den Verlauf der Bauarbeiten informiert der Bürgermeister über Mitteilungsblatt und Gemeindehomepage. "Bis voraussichtlich Mai 2018 gesperrt", heißt es dort.

Danach sind die Bauarbeiten aber noch nicht abgeschlossen. Doch als Rücksicht auf die baustellengeplagten Bürger will die Gemeinde unter anderem die Arbeiten für den Gehweg erst im Jahr 2019 angehen. Eine Vollsperrung wird es dafür voraussichtlich nicht brauchen.

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