Innenstadt-Gastronomie: Zwischen Hoffen und Bangen

19.5.2020, 18:00 Uhr
Innenstadt-Gastronomie: Zwischen Hoffen und Bangen

© Birgit Herrnleben

Antonella Pileio trägt ihr Herz auf der Zunge. "Schau mich an, ich bin Gastgeberin und keine Rausschmeißerin", schimpft die Italienerin hinter ihrer blauen Atemschutzmaske und macht ihrem Unmut Luft. "Ich bin als Italienierin immer gut gelaunt", sagt sie – während man ihre Mimik und ihren Gesichtausdruck nur erahnen kann, "doch mit diesem Ding da" (sie zeigt mit ihren Plastikhandschuhen auf den Mundschutz), "da kann ich nicht einmal mehr lächeln".

"Ich freu mich gar nicht", sagt die Gastwirtin über die gelockerten Corona-Auflagen und die Tatsache, dass sie nach vielen Wochen den Außenbereich ihrer Trattoria am Säumarkt wieder öffnen darf. Doch auf dem Servierwagen am Eingang des Gärtchens, auf dem normalerweise Essig und Öl in Karaffen sowie Salz- und Pfefferstreuer stehen, hat sie jetzt Desinfektionsspray in Sprühflaschen und eine große Rolle rot-weißes Absperrband deponiert. Und jede Menge Papier. Jeder Gast muss nämlich erst einmal seine Daten eintragen: "Wenn er das nicht macht, dann muss ich ihn wieder nach Hause schicken", so Pileio.

 

Speisekarten desinfizieren

 

Die Speisekarten sind verschweißt und werden mit einem "Pfff Pfff" aus der Sprühflasche nach jedem Bestellgang desinfiziert, das Personal trägt Mundschutz und Gumminhandschuhe. "Das schränkt ganz schön ein", sagt Juliano, der den Service bei "Antonella" innehat, außerdem sei das Tragen der Maske und Handschuhe gerade jetzt bei den steigenden Temperaturen "ziemlich nervig".

Wie die Situation aussieht, wenn in der kommenden Woche die Lokale auch im Innenbereich wieder bewirten dürfen, kann die Chefin im Moment noch nicht sagen, nur soviel: Take Away und Liefer-Service will sie auf alle Fälle beibehalten: "Dann sehe ich meine Gäste eben nur durch ein geöffnetes Fenster."

 

Ein Schlag ins Gesicht

 

"Die Verluste der letzten Wochen können wir nicht mehr aufholen", zieht Stefan Thongting eine ernüchternde Bilanz. Ganze zehn Tage lang hatte sein neues thailändisches Restaurant "Thong Thai" in der Fuchsenstraße geöffnet. "Der Start lief wirklich gut", sagt der Gastronom. "Wir hatten Vorbuchungen für 14 Tage, Geburtstags- und Familienfeiern". Doch dann kam Corona und die Gastronomie musste schließen: "Das war für uns wie ein Schlag ins Gesicht", sagt Thongting. "Man hat die Gastronomie komplett hängen lassen", auf Kurzarbeitergeld oder Soforthilfe warte er noch immer.

In den vergangenen gästelosen Wochen hat sich das "Thong Thai" mit einem Liefer- und Abholservice über Wasser gehalten und die Zeit genutzt, um den Biergarten an der Wiesent herzurichten. Geöffnet ist aktuell täglich von 11.30 bis 14.30 Uhr und von 17 bis 20 Uhr. Für die kommenden Tage habe er wenigstens schon "ein paar Reservierungen".

Den Innenbereich seines thailändischen Restaurants will Thongting in der kommenden Woche allerdings "voraussichtlich nicht aufmachen". Der Grund: "Der Aufwand dafür ist viel zu hoch."

Wie hoch der ist, um "nur" einen Cappuccino zu servieren, das bestätigt auch Melanie Gräfner aus dem Team des "Lübbis" in der Apothekenstraße: "Erst den Platz zuweisen, dann desinfizieren, dann den desinfizierten Stift und die Unterlagen zum Ausfüllen abgeben, sonst darf ich nicht bewirten."

Ja, meint Gräfner, einerseits seien "die Leute heiß darauf, wieder auszugehen", zeigten sich aber gleichzeitig ziemlich verhalten. Genauso hin- und hergerissen sei man auch im Lübbis-Team rund um Chefin Kathrin Grüner gewesen: "Wir haben hin- und herüberlegt, ob wir aufsperren", sagt Gräfner. Aber schließlich "wollen wir präsent sein".

Bedienen und Service mit Mundschutz sei nicht wirklich angenehm, so Gräfner, schlimmer jedoch sei es in der Küche, wenn Abstände von 1,50 Metern nicht eingehalten werden können. "Steh mal mit Mundschutz an Grill und Fritteuse", sagt sie, "dann wird‘s kompliziert".

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