Jahn-Halle ade: "Einzige Chance, die Halle zu retten"

12.8.2020, 16:31 Uhr
Jahn-Halle ade:

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Der Kreis schließt sich fast immer - manchmal auf skurrile Art: Als 1904 der Turnverein Jahn Forchheim gegründet wurde, gab er als Vereinslokal und Übungsstätte das Kolpingshaus an. Just jenen Ort, der nach dem Abriss der deutlich später erbauten Jahn-Halle das neue Kulturzentrum Forchheims werden soll. Doch der entpuppte sich jetzt als reichlich marode.

Jahn-Halle ade:

© Berny Meyer

Wasser auf die Mühlen von Peter Greif, der insgesamt 21 Jahre lang Vorsitzender der Sportvereinigung Jahn war und bekanntlich ein absoluter Gegner des Umzugs in den Stadtnorden ist. Der 81-Jährige darf in unserer Serie "Jahn-Halle ade" nicht fehlen, wenn es um Menschen geht, deren Leben durch den Jahn bestimmt worden sind.

"Diese Anlage war mein Lebensmittelpunkt, ich habe dort meine Hochzeit und alle runden Geburtstage gefeiert. Darum blutet jetzt mein Herz, dass der Verein diesen Schritt nicht verhindern konnte", sagt Peter Greif. Dennoch wolle er jetzt – da die Würfel eh gefallen seien – keine schmutzige Wäsche mehr waschen.

 

"Meine größte Baustelle"

Aber gerne in die alten Zeiten zurückblicken. Denn als er 1977 zu seiner ersten Legislaturperiode als Vorsitzender antrat, war auch da die Jahn-Halle seine größte "Baustelle". Das gute Stück, das 1926 fertiggestellt wurde, war baufällig geworden. Eine Million Mark sollte eine Sanierung kosten, das konnte die Sportvereinigung nicht alleine stemmen.

Da spielte Greif eine politische Debatte in die Karten. Die CSU hatte ihrer Klientel mehrfach eine Stadthalle versprochen, die SPD hatte dieses Thema im Wahlkampf aufgegriffen und mehrfach an diese Ankündigung erinnert. Daraufhin verfasste Peter Greif einen Offenen Brief an den damaligen Oberbürgermeister Karlheinz Ritter von Traitteur mit der Frage, warum man so viel Geld ausgeben wolle – und bot die Jahn-Halle an.

Großer Einschnitt

Der OB ging auf den Vorschlag ein, der einen großen Einschnitt für die Halle bedeuten sollte. Denn wo sich bislang Turner, Volleyballer, Tischtennisspieler, Gymnastikdamen und bei schlechtem Wetter auch mal die Jahn-Fußballer tummelten, sollte eine reine Veranstaltungshalle entstehen – ohne Sportflächen.

Jahn-Halle ade:

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Als der Umbau am 8. Januar 1981 abgeschlossen war, sah man das bei der SpVgg schon damals mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Peter Greif: "Es war die einzige Möglichkeit, dem Verein die Halle zu erhalten, mit Vereinslokal, Umkleidekabinen und so weiter."

Aber finanziell war das Projekt aus dem Ruder gelaufen. Ursprünglich hatte Architekt Lothar Langenbuch 1,9 Millionen Mark veranschlagt, die auch vertraglich festgehalten wurden. Doch früh war klar, dass dieser Rahmen überschritten werden würde. Greif wollte den Architekten auf eine neue Summe festnageln, der daraufhin 2,2 Millionen nannte, die der Vereinsvorsitzende im neuen Vertrag auf 2,3 Millionen erhöhte. Nur bis zu dieser Summe wollten sich Stadt und Landkreis mit Zuschüssen an der "Jahn-Kulturhalle" beteiligen. Am Ende wurden es 2,8 Millionen (ohne rund 200 000 Euro an Eigenleistung, die Vereinsmitglieder beisteuerten).

Ein ewiger Schuldenberg

"Auf diesen 500 000 sind wir sitzengeblieben und haben den Schuldenberg nie ganz abgetragen. Davor war die SpVgg schuldenfrei", erinnert sich Greif. Hinzu kam, dass der Jahn ab sofort jährlich 30 000 Mark für die Nutzung der zeitgleich gebauten Sporthalle des Ehrenbürg-Gymnasiums berappen musste. Für die ganzen Sportler, die zuvor unentgeltlich in der eigenen Halle ihrem Hobby frönten. Das habe man vorher nicht gewusst und nicht auf dem Schirm gehabt, so der langjährige Vorsitzende, der die Entscheidung dennoch nicht bereut hat: "Sonst hätten wir damals schon die Jahn-Halle aufgeben müssen."

Das Ende zeichnete sich 2011 ab, als die Stadt aus dem Kulturhallen-Vertrag ausstieg. Jährlich waren da Verluste aufgelaufen, für die der Jahn zu 20 Prozent, die Stadt zu 80 Prozent aufkam. Seither gab es viele Gedankenspiele der Kommune, die aber alle nicht umgesetzt wurden und aktuell durch den baulichen Zustand des Kolpingshauses erneut ins Stocken geraten sind.

Der Jahn musste den Betrieb in dieser Zeit weitgehend alleine bestreiten, die Stadt und andere Veranstalter zahlten von da an jeweils eine einzelne Saalmiete. Klar wurde jedoch, dass die Stadtspitze die Jahn-Halle als nicht mehr zeitgemäß ansah.

Ironie der Geschichte

Die Ironie der Geschichte: Gerade jetzt in der Corona-Krise musste die Politik doch noch einmal anklopfen bei der Sportvereinigung: Wegen der Abstandsregelung wurden die Stadtratssitzungen in den Großen Saal der Jahn-Halle verlegt, auch der Aufsichtsrat der Stadthalle tagte dort, der ASB gibt seine Erste-Hilfe-Kurse und das Rote Kreuz lädt zum Blutspenden ein. Den Abriss wird all dies nicht mehr abwenden – aber immerhin war in den altehrwürdigen Sälen der Jahn-Halle kurz vor ihrem Ende noch einmal mehr Leben als in den Jahren zuvor.

 

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