Junge Mediziner sollen Lust auf das Land bekommen

25.5.2015, 06:00 Uhr
Junge Mediziner sollen Lust auf das Land bekommen

© Hans von Draminski

„Ich kann mir gut vorstellen, als Ärztin auf dem Land zu arbeiten“, sagt Christina Wirth. Die 24-Jährige stammt aus Poxdorf – und absolviert gerade ihr für Medizinstudenten vorgeschriebenes Praktisches Jahr (PJ) in der Gemeinschaftspraxis des Arztehepaars Dr. Beate Reinhardt und Dr. Gunther Reinhardt sowie Dr. Gabriela Kreller-Laugwitz in Effeltrich. Auch die 26-jährige Erlangerin Julia Friedel ist derzeit „PJlerin“ und sieht den Einstieg in eine Landarztpraxis für sich durchaus als gangbaren beruflichen Weg.

Um auch andere Studierende der Medizin von den Vorzügen des Lebens und Arbeitens auf dem Land zu überzeugen, ziehen die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, das Bayerische Ministerium für Gesundheit und Pflege, der Verein „Oberfranken Offensiv“ (dessen Vorsitzende die aus Bamberg stammende Ministerin Melanie Huml ist) und der Bayerische Hausärzteverband (BHÄV) an einem Strang: Um bei den Studienabgängern „Landlust zu wecken“, wie es die Macher der Initiative formulieren, gibt es für die Landärzte von Morgen auch finanzielle Anreize, beispielsweise Stipendien und Zuschüsse bei der Gründung einer eigenen Praxis.

Dass das Projekt gerade in Effeltrich vorgestellt wird, hat auch damit zu tun, dass hier aktuell viel für die ärztliche Versorgung getan wird: Die Gemeinde hat wie berichtet ein Grundstück für den Bau eines Ärztehauses gleich neben dem Rathaus zur Verfügung gestellt; Effeltrichs Bürgermeisterin Kathrin Heimann ist sich bewusst, dass dadurch auch die medizinische Versorgung der Nachbargemeinden eine sichere Basis bekommt. Und die Gemeinschaftspraxis Reinhardt, momentan noch im ehemaligen Rathaus untergebracht, dürfte nach Ansicht Beate Reinhardts vom Umzug nur profitieren.

Melanie Huml betont, welchen hohen Stellenwert eine Arztpraxis bei den Bürgern hat: „Eine gute medizinische Versorgung bewegt die Menschen, liegt ihnen am Herzen“, so die Ministerin. Eine Arztpraxis sei für eine Gemeinde ein „harter Standortfaktor“. Darum müsse man angehende Mediziner möglichst frühzeitig für die Vorzüge des Praktizierens auf dem Land begeistern. Zumal laut Melanie Huml inzwischen gut ein Drittel der Hausärzte in Bayern über 60 Jahre alt ist, also dringender Handlungsbedarf besteht.

Schließungswelle bei Praxen?

„Da kommt eine Welle der Praxisschließungen auf uns zu“, fürchtet Dr. Dieter Geis, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes. Um dem entgegenzuwirken, müsse die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden. Das Klischee vom 24 Stunden täglich an sieben Wochentagen schuftenden Landarztes als „Einzelkämpfer“ stimme längst nicht mehr mit der Realität überein.

Das bestätigt Dr. Beate Reinhardt, die ihre Arbeit „ohne mein wunderbares Team nicht schaffen würde“, wie sie schwärmt. Zu diesem Team gehören auch Absolventinnen wie Christina Wirth, Julia Friedel oder der studierende Medizin-Praktikant Benjamin Haugg, der sein „Schnupperpraktikum“ in der Gemeinschaftspraxis eigentlich schon beendet hatte — und von der Chefin angesprochen wurde, ob er nicht wiederkommen wolle.

Professor Dr. med. Thomas Kühlein, Lehrstuhlinhaber des Allgemeinmedizinischen Instituts des Uni-Klinikums Erlangen, erinnert an die Vorzüge einer Ausbildung zum „Generalisten“. Der Beruf eines Hausarztes auf dem Land sei nicht nur spannend und interessant, sondern durch die Einbindung ins Leben der Gemeinde auch erfüllend.

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