Kein Geschäft mit Treppen: Verzwickte Lage in Ebermannstadt

6.2.2020, 16:00 Uhr
Kein Geschäft mit Treppen: Verzwickte Lage in Ebermannstadt

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

Es betrifft längst nicht nur Senioren, die nicht mehr gut zu Fuß sind, sondern auch Eltern mit Kinderwagen, Rollstuhlfahrer oder junge Menschen, die sich nach einer Verletzung kurzfristig umstellen müssen. Die Rede ist von Barrieren in der Stadt. Und die kosten dem Einzelhändler vor Ort Bares. Eine Treppe vor einem Ladeneingang stellt für manche Kunden ein unüberbrückbares Hindernis dar. Kommen sie sprichwörtlich nicht ins Geschäft, kommt es zu keinem Geschäft.

"Das ist definitiv ein Thema", sagt Christian Schlee. Er ist selbst Ladeninhaber in Ebermannstadt und Vorsitzender der örtlichen Werbegemeinschaft. "Jeder von uns hat das Thema auf dem Radar, aber noch ist nichts konkretes ausgegoren."

Auf dem Wunschzettel: Ein Taxi-Stand

Dass sich in der Stadt was ändern muss, steht fest. Die Seniorenvertretung hatte vor Jahren einen Fragebogen im Mitteilungsblatt verteilt, um die Meinung älterer Bürger einzuholen. Was wünschen sie sich in der Stadt? Was muss sich ändern?


Kommentar: Ebermannstadt darf nicht zu spät reagieren. Ein Vorbild ist Bamberg mit seinem Projekt "Flaniermeile Sandstraße".


"Viele haben damals bemängelt, dass die Wege zu Einkaufsmöglichkeiten zu weit sind", erinnert sich Ilse Foegelle, die sich ehrenamtlich bei der Seniorenvertretung 55+ engagiert. Die Tallage der Stadt macht das nicht einfacher: Nicht wenige Bürger müssen auf dem Weg in die Stadt den Berg hinunter und nach dem Einkauf warten Steigungen auf die Seniorinnen und Senioren. Bepackt mit vollen Einkaufstaschen ist das anstrengend. Da liegt der Wunsch der Befragten nach einem Taxistand auf der Hand.

Doch Ebermannstadt besteht nicht nur aus der Altstadt. In insgesamt 17 Ortsteilen leben die Menschen in vielen kleinen Dörfern. "Oftmals existieren dort keine Einkaufsmöglichkeiten", sagt Wolfgang Mehrer. Er ist Vorsitzender der Seniorenvertretung und Seniorenbeauftragter der Stadt. Ab Frühjahr sollen es ältere Menschen in den Ortsteilen einfacher haben, zu Obst, Wurst oder Getränken zu kommen.

Projekt Einkaufshilfe startet bald

"Im Frühjahr starten wir mit unserem Projekt Einkaufshilfe", sagt Mehrer. Schüler helfen auch dann wieder Senioren im Alltag. Bisher hilft die junge der alten Generation bei regelmäßigen Treffen im Umgang mit Handy und Co.

Für das Projekt Einkaufsservice wird es eine Handynummer geben, die Senioren aus dem gesamten Stadtgebiet anrufen können. Abnehmen wird ein Schüler, der den Service koordiniert, so Mehrer. Bestenfalls in jedem Ortsteil soll es Schüler geben, die das Projekt unterstützen. Sie nehmen den Einkaufszettel des Senioren mit in die Schule, nutzen die Zeit bis der Schulbus fährt für den Einkauf und bringen die Waren auf dem Nachhauseweg beim Senior vorbei und rechnen ab. "Das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe", sagt Mehrer.

Im Sommer startet ein weiteres neues Projekt: ein Gartenservice. Schüler sorgen dafür, dass Pflanzen nicht verdursten, während der Senior im Urlaub verweilt.

Nichts passendes für Händler

Der Einzelhandel setzt auf die Kunden im Seniorenalter, sagt Schlee. Sie haben tendenziell mehr Zeit und die Absicht, ihr Geld beim Händler vor Ort auszugeben, so Schlee. Aus Sicht der Werbegemeinschaft können schon Handlaufhilfen helfen, damit eine Treppe sicherer genommen werden kann. "Es sind Kleinigkeiten, die Barrieren mildern können."

In der historisch gewachsenen Altstadt stehen viele Händler vor demselben Problem: Bestandsimmobilien lassen sich oft nur mit viel Aufwand barrierefrei umgestalten. "Neue Unternehmer suchen und finden immer wieder keine Räume, die für ihre Bedürfnisse passen", sagt Schlee. Ein Thema, das freilich auch andere Städte mit sich herumtragen.

Christian Schlee setzt auch auf die Erfahrungen der Senioren. Seine Idee: Gemeinsam mit dem Seniorenbeauftragten bei einem Stadtspaziergang problematische Stellen in Ebermannstadt ausfindig machen. "Es gibt sicherlich viele Punkte für nicht-mobile oder sehbehinderte Menschen, die noch nicht erkannt wurden, die Jüngere nicht als Barriere wahrnehmen würden", sagt Schlee.

Stolperfallen gibt es überall

Seniorenbeauftragter Mehrer sieht auch andernorts Nachbesserungsbedarf. Beispielsweise bei den Treppenstufen zum Hallenbad oder maroden Holzgeländern über Brücken. Alle zwei Jahre spaziere die Seniorenvertretung gemeinsam mit dem städtischen Bauamt durch die Stadt.

"Dabei achten wir auch auf Stolperfallen wie unebene Gullideckel oder Schlaglöcher", sagt Mehrer. "Von der Stadt wird danach schnell Abhilfe geschaffen." Die Anzahl der Barrieren beim Einkaufen seien übersichtlich, findet Mehrer. Gelegentlich erschwere eine Treppe den Zugang zum Geschäft.

Für die Werbegemeinschaft ist bei dem Thema auch das Zentrenmanagement Ansprechpartner. Erste Denkanstöße gebe es. Dass eine barrierefreie Stadt auch eine attraktive ist, liegt für Annika Eckert vom Zentrenmanagement auf der Hand. "Das Thema hat angesichts der vielen Baustellen, um die wir uns derzeit in der Stadt kümmern, aber keine Top-Priorität."

Werbegemeinschaftsvorsitzender Schlee hat erste Ideen: "Bordsteine könnten abgesenkt werden und es gilt zu prüfen, für welche Maßnahmen Einzelhändler mit einer Förderung unterstützt werden können."

Senioren wollen aktiver sein

Für die Seniorenvertretung, die im April ihren fünften Geburtstag feiert, wären das gute Nachrichten. Denn klar ist auch: die Senioren in Ebermannstadt wollen aktiver als bisher am Stadtleben teilnehmen. Zumindest haben das die Befragten, die meist zwischen 70 und 90 Jahre alt waren, in den Fragebögen angegeben.

"Sie wünschen sich mehr Kultur oder Freizeitangebote vor Ort", sagt Foegelle. Um einen Teil dieser Angebote kümmert sich die Seniorenvertretung selbst: Angefangen von Radtouren, Bewegungstraining oder einem Generationenfrühstück. "Wir sind sehr zufrieden mit der Resonanz."

Trotz aller Kritik fühlten sich die Senioren wohl in Ebermannstadt, so Foegelle. "Der Grundtenor unserer Befragung war, dass sie sehr zufrieden sind." Manchmal sind es auch kleine Dinge, die große Wirkung haben.

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