Rewe schließt

Kein Nahversorger mehr im Zentrum von Forchheim: Für Senioren ist das eine Katastrophe

2.8.2021, 15:00 Uhr
Die Regale im Rewe-Markt sind schon fast leer geräumt.

© Sylvia Kiesewetter Die Regale im Rewe-Markt sind schon fast leer geräumt.

„Forchheim ist etwas sperrig in Sachen Service“, meint Inge Pieger, die vor der Rewe mit einer Gehhilfe auf den Bus wartet. „Ich bin gehbehindert und bin mit dem Bus von der gesperrten Piastenbrücke zum Paradeplatz gefahren, um etwas einzukaufen. Ich habe nichts bekommen, weil die Regale fast leer sind.“ Jetzt müsse sie 20 Minuten auf den Bus warten und bis zum Zentralkauf an der Bamberger Straße fahren, dort aussteigen, einkaufen und wieder auf den Bus warten.

"Sehr anstrengend"

„Das ist für mich sehr anstrengend“, erzählt Inge Pieger.
Eine Seniorin in Eile meint im Weitergehen: „Eine Katastrophe ist das für uns Senioren! Wie soll das gehen ohne Lebensmittel in der Innenstadt?“ „Ich habe kein Auto. Ich muss mit meinem Ziehwagen zum Einkaufen“, erzählt Hilde Beck. „Wie soll ich das in Zukunft machen?“ Ein Nahversorger im Stadtzentrum wäre dringend notwendig, meint sie. Das Angebot müsse ja nicht so umfangreich sein. „Die Vielfalt in der Rewe hat mich manchmal erschlagen.“ Einen Billiganbieter von Lebensmitteln möchte sie aber nicht. „Das ist kein Aushängeschild für Forchheims Altstadt.“

Kein Aufzug in die Tiefgarage


Kein Nahversorger mehr im Zentrum von Forchheim: Für Senioren ist das eine Katastrophe

© Sylvia Kieswewetter

Ein Senior, der anonym bleiben will, sagt: „Die Rewe wäre mit ihrem umfangreichen Angebot auch gut für große Einkäufe. Aber wie komme ich mit dem Einkaufswagen in die Tiefgarage? In anderen Städten gibt es dafür einen Aufzug, aber der steht in Forchheim an der anderen Platzseite. Wieso eigentlich?“ So mache er nur kleinere Einkäufe im Vorbeigehen. „In der Peripherie gibt es alles. Die Altstadt wird vergessen.“

„Ich war sehr erstaunt, als plötzlich Metzger und Bäcker aus der Rewe verschwunden waren“, erzählt Birgit Ludwig. Einen Großeinkauf habe sie in der Rewe nie gemacht, weil sie nicht mit dem Einkaufswagen bis zum Auto käme. „Und so schwer heimschleppen, das will ich nicht.“ Also habe sie in der Mittagspause oder auf dem Heimweg in der Rewe nur die täglichen Einkäufe erledigt. „Es spart mir Zeit, wenn ich in einem Laden alles bekomme.“ Ein kleinerer Nahversorger wäre für sie in Ordnung. „Aber bitte kein Billiganbieter“, sagt auch sie.

„Für meine Seniorinnen aus der Stadtmitte ist die Schließung der Rewe eine Katastrophe“, sagt Annemarie Hösch, die den Seniorentreff der Pfarrei St. Martin in Forchheim leitet. Alle 14 Tage treffen sich die Seniorinnen zum Kaffeeklatsch im Pfarrheim. „Die 70- bis 90-Jährigen decken etwa 70 Prozent ihres Lebensmittelbedarfs verteilt auf zwei bis drei Tage in der Woche bei der Rewe.“ Auch die Metzgerei und die Bäckerei wären sehr beliebt gewesen.

Nahversorger wäre nötig

„Das Fehlen eines Nahversorgers in der Stadtmitte macht viele bisher unabhängige Senioren von der Hilfe anderer abhängig“, erläutert Annemarie Hösch. Die Lebensmittelläden an den Ausfallstraßen sind zu weit weg, um sie zu Fuß oder mit Rollator erreichen zu können, vom Tragen der schweren Tüten ganz zu schweigen. „Ich habe meine Seniorinnen gefragt, was sie sich für die Innenstadt wünschen würden“, sagt Annemarie Hösch. „Ein kleiner Nahversorger mit Grundnahrungsmitteln, Kühlregal für Milchprodukte, Frischeregal mit Obst und Gemüse, das würde reichen.“ Drogerieartikel, Schreib- und Spielwaren, Süßigkeiten und Diätprodukte würde der Drogeriemarkt Müller abdecken, Bäcker und Metzger gäbe es auf der Hauptstraße ja auch. „So etwas wie der Tengelmann oder die Renta früher.“


„Es sind nicht nur die Seniorinnen und Senioren in der Altstadt, die einen Nahversorger brauchen“, sagt Birgit Ludwig. „Alle, die in der Innenstadt arbeiten, Schüler, Touristen, Kunden anderer Geschäfte, alle Bürger brauchen die Möglichkeit, Lebensmittel in der Stadtmitte kaufen zu können. Wie in anderen Städten auch.“ Alle Befragten hoffen, dass die Entscheidungsträger in Forchheim die Wünsche erhören!

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