Kontroverse um Aufsichtsratsposten in Forchheim: "Wir wussten davon nichts"

10.7.2020, 10:36 Uhr
Kontroverse um Aufsichtsratsposten in Forchheim:

© Foto: Edgar Pfogner

"Das Ganze kommt mir vor wie ein großes Verwirrspiel", meint FW-Fraktionschef Manfred Hümmer. Es geht um die Kontroverse rund um Steffen Müller-Eichtmayer (FGL), der, wie berichtet, aus einer Sitzung des Aufsichtsrats der Stadtwerke ausgeschlossen wurde. Mutmaßlich unter Androhung der Polizei durch OB Uwe Kirschstein (SPD). Hintergrund: ein möglicher Interessenskonflikt, weil der Grünen-Rat beim Nürnberger Energieunternehmen N-Ergie arbeitet, wo er im Team für den Stromeinkauf zuständig ist.

Kontroverse um Aufsichtsratsposten in Forchheim:

© Foto: FGL

Hümmer erklärt, die Aussage der FGL stimme nicht, wonach der berufliche Hintergrund Müller-Eichtmayers ,aufgrund der Stadtratslisten allen Beteiligten immer bekannt gewesen‘ sei. "Wir wussten davon nichts." Auch die Fraktionssprecher von CSU und SPD hatten, wie sie auf NN-Nachfrage sagen, davon keine Kenntnis.

Bei der Abstimmung sei der Job nie erwähnt worden

Bei der Abstimmung zur Postenverteilung in der konstituierenden Stadtratssitzung, in der blockweise über die Vorschläge der Fraktionen entschieden wurde, sei der Job des FGL-Rats nie erwähnt worden. Hümmer: "Woher hätten wir das auch wissen sollen? Auf den Listen steht ja nur der Name der Person und nicht ihr Arbeitgeber."

Den Freien Wählern sei ebenso wenig klar, ob der OB schon vorher von dieser Causa wusste, aber den Stadtrat nicht informierte. "Falls ja, hätte er das tun müssen", sagt Hümmer. "Falls nein, wäre es meiner Meinung nach ein Gebot der Fairness und Transparenz gewesen, wenn uns die FGL vor der Abstimmung darauf hingewiesen hätte."

Der FW-Politiker ergänzt: "Der Kollege Müller-Eichtmayer hätte auch selbst zumindest in den Raum stellen können, ob er befangen wäre, wenn er diesen Aufsichtsratsposten besetzt." Hümmers Zwischenfazit zur Kontroverse: "Momentan steht Aussage gegen Aussage. Und mal wieder ist das eine typische Kommunikations-Panne."

Was nun das Wissen um den Arbeitgeber Müller-Eichtmayers angeht, kontert FGL-Fraktionsführer Gerhard Meixner, dass im Kommunalwahlkampf – zum Beispiel auf Wahlflyern – und auf der Wahlliste "immer stand, dass Steffen Müller-Eichtmayer Mitarbeiter eines Energieunternehmens ist". Meixner betont, dass die Stadtwerke-Geschäftsführer ihm gegenüber im Vorfeld der konstituierenden Stadtratssitzung Anfang Mai starke Bedenken gegen Müller-Eichtmayers Aufsichtsratsposten äußerten.

"Der OB hätte das vortragen müssen"

Kontroverse um Aufsichtsratsposten in Forchheim:

© Foto: SPD

Weil man sich bei der FGL aber nicht, so Meixner, "diktieren lassen" wollte, wen sie in welches Gremium schicken sollten, habe es vor der Stadtratssitzung genau darüber ein Gespräch zwischen ihm, Müller-Eichtmayer und Kirschstein gegeben. Der OB habe also den beruflichen Hintergrund des FGL-Rats gekannt. "Wenn denn ein möglicher Interessenskonflikt bestanden hätte, hätte Herr Kirschstein das vortragen müssen", sagt Meixer.

"Dann hätte man im Stadtrat eine Entscheidung treffen oder es rechtlich nochmal prüfen lassen können." Aber eine Diskussion über die Personalie hat es während der Sitzung nicht gegeben, die Entsendung Müller-Eichtmayers in den Aufsichtsrat erfolgte einstimmig.

Meixner erklärt, er habe dann Ende Juni, zu Beginn der Sitzungen zweier aufeinanderfolgender Stadtwerke-Gremien (Verwaltungsrat Abwasser und Aufsichtsrat), beantragt, den Tagesordnungspunkt über die Entsendung Müller-Eichtmayers ins Kontrollgremium von der Tagesordnung zu nehmen. Doch habe der OB, so Meixner, über diesen Antrag gar nicht abstimmen lassen – sondern direkt über den Ausschluss Müller-Eichtmayers.

"Total ignoriert"

Meixners Einwand, dass über einen solchen Schritt nicht der Verwaltungsrat, sondern allein der Stadtrat entscheide, sei "total ignoriert" worden. Die Rechtsmeinungen, die die FGL vorab und auch zwischenzeitlich in der jetzigen Streitfrage eingeholt hat, seien laut Meixner allesamt eindeutig: "Es gibt hier keinen Interessenskonflikt." Das bekräftigt auch sein Parteikollege Emmerich Huber, selber Jurist, mit Blick auf die Rechtslage.

Müller-Eichtmayer "ist ein einfacher Sachbearbeiter" bei N-Ergie, "er ist als Stadtrat vereidigt worden und kennt als solcher seine Pflichten", sagt Meixner – und es mache ihn "sehr stutzig, mit welcher Vehemenz hier Leute aus dem Aufsichtsrat ausgeschlossen werden, die vielleicht ein bisschen Fachkenntnis mitbringen".

"Heftig" von der FGL

Äußerst stutzig macht FDP-Fraktionssprecher Sebastian Körber wiederum das Verhalten der Grünen: "Ich fühle mich als Stadtrat von der FGL fast schon getäuscht." Denn: Der Hinweis auf dem Wahlschein, dass Müller-Eichtmayer in der Energiewirtschaft tätig sei, so Körber, könne ja alles bedeuten: "Ob Turbinenbautechniker bei Siemens, Pförtner am Atomkraftwerk oder einfacher Elektriker." Körber findet es "heftig", dass die FGL jemanden in den Aufsichtsrat der Stadtwerke entsenden wolle, der in einem Unternehmen und dort in einem Bereich arbeite, bei dem man als "direkter Wettbewerber" der Stadtwerke ("Wir verkaufen ja auch Strom") auftrete.

Er sei, so Körber, "enttäuscht" von den Grünen, "das hätten sie besser wissen müssen". Inwieweit der OB eine Mitverantwortung trägt, sprich: er vorab in Kenntnis gesetzt wurde, es aber für sich behielt, dazu möchte Körber nichts sagen. "Das sind interne Dinge, die ich halt nicht überprüfen kann."

Licht ins Dunkel zu bringen, vermag auch Reiner Büttner, Fraktionschef der SPD, nicht. Dass es ein Vorab-Gespräch zwischen seinem Parteikollegen Kirschstein und der FGL gab, habe er erst hinterher, nach der Abstimmung im Stadtrat, erfahren, sagt Büttner. Über die Inhalte des Gesprächs wisse er aber nichts. Die endgültige Entscheidung der kommunalen Rechtsaufsicht in der Müller-Eichtmayer-Kontroverse steht noch aus.

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