Kulturelle Einheit der Turkvölker spiegelt sich in musikalischer Vielfalt

22.8.2016, 20:30 Uhr
Kulturelle Einheit der Turkvölker spiegelt sich in musikalischer Vielfalt

© Roland Huber

Dass der Kirchenmusiker Bach nicht nur strenge Klänge komponiert hat, und sich zuweilen vom italienischen Kollegen Vivaldi inspirieren ließ, zeigt eines seiner Concerti. Das „Consort.Amabile“ aus dem ukrainischen Lviv strahlte bei den „Heiteren Sommermusiken“ mit ebenjener Komposition mediterrane Eleganz aus. Dabei spielten Bozhena Korchynska, Natalya Pavliv, Irina Kozhachyck, Bogdan Kravchenko, Eugene Illarionov und Roman Shestak, die in der Ukraine verbreiteten chromatischen Längsflöten.

Ein verbotenes Instrument

Dass sie nicht nur eine Meisterin auf der Kiew-Bandura ist, sondern auch einen großartigen Sopran besitzt, bewies Marichka Shram. Erst zähmte sie mit viel Fingerspitzengefühl die 65 Saiten des harfenartigen Instrumentes, das zu Zeiten der Sowjetunion nicht gespielt werden durfte, da die Lautenzither ukrainischen Ursprungs ist. Mit der Unabhängigkeit von Moskau vor genau 25 Jahren änderte sich alles. „Auch deshalb feiern wir mit dieser Tournee“, so Musikprofessor Dusen Kaseinov.

Der ehemalige kasachische Kultusminister ist der Kopf von Turksoy, das von Ankara aus, und mit Geldern des türkischen Staates, die kulturelle Einheit der Turkvölker stärken soll. Höhepunkt des Konzertabends war der Turksoy-Kammerchor, der erst seit einem Jahr besteht und die besten Gesangsstudenten der Turkstaaten vereint. Daher auch der Name „Turksoy“, der soviel wie „Turk-Herkunft“ bedeutet. Was der Klangkörper da an fabelhafter Phrasierung, kraftvollem Ausdruck und dynamischen Qualitäten hören ließ, gehörte in die allererste Kategorie.

Die dreißig Sänger aus sechs Nationen, gewandet in folkloristische Trachten, überraschten mit einem liturgischen Gesang aus der Feder Mozarts, einer kurzweiligen Kurt-Weill-Moritat und einem geradezu geflüsterten Spiritual „Swing low, sweet chariot“.

Im Zentrum des einstündigen Auftrittes aber standen traditionelle Volkslieder aus den Turkstaaten. Etwa das kirgisische „Sagynam“ (Ich vermisse Dich), mit dem der Kasache Assylzhan Kaiypov seine tenorale Klasse unterstrich. Oder das „Ne Baxirsen“ (Wonach suchst Du?), dessen melancholische Note Orkhan Jalilov aus Aserbaidschan herüberwehen ließ.

Orientalisches Flair

Instrumental boten die beiden Türken Ersin Kiyak auf der Rahmentrommel (Bendir) und Ridvan Ak mit seiner Kastenhalslaute (Kemence) orientalisches Flair. Die stets lächelnde Chorleiterin Gulmira Kuttybadamova (Kasachstan) hatte nicht nur ihr Ensemble fest im Griff, sondern auch das applauswütige Publikum, dem sie Einhalt gebot, als es mitten in dem turkmenischen Lied „Bibijan“ (Kleine Bibi) nicht mehr an sich halten konnte. Obwohl Perfektion nur sehr schwer zu erreichen ist, klang es beim Turksoy Kammerchor unerhört leicht. Wer kann von sich schon behaupten, die wohl besten Stimmen von jeneits des Schwarzen Meeres gehört zu haben?!