Kulturpuls gibt in Forchheim den Takt vor

12.10.2019, 08:00 Uhr
Kulturpuls gibt in Forchheim den Takt vor

© Archivfoto: Anestis Aslanidis

Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) hat im Kulturausschuss des Stadtrates einen weit fortgeschrittenen Plan für die künftige Organisation des Forchheimer Kulturlebens vorgelegt. Die Stadträte reagierten überwiegend überrascht, verhalten positiv, teils auch sehr verärgert. Sebastian Platzek (FDP) konnte die geäußerte Kritik nicht verstehen: "Manchmal hat man den Eindruck, gewisse Leute an der Stadtspitze können vorlegen, was sie wollen, sie bekommen es immer um die Ohren gehauen."

Platzek war schon nicht mehr da, als der Ausschuss den Plan als Diskussionsgrundlage per Abstimmung zur Kenntnis nahmen. Kritik entzündete sich vor allem an zwei Punkten: Wie kann die Stadt als maßgebliche Geldgeberin ihren Einfluss auf die Kulturveranstaltungen wahren? Und: Warum wurde der für Kultur zuständige Stadtratsausschuss nicht in die Verhandlungen einbezogen?

Letztere Kritik allerdings stimmt nicht ganz. Udo Schönfelder, OB-Kandidat der CSU, sagte, er habe bei "einigen der Gespräche" mitwirken können. Er finde das Modell "gut", damit könne die Stadt starten und "Erfahrungen sammeln". Ganz anderer Meinung waren seine zwei Fraktionskollegen Karl-Heinz Fleckenstein und Thomas Werner. Fleckenstein: "Privat würde ich so ein Papier nicht unterschreiben, ganz ehrlich." Werner: "Ich bin sehr enttäuscht, dass wir dieses Papier erst heute zur Sitzung auf den Tisch gelegt bekommen."

Dieselbe Kritik äußerte Annette Prechtel, OB-Kandidatin der FGL. Außerdem hatte sie eine andere Erwartungshaltung: "Wir wollten ein Kulturzentrum Kolpingshaus", getragen zum Beispiel von einer gemeinnützigen GmbH. Nun werde eine gewerblich tätige GmbH die Veranstaltungen in allen städtischen Kulturstätten organisieren: "Begeisterung möchte da bei uns nicht aufkommen."

Nicht ganz überraschend

Prechtel musste sich von Rechtsanwalt Joachim Haas vorhalten lassen, dass ihr Ehemann und Junges-Theater-Aktivist Wolfram Weltzer in die Verhandlungen, die im Sommer vonstatten gingen, sehr eng eingebunden war (auf Nachfrage der NN bestätigt Weltzer seine Beteiligung, legt aber Wert darauf, dass er immer anderer Meinung war als Haas). Wie für Schönfelder kam also auch für Prechtel der Plan nicht ganz überraschend. Haas sprach als juristischer Berater des Prozesses, der das Konstrukt zu Papier gebracht hat. Seine Frau Astrid Haas steht der Gesellschaft zur Förderung von Kultur in Forchheim vor.

Eine gemeinnützige GmbH, so Haas, dürfe nicht gewerblich tätig sein. Die Betriebs-GmbH müsse aber ein Programm fürs ganze Jahr auf die Beine stellen, da werden auch Künstler von außerhalb kommen. Mit anderen Worten: Ohne kommerzielles Angebot werde das Kolpingshaus nicht ganzjährig bespielt werden können (Prechtel beharrte darauf, dass eine gemeinnützige GmbH als Trägerin dennoch möglich sei, wenn man die juristische Ausgestaltung entsprechend anpasse, dafür gebe es lokale Beispiele wie etwa die Chorakademie Weißenohe). Der Grundgedanke sei, so Haas, dass "Forchheimer für Forchheim" Kultur veranstalten. Deswegen wurde der Verein "Kulturpuls" gegründet, der das "operative Geschäft" der Betriebs-GmbH steuern werde – über die Bestellung des (hauptamtlichen) Geschäftsführers und die Besetzung des "Beirates".

Oberbürgermeister Kirschstein sieht den Einfluss der Stadt dadurch gewahrt, dass sie das Budget stellt. Nach einer Grobschätzung könnten pro Jahr 200 000 Euro anfallen, anfangs etwas mehr, weil ja noch viel angeschafft werden müsse, zum Beispiel technische Ausrüstung. Passe der Stadt die Richtung nicht mehr, könne sie ja am Geldhahn drehen.

Kirschstein unterstrich außerdem die "große Einigkeit" der Kulturschaffenden bei der Erarbeitung des Konzeptes. Die letzten Federstriche seien erst Anfang Oktober vollzogen worden, daher habe er den Plan erst zur Sitzung vorlegen können, nicht schon mit der Einladung verschicken. Sebastian Platzek hielt es für "vernünftig", zuerst ein Konzept zu erarbeiten und erst dann die Stadträte damit zu befassen, zumal ja noch nicht darüber entschieden werden musste: "Von daher: Bleibt mal cool, Jungs."

Manfred Hümmer (FW) war damit überhaupt nicht einverstanden, weil er sich als Fachausschuss für Kultur übergangen und der Einflussmöglichkeiten beraubt fühlt: "Das ärgert mich dermaßen", so Hümmer. Grundsätzlich sei er aber einverstanden. "Gut, dass mal was Konkretes auf dem Tisch liegt", sagte die SPD-Vertreterin Lisa Hoffmann. Jahrzehntelang habe der Kulturbetrieb in Forchheim nicht koordiniert werden können. Das sei nun "erstmals möglich".

Zur Klärung der offenen Fragen schlug der OB einen Workshop des Kulturausschusses vor. Zum Beispiel bleibt vorläufig ungeklärt, ob es ein Kulturreferat in der Stadtverwaltung geben wird oder nur ein Kulturamt. Und welche Aufgaben dieses Referat/Amt dann hätte. Eventuell eben nur wie bisher die Kulturbeauftragte: die finanzielle Förderung von Veranstaltungen zu verwalten. Die Kulturbeauftragte war übrigens nicht in der Sitzung, im Unterschied zur Museumschefin Susanne Fischer. Sie hatte den Kulturentwicklungsplan aufs Gleis gesetzt.

Keine Kommentare