Langensendelbach sucht Beamte im Rathaus

5.11.2018, 11:00 Uhr
Langensendelbach sucht Beamte im Rathaus

© Christoph Schmidt/dpa

Der Geschäftsleitende Beamte, wie er in Langensendelbach gesucht wird (es kann auch eine Beamtin sein), ist nicht nur ein hohes, sondern derzeit vor allem scheues und seltenes Tier. Der Dienstrechtsreferent des Bayerischen Gemeindetages, Georg Große Verspohl, weiß davon ein Klagelied zu singen: "Es sind nicht genügend Leute vorhanden. Der Markt im Öffentlichen Dienst ist begrenzt, er gibt nicht genug her."

Dabei gibt es sie tatsächlich, die gut qualifizierten Verwaltungsjuristen in Bayern. Aber bei der Frage, wo es hingehen soll: große oder kleine öffentliche Verwaltung, Regierungsbehörde oder Rathaus, Ministerium oder Landratsamt, fällt die Entscheidung zunehmend gegen die kleinen Einheiten aus.

Oder wie Frithjof Dier sagt, seit mehr als zwei Jahrzehnten Referent im Landratsamt Forchheim: "Früher konnten sich die Ministerien noch aussuchen, wen sie nehmen wollen. Heute kommen die frisch gebackenen Juristen und stellen ihre Forderungen."

Ärger oder Ruhe?

Es ist halt ein Unterschied, sagt Georg Große Verspohl, ob ich in einer großen Behörde von 9 bis 17 Uhr meinen geregelten Dienst habe oder ob ich in einem Rathaus die Verantwortung für die Personalführung übernehme, für den gesamten Geschäftsablauf, inklusive abendlichen Sitzungen, ob ich eventuell den Ärger mit Bürgern, Bürgermeister, Gemeinderäten haben will oder ob ich in Ruhe Akten abarbeite: "Dabei gibt es keinen Unterschied zwischen Stadt und Land", so Große Verspohl.

Der Gemeindetag zählt 2000 Kommunen zu seinen Mitgliedern. In jeder einzelnen Verwaltung sollte mindestens ein Beamter der "dritten Qualifikationsebene" arbeiten, so Große Verspohl. Aber: "Es gibt auch Gemeinden, die gar keinen Beamten mehr haben."

"Hundesteuer A bis K": Das wollte Klaus Müller nie. Der Mann heißt in Wirklichkeit anders. Aber nur im Schutze der Anonymität erzählt der Geschäftsleitende Beamte einer Gemeinde im Landkreis von seinem Alltag: "Die Arbeit ist nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig." Schon in der Ausbildung hörte er den Satz: "Sie stehen zwischen allen."

Müller ließ sich davon nicht abschrecken. Sein Arbeitgeber, sagt er, ist "die Gemeinde". Das sind für ihn letztlich alle Einwohner, nicht nur der Gemeinderat oder der Bürgermeister. Als gelernter Verwaltungsjurist liege es an ihm, strittige Fragen "so darzustellen, wie die rechtliche Situation ist". Denn: "Wenn etwas rechtswidrig ist, muss ich es auch sagen, das hat mit meiner Meinung überhaupt nichts zu tun."

Er sehe es als seine Pflicht an, sagt Müller, dafür zu sorgen, "dass die Spielregeln zumindest zur Kenntnis genommen werden". Das hört sich einerseits dramatisch an, als würde in den Rathäusern regelmäßig gegen Gesetze verstoßen.

Andererseits steht Müllers Berufsstand tatsächlich regelmäßig vor, sagen wir mal: ungewöhnlichen Wünschen von Seiten der Gemeinderäte, der Bürgermeister oder auch ganz normaler Bürger.

Das wirft die Frage auf, wie unabhängig ein kommunaler Spitzenbeamter wirklich agieren kann, wenn er vielleicht auch noch am Ort wohnt und sich dort gesellschaftlich engagiert. Müller, der schon mehrere Stationen hinter sich hat, sagt dazu: "Ich habe immer vermieden, dort zu wohnen, wo ich arbeite." Was, wenn er sich aus rechtlichen Gründen gegen ein neues Baugebiet ausspricht, das zufällig in seiner Nachbarschaft entstehen soll? Oder in Nachbarschaft zu einem guten Freund, der aus ganz anderen Gründen dagegen ist?

Politisch neutral verhalten

"Man muss als Geschäftsleitender Beamter nicht unbedingt zwischen den verschiedenen Interessen zerrieben werden", findet Frithjof Dier vom Landratsamt. Aber: "Man sollte sich als kommunaler Beamter politisch neutral verhalten." So gesehen ist ein Verwaltungsleiter, der im Rathaus lautstark ankündigt, er werde für den Rücktritt des neu gewählten, ihm politisch nicht genehmen Bürgermeisters sorgen (wie es laut Ohrenzeugen tatsächlich im Landkreis vorgekommen ist), vielleicht nicht gerade ein Vorbild für den Nachwuchs.

Kommunale Spitzenbeamte sind zum Beispiel der Kämmerer, die Leiterin des Bauamtes oder der Hauptverwaltung, der Chef des Bauhofes. Die "Geschäftsleitung" ist kein eigentliches Amt, eher eine zusätzliche Aufgabe.

Derzeit, sagt Ebermannstadts Bürgermeisterin Meyer, ist vom Personal in der Verwaltungsgemeinschaft mit Unterleinleiter trotz vorhandener formaler Eignung niemand dazu bereit, zusätzlich die Geschäftsleitung zu übernehmen. Deswegen hat sie selbst die Funktion vorläufig mit inne. Meyer hofft, im Laufe des nächsten Jahres die Aufgabe vergeben zu können.

Ebermannstadts Verwaltung hatte in den letzten Jahren einiges an Fluktuation zu verkraften. Die Gründe: Pensionierungen, Krankheitsfälle, Berufswechsel, Wegzüge, Standortwechsel. Nicht alle Stellen konnten sofort mit geeigneten Kandidaten neu besetzt werden, so Meyer. Es gab auch Trennungen in der Probezeit. Doch zum 1. Dezember werden zumindest alle Abteilungsleiter wieder vollzählig sein.

Alle Mitarbeiter werden zwar nach dem Tarif für den Öffentlichen Dienst bezahlt. Doch das bedeutet: "Maximal A 13, also schlechter bezahlt als in der Wirtschaft", so Frithjof Dier, "und dafür sind Sie in der Mühle drin, mit Abendsitzungen und so weiter". Oder wie es unter anderem im Ausschreibungstext der Gemeinde Langensendelbach unter dem Punkt "Anforderungsprofil" heißt: "Überdurchschnittliches Engagement, Bereitschaft zur Teilnahme und Protokollierungen an Sitzungen und an sonstigen dienstlichen Terminen auch außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit."

Keine Frage: Das muss man mögen. Oder man muss eine Einstellung mitbrigen wie Klaus Müller: "Ich ziehe die Befriedigung mit meiner Arbeit daraus, dass ich fachlich zu dem stehen kann, was ich sage."

Für die Position des "geschäftsleitenden Beamten" existiert keine zwingende formale Voraussetzung, ja: Die Stelle taucht in der Bayerischen Gemeindeordnung gar nicht auf. Theoretisch könnte auch ein Betriebswirtschaftler die Funktion übernehmen, wenn er den "Beschäftigtenlehrgang II" an der Fachhochschule für Beamte in Hof absolviert. Qualifiziert ist in jedem Fall ein/e Beamter/in der 3. Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung.

Die Funktion des Chefs der Verwaltung inklusive Personalverantwortung macht nach einer Faustregel rund 40 Prozent der Arbeitszeit aus, kann also auch vom Kämmerer, der Hauptamtsleiterin oder einer anderen Abteilungsleiterin übernommen werden.

Es sollte jemand sein, sagt Dienstrechtsreferent Georg Große Verspohl vom Bayerischen Gemeindetag, "der das Selbstbewusstsein mitbringt, die eigene Position vertreten zu können". Er rät dazu, sich den Nachwuchs "im eigenen Haus heranzuziehen". Andernfalls sollten "frühzeitig Beamte anderer Körperschaften beobachtet und angesprochen werden".

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