Literatur als Brücke

24.8.2010, 09:05 Uhr
Literatur als Brücke

© Güldner

Dabei dominiert die kleine Form, das Gedicht, der Aphorismus, die Reflexion, die Erzählung. Die Lebensläufe der beiden Autoren könnten verschiedener nicht sein. Hier der 72-jährige Chemnitzer, der in Frankfurt/Oder in der Kulturarbeit engagiert war. Dort die ehemalige Zahnarzthelferin, die ihren Beruf aufgeben musste und nun sich ganz dem Schreiben widmen kann. Hier der Rentner, der erst seit seinem Ruhestand die Zeit gefunden hat, seiner Wahlheimat Höchstadt/Aisch literarisch nachzuspüren. Dort die 27-jährige Nachwuchsautorin aus Bielefeld, die in dem kleinen Ort Stukenbrock in Nordrhein-Westfalen ihren Lebensmittelpunkt hat.

Während Dieter Gropp sich als "Hobbylyriker" verstanden wissen will und historische Begebenheiten und Motive zum Thema hat, ist die Literatur für Tatjana Czerner zum Beruf und zur Berufung geworden. Sie bewegen eher Alltagsthemen, eigene Beobachtungen, die sie pointiert zu Papier bringt. "Es ist äußerst anregend, sich über Bücher und das Schreiben auszutauschen, gerade wenn man verschiedenen Generationen angehört", meint Gropp, der nach vielen Jahren auch wieder die Gitarre im Gepäck hatte, um beispielsweise den "Höchstädter Karpfenmarsch" zu intonieren. In seinen Werken entpuppt sich Dieter Gropp als feiner Beobachter, der detailreich und mit großer Bildkraft schreibt. Eindringlich spricht er von Dingen, die den Einheimischen so selbstverständlich geworden sind, dass sie erst ein vor fünf Jahren zugereister Neubürger wieder ins Blickfeld rücken kann.

Ideal der Einfachheit

Für Tatjana Czerner gibt es neben ihrem Mentor Dieter Gropp das große Vorbild Siegfried Lenz, dem sie mit einfacher, schnörkelloser Sprache nahe zu kommen sucht. Ihre sehr dialogreiche Erzählweise nutzt zugleich den Dialekt, um dem Text mehr Authentizität zu verleihen. Leider fehlt es ihr noch an stilistischer Brillanz, die ihr Ideal auszeichnet, und die Geschichten aus dem Alltag wirken noch seltsam hölzern. Doch hin und wieder blitzt es in der Lesung Tatjana Czerners auf, lassen kurze Gedanken aufhorchen, vernimmt man etwas Ungewöhnliches. Das sind die starken Momente, in denen ihre Worte intensiv werden, sich verselbstständigen, in denen die Poesie leise Triumphe feiert. Nach ersten Gehversuchen in Kurzprosa plant Tatjana Czerner bereits ihren ersten Roman. "Da musst du dir aber viel Zeit lassen", ermahnt und ermuntert Dieter Gropp zugleich. Wir werden wohl von beiden noch hören.