Zum 90. Geburtstag

Maria Wagner: Ein Leben für die Forchheimer Kommunalpolitik

30.11.2021, 14:38 Uhr
2006 gab die Stadt im Großen Rathaussaal einen Empfang zu Maria Wagners 75. Geburtstag. 

© Archivbild: Ralf Rödel 2006 gab die Stadt im Großen Rathaussaal einen Empfang zu Maria Wagners 75. Geburtstag. 

Wer zwischen 1996 und 2008 in der Innenstadt unterwegs ist, für den ist die stets bestens gelaunte ältere Dame auf ihrem Fahrrad ein vertrauter Anblick: Im Korb hinter sich hat Maria Wagner immer irgendwelche Geschenke, die sie als Forchheims Dritte Bürgermeisterin zu runden Geburtstagen, Ehe- und Dienstjubiläen an den Mann und die Frau bringt. Sie ist das freundliche Gesicht der Stadt.

Sie ist aber auch die damals nach Oberbürgermeister Franz Stumpf mit Abstand beliebteste Politikerin. Das liegt an ihrem jahrzehntelangen Einsatz für all die Menschen, die keineswegs auf der Sonnenseite des Lebens geboren wurden: Alleinerziehende Mütter, straffällig gewordene Jugendliche, Obdachlose, Menschen mit Handicap, Alkoholiker, psychisch Kranke... Wobei sie stets im Hintergrund gewirkt hat. „Mir ging es nur darum, anderen Menschen in aussichtsloser Lage zu helfen.“

Junge Jahre in Akkordarbeit

Das Wissen darum, dass es auch Menschen in Elend und Armut gibt, kennt Wagner aus eigener Anschauung. Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ist, ist sie gerade mit der Volksschule fertig. Ihr Vater, der als Schmied und Schlosser im Stadtbauamt angestellt ist, stirbt früh. Da muss die junge Frau Geld verdienen. Sie findet eine anstrengende Arbeit in der Weberei. In Wechselschichten schuftet sie zwischen 1947 und 1963 im Akkord – wie die Männer neben ihr.

"Mir ging es nur darum, anderen Menschen in aussichtsloser Lage zu helfen": Maria Wagner hat ihren 90. Geburtstag gefeiert.

"Mir ging es nur darum, anderen Menschen in aussichtsloser Lage zu helfen": Maria Wagner hat ihren 90. Geburtstag gefeiert. © Udo Güldner

In ihrer Freizeit engagiert sie sich früh für ihre rund 2300 Kollegen, wird für acht Jahre Betriebsrätin, um die Bedingungen zu verbessern. Sie habe nicht nur Zuhörerin sein wollen, erzählt Wagner. Seither hat sie auch erstklassige Kontakte in die Sozialdemokratie.

Maria Wagner, deren Vorfahren schon seit über 200 Jahren in Forchheim nachweisbar sind, und die doch zufällig in Hausen zur Welt kommt, ist tief im katholischen Glauben verwurzelt. Viele Jahrzehnte ist sie ehrenamtliche Dekanatsvorsitzende, Kirchen- und Pfarrgemeinderätin von St. Martin, Mitglied der CSU, der Kolpingfamilie und der Katholischen Arbeitnehmerbewegung.

Als sie 1963 vom CSU-Mann Andreas Schlöter erstmals angesprochen wird, ob sie nicht für den Stadtrat kandidieren wolle, da winkt sie dennoch ab. Erst einmal gilt es, sich beruflich weiterzubilden. Es gelingt ihr sogar, über Abendkurse die Mittlere Reife nachzuholen. Das ermöglicht ein Studium der Sozialen Arbeit an der Katholischen Hochschule München.

Nach Praktika bei der Stadt Nürnberg kommt sie 1966 ans Staatliche Gesundheitsamt Forchheim. Als sie 1994 als Sozialamtsrätin in den Ruhestand geht, da hat sie es mit Hilfe einer mehrjährigen Zusatzausbildung an der Bayerischen Verwaltungsschule in München sogar in den gehobenen Beamtendienst geschafft.

Ab 1972 im Stadtrat

Erst 1972 wagt sie sich auf die CSU-Liste und wird prompt in den Stadtrat gewählt. Sie wird im Haupt- und Personalausschuss, im Krankenhaus- und im Stadtwerke-Ausschuss eine der angesehensten Lokalpolitikerinnen. 1978 folgt der Sprung in den Kreistag, wo ihre Expertise besonders im Sozial- und im Jugendhilfeausschuss geschätzt wird. All das sei ihrer Überzeugung nach nur mit Gottes Hilfe und der Unterstützung ihrer ganzen Familie sowie einem großen Netzwerk aus Unterstützern möglich gewesen.

Bei Maria Wagner weiß man immer, woran man ist. Sie sagt, was sie denkt, auch wenn das mitunter manchem wehtut. So wie im Kommunal-Wahlkampf 1990 – als sie einen Tag vor der Stichwahl den unabhängigen Kandidaten Stumpf gegen den CSU-Bewerber Eduard Nöth unterstützt. Gemeinsam mit Fritz Igel, Franz Streit und Michael Scherer lanciert sie gar eine Anzeige im NN-Lokalteil, um „Farbe zu bekennen“. Das kostet sie schließlich ihr Amt als Vize-Fraktionsvorsitzende. Mehr aber auch nicht.

Als sie 2008 alle kommunalpolitischen Ämter abgibt, wird es still um Wagner. Nur einmal, als sie zwei Jahre später den Ehrenring erhält, die zweithöchste Auszeichnung der Stadt, taucht sie wieder in der Öffentlichkeit auf. Sie bleibt ihrer Linie treu, anderen stets im Stillen zu helfen. Bis heute erreichen sie Hilferufe von Verzweifelten, denen sie mit Rat und Tat und Dank ihrer vielen Freunde und Verbündeten zur Seite steht.

Jemand hat Maria Wagner einmal als „das soziale Gewissen“ Forchheims bezeichnet. Er hat nicht übertrieben. „Die Not hat viele Gesichter. Ich habe immer für die Menschen gekämpft, deren Stimme sonst nicht gehört worden wäre.“

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