Mehr als das Annafest: Ein ABC an Ideen für Forchheims Kellerwald

4.11.2020, 20:11 Uhr
Mehr als das Annafest: Ein ABC an Ideen für Forchheims Kellerwald

Annafest ist an elf Tagen im Jahr, der Kellerwald hingegen an 365 Tagen "geöffnet". Die Themen, die Schönfelder unter der Überschrift "Kellerwald 2030" zusammenfasst, drehen sich deshalb hauptsächlich um die Bierkeller. "Das Annafest funktioniert ja schon recht gut", sagt Schönfelder.

Bäume zeichnen den Kellerberg aus. Er ist Teil eines Landschaftsschutzgebietes. "Das ist ein Alleinstellungsmerkmal und der Baumbestand ist maßgebend für die Attraktivität", sagt Landschaftsarchitektin und Stadtplanerin Astrid Hahn. Sie begleitet mit ihrem Büro "Projekt 4" die Stadt auf den Weg zum Kellerwald 2030. Soll der ursprüngliche Charme oder stärker der Eventcharakter betont werden? Das müssen die Stadt und Stadträte in den nächsten Monaten entscheiden.

Corporate Identity heißt das Zauberwort – ein Erscheinungsbild aus einem Guss. Das ist das Ziel der Maßnahmen, betont (Kellerwald)-Bürgermeister Udo Schönfelder.

Denkanstöße zum neuen Erscheinungsbild will sich Schönfelder von den Bürgern, aber auch von Stadträten holen. Schönfelder sei dabei auch im engen Austausch mit Alt-Bürger- und Kellerwaldbürgermeister Franz Streit.

Von Barrierefreiheit und Geländern

Einfach ist das Thema Barrierefreiheit nicht. Dafür ist das Gelände zu bergig. Vorgeschlagen sind barrierefreie Toiletten und sanierte Wege.

Förderungen für Umbauten und Neugestaltungen könnten die Pächter von Seiten der Stadt oder auch von anderen staatlichen Stellen erhalten. Auch dazu will sich Forchheim Gedanken machen.

Mehr als das Annafest: Ein ABC an Ideen für Forchheims Kellerwald

© Archivfoto: Berny Meyer

Geländer braucht es neue, weil das das Gesetz vorschreibt. Schnellstmöglich müsse dies geklärt werden. Im November soll sich der Stadtrat im Planungsausschuss damit beschäftigen. Gemeinsamgestalten, das betont Schönfelder, will er das Konzept. Es werde sich über die Monate und Jahre ständig ändern. Damit passe es sich jederzeit neuen Ideen an und bleibt deshalb nicht statisch. "Das Konzept wird gelebt."

Handlungsbedarf sehen die Stadträte in vielen Punkten. Zeigten sich bei der Diskussion aber froh darum, "dass sich endlich was bewegt. Seit Jahren sprechen wir darüber, es hat sich aber nicht viel getan", sagt Stadtrat Manfred Mauser (CSU).

Immaterielles Weltkulturerbe, also ein Erbe der Menschheit, das sich im Vergleich zu herausragenden Bauten nicht fassen lässt, ist zum Beispiel die Fürther Michaeliskirchweih. Sie steht stellvertretend für Stadtkirchweihen in Franken. Die FDP wünscht sich den Titel auch für das Annafest.

Jahreszeitenunabhängig könnte der Kellerwald belebt werden. Dieses Jahr im Sommer hat Manfred Mauser daher vorgeschlagen, künftig an Adventswochenenden auf den Kellern zu einer Kellerwald-Weihnacht einzuladen. Auch die Pächter auf den Kellern sollen im Winter ein Geschäft machen können, so die Idee. Die Stadt ist dem gegenüber offen und will das fürs nächste Jahr prüfen.

Zentrale Plattform für Müll?

Kellerwald oder Kellerberg? Für Schönfelder ist es der Berg, der mit den Bierkellern gemeint ist. Mit dem Wald sei der umliegende und weitaus größere Naturraum gemeint. Dass die Kosten für die Pächter ein wesentlicher Punkt sind, weshalb notwendige Maßnahmen verschoben oder nur provisorisch angegangen werden, erkennt Planerin Hahn an. "Es wird nur das Nötigste gemacht, was man sich halt leisten kann."

Leuchttürme strahlen weit über ihren Ort hinaus. Das soll bestenfalls auch der Kellerwald, sagt CSU-Fraktionsvorsitzender Josua Flierl. "Wir wollen einen blühenden Kellerwald, den wir mit einer gastronomischen Nutzung mit hoher Qualität über die Grenzen hinaus bekannt machen."

Müll ist ein großes Thema. Soll jeder Wirt selbst dafür verantwortlich sein oder es eine zentrale Plattform für die Oberen und Unteren Keller geben, damit der Müll optisch versteckt werden kann? Nicht jeder Wirt hätte genug Platz, um seinen Müll zu lagern. Die Folge: Geruchsbelästigung, Ungeziefer.

Nacherla sagt der Franke, wenn im Krug noch ein letzter Schluck Bier übrig ist. Hat mit dem Kellerwald-Konzept 2030 nur bedingt zu tun, doch zum Buchstaben "N" wollte uns partout nichts Passenderes einfallen. Ein Text-Nacherla haben wir noch für Sie, bei Buchstabe O geht das ABC weiter.

Mehr als das Annafest: Ein ABC an Ideen für Forchheims Kellerwald

© Archivfoto: Berny Meyer

Offene Keller sind für Stadtrat Frank Streit (CSU) wichtig. Mit verlässlichen Öffnungszeiten ließe sich die Attraktivität kurzfristig steigern. Die Keller könnten auf einer Tafel - die an Eingangsbereichen zum Kellerberg steht - mit einer digitalen Anzeige oder einer App gelistet sein. Ideen, die auch schon Schönfelder im Sinn hatte. "Möglichst jeden Tag sollte ein Oberer wie Unterer Keller offen haben", so der Bürgermeister. "Es ist ein Super-GAU, wenn ein Besucher hochfährt und kein Keller offen ist."

Mehr Parkplätze versus Baumbestand

Parkplätze sind das drängendste und von den Kellerwirten als "drastisch" bezeichnete Thema, sagt Schönfelder. Betroffen davon seien hauptsächlich die Oberen Keller, das sei dort das "Problem Nummer 1". Um es zu lösen, gibt es verschiedene Denkmodelle. Unter anderem: Einen großen Parkplatz oder verschiedene kleinere Standorte zu schaffen, wobei die Eingriffe in den Wald möglichst gering gehalten werden sollen. "Umwelt- und umfeldverträglich", soll es nach der Meinung von Schönfelder sein.

Reinhold Otzelberger (CSU) warnt davor, "einen falschen Eindruck zu erwecken, dass unser Kellerwald an Parkplätzen genesen kann". "Meine Beobachtungen der letzten Jahrzehnte zeigen mir, dass wenn ein oder mehrere Keller nicht richtig funktionieren, es nichts mit dem Parken, sondern mit dem Konzept, der Qualität der Keller und Pächter zu tun hat." Der Kellerwald stehe mit seinen vorhandenen Parkflächen gut da, "man muss ja nicht immer direkt vor die Haustüre fahren". Otzelberger spricht sich dagegen aus, "Schneisen in den Wald hineinzuschlagen für Parkplätze". Dafür erhielt er Zuspruch aus dem Stadtrat. Ludwig Preusch (FW) brachte seine Sorge zum Ausdruck, was mit den Bäumen passiere, die in der Nähe der Parkplätze stehen. "Kann die Baumfallgrenze eingehalten werden?"

In Richtung Blümleinskeller könnten Plätze entstehen, so Schönfelder. Zwischen dem Schützen- und Nederkeller sei eine Durchfahrt denkbar, um dahinter noch weitere Stellplätze für die Zeit außerhalb des Annafestes zu nutzen. Dort, wo bereits Parkplätze bestehen, habe der Förster den Baumbestand geprüft. Fazit: "Die Bäume in der Umgebung gelten nicht als besonders erhaltenswert", sagt Schönfelder. Till Zimmer, Oberrechtsrat der Stadt, versichert, die Bäume "sehr intensiv zu prüfen", um "Leib und Leben" der Besucher zu schützen. Das gelte nicht nur im Bereich der Sitz-, sondern auch der Parkplätze.

Qualität bei der Beleuchtung: Girlanden zwischen Bäumen

Qualität ist auch bei der Beleuchtung des Geländes gewünscht. "Die Girlande zwischen den Bäumen ist zwar atmosphärisch schön, aber vom Sicherheitsaspekt her gesehen schwierig, weil die Beleuchtung für Wege und Pfade nicht ausreicht", so Hahn. Schönfelder kann sich auch Illuminationen vorstellen, also bewusst mit Licht in Szene gesetzte Stellen.

Rettungswege fehlen teilweise und können während des Annafestes nicht immer frei gehalten werden. Hier "besteht Handlungsbedarf", sagt die Planerin. Für Ludwig Preusch (FW) ist es ein "katastrophaler Zustand", dass die Sanitäter in einem Zelt untergebracht sind. "Wenn es regnet, schwemmt es das Wasser durch das Zelt, die Einsatzkräfte stampfen im Schlamm." Die vom Förster ausgelegten Holzhackschnitzel helfen nur bedingt. Hahn schlägt für Festleitung und Sanitäter ein festes Gebäude vor.

Sitzplätze, Speiseangebot, Sandsteinmauern

Sitzplätze, Speiseangebote, Sandsteinmauern: Alles soll attraktiver werden. Die Bürger wünschen sich, dass es jeden Tag ein gastronomisches Angebot gibt und die Wirte ihre Speisekarte bunter gestalten. Gemütlichkeit strahlen bisher die grünen, schmalen Biertische und Bänke aus. Weil die aber fest mit Holz im Boden verankert sind, sind sie nicht nur der Witterung ausgesetzt, sondern lassen sich nicht umstellen. Bestenfalls soll es eine einheitliche Garnitur geben, die sich abbauen lässt, sich aber am bisherigen charakteristischen grünen Modell orientiere. Dafür bräuchte es wiederum einen Lagerplatz.

Sitzplätze könnten verloren gehen, wenn die neuen Geländer kommen. Und weil die Geländer zusammen mit den Mauern das erste seien, was Besuchern gleich ins Auge fällt, sei das ein gestalterisch wichtiger Punkt, so Hahn.Dazu gehören auch die historischen Sandsteintreppen. "Sie sind optisch attraktiv, aber viele in einem sehr schlechten Zustand. Da besteht dringend Handlungsbedarf." Auch bei den Kellern. Es gebe Mauern, die zwangsläufig saniert worden sind, das aber nicht fachgerecht.

Toilettenanlagen (öffentliche) seien gut erreichbar, sagt Stadtplanerin Hahn, aber nur während des Annafestes. Viele private WC-Anlagen seien sehr schlecht erreichbar und "weit von Barrierefreiheit entfernt und vom Zustand problematisch zu sehen". Die Treppen, die zu den Toilettenanlagen führen, sind teils schadhaft. Und es gebe generell zu wenige Klos.

Wer ist für den Unterhalt zuständig?

Unter Dächern lässt es sich auch bei schlechtem Wetter auf den Kellern verweilen. "Überdachungen sind fest und lose, insgesamt sehr unterschiedlich ausgeführt", sagt Hahn. Teilweise werden sie mit Folien an den Seiten ergänzt. "Gestalterisch ist das wenig einladend."

Deshalb braucht es Lösungen. Problematisch sei auch, dass flexible Überdachungen, die nach dem Annafest wieder abgebaut werden müssten, einfach stehen bleiben. Die Stadt müsse deshalb klären, wer für den Unterhalt zuständig ist. Dass die (rechtlichen) Eigentumsverhältnisse und Zuständigkeiten seit Jahrzehnten ungeklärt sind, verhindere, Schritte nach vorne zu gehen, war sich der Stadtrat einig. Schönfelder will das Thema ein für alle Mal von der Stadtverwaltung klären lassen.

Verkehr und Weltkulturerbe

Verkehrserschließung – dieses Stichwort sei ein bedeutender Punkt sagt Schönfelder: "Wie kommen Besucher zum Kellerwald und von dort auf die Keller?" Bürger haben einen Sessellift für Senioren vorgeschlagen, um von den Unteren zu den Oberen Kellern zu gelangen. Schönfelder brachte eine Bimmelbahn ins Gespräch, die auf dem Gelände regelmäßig verkehrt. Der Verkehr auf den Fußwegen stelle eine Gefahr gerade für Senioren dar. Eine Schranke oder ein Shuttle-Service könnte den Such-Park-Verkehr vom Gelände fernhalten. Verstöße gegen die Bauordnung – ein ständig wiederkehrendes Thema – sollten von der Stadt sanktioniert werden, schlägt Planerin Hahn vor. Und: einen besseren ÖPNV-Anschluss oder Ladestationen fürs E-Bike.

Weltkulturerbe. Diesen Titel sollte die Stadt für den Kellerwald beantragen, schlägt die FDP vor. "Viele von uns sehen im Kellerwald ja den heimlichen Favoriten in der Stadt", begründet FDP-Vertreter Tino Reichardt. Der Titel Weltkulturerbe für den Kellerwald könnte den immateriellen Weltkultur-Titel (für das Annafest an sich, siehe Buchstabe I) ergänzen, so die Idee.

Für die Youngsters und die Zukunft

x-mal war der Kellerberg in den vergangenen Jahren Stadtthema. Bürgermeister Udo Schönfelder hat mit der Leitbildentwicklung einen Prozess für einen verbesserten Kellerwald angestoßen, für den Stadträte unterschiedlicher Couleur zusammenarbeiten. Auftakt war eine Begehung des Kellerberges im Sommer dieses Jahres. Atila Karabag (SPD) hat vorgeschlagen, sich über die Ideen, die bei der Begehung entstanden sind, in einem Workshop auszutauschen. Karabag: "Es steckt viel Potenzial auch für Kultur und Veranstaltungen außerhalb der Annafestzeit drin." Schönfelder reagierte auf die Workshop-Idee mit einer spontanen Zusage: "Das will ich nächstes Jahr angehen."

Youngsters, also die ganz junge Generation, sollen sich auf modernen, gepflegten Spielplätzen tummeln.

Zukünftig sollen alle Ideen in einem neuen Konzept zusammengetragen und in das Leitbild einfließen. Bürgermeister Schönfelder spricht bei dem Vorhaben von einer "Evolution statt Revolution". Was er damit meint? Es blieben gutlaufende Dinge beibehalten, Neues werde angestoßen, "was sich notwendigerweise ändern muss". Nicht erst 2030, sondern bis 2030. Spätestens dann soll der Kellerberg als Ganzes auf einen zukunftsfähigen Stand gebracht und als Marke erkennbar sein. Z wie Zukunftsmusik!

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