Muss das Schäuferla in der Fränkischen Schweiz wegen Corona teurer werden?

6.5.2020, 16:00 Uhr
Muss das Schäuferla in der Fränkischen Schweiz wegen Corona teurer werden?

© Beke Maisch

Heute Abend treffen wir uns in der Kneipe auf ein Bier. Morgen Nachmittag trinken wir einen Cappuccino im Café nebenan und am Samstag, bei schönem Wetter, geht’s auf die Keller, da kann es schon mal lustiger werden. Am Sonntag suchen wir uns dann ein schönes Gasthaus auf dem Land, wo wir günstig unseren Braten essen können. Ach ja – leider sind das alles Hirngespinste, denn wir haben ja Corona. In Bayern soll es nun ab 18. Mai wieder losgehen mit dem Kellerbesuch, am 25. Mai dann mit den Restaurants von innen. Aber: Wer ist dann, wenn es wieder los geht, noch da?

Oberster Gastwirt im Landkreis ist Georg Hötzelein, Inhaber des gleichnamigen Berggasthofes in Regensberg und Kreisvorsitzender des Branchenverbandes Dehoga. Hötzelein hofft, dass es bei den gestern verkündeten Öffnungsszenarien bleibt. Das sind noch fast zwei Wochen, sechs Wochen Betriebssperre liegen schon hinter uns. Sechs Wochen Essen to- go oder Lieferservice, bestenfalls. Besser zwar als nichts: "Auf Dauer leben kann man aber davon natürlich nicht", sagt Georg Hötzelein. Geschweige denn das Personal auf Dauer ordentlich bezahlen.

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Vor zwei Jahren, so die Zahlen des Landesamtes für Statistik, arbeiteten in Bayern rund eine halbe Million Menschen im Gastgewerbe. 95 Prozent der bayerischen Beschäftigten im Gastgewerbe sind aktuell in Kurzarbeit. Auch die acht Angestellten von Hötzelein. Das Thema "ordentliche Bezahlung in der Gastronomie" ist natürlich sehr heikel, gerade in Franken, gerade in der Fränkischen Schweiz mit ihren vielen kleinen Betrieben. Hötzelein: "Der Wirt stellt seine Frau an, dazu zwei bis drei weitere Kräfte, alle auf 450-Euro-Basis."

Aktuell verdient der Wirt nichts (er bekommt als Selbstständiger natürlich keine Lohnfortzahlung), die geringfügig Beschäftigten können nicht einmal in Kurzarbeit gehen: "Die fallen durchs Raster." Sie suchen sich, wenn sie können und wenn sie auf den Zuverdienst angewiesen sind, einen anderen Job. Natürlich fehlen sie dann, wenn der Wirt seine Türe wieder aufsperren darf.

Keine großen Rücklagen

"Der Schaden ist groß", sagt Georg Hötzelein, wenn er auf seine Branche schaut, speziell in unserem Landstrich: "Keiner hat große Rücklagen." Und selbst wer einigermaßen durch die Krise kommt, werde am Ende des Jahres feststellen: "Es fehlen 30 Prozent des Jahresumsatzes." Denn es fehlen die Einnahmen aus "den drei stärksten Monaten". Hötzelein: "Das können Sie nicht aufholen." Die Dehoga rechnet mit einem Drittel der Betriebe, die für immer zusperren werden.

Michael Grundl, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten Oberfranken, spricht von einer "Erschütterung auf dem heimischen Arbeitsmarkt". Besonders betroffen sei dabei das Gastgewerbe. Für die Beschäftigten komme die beschlossene Erhöhung des Kurzarbeitergeldes zu spät. Das Lohnausfallgeld steigt nämlich erst nach sieben Monaten Kurzarbeit auf 80 Prozent (Eltern: 87 Prozent) des Netto-Einkommens. Für Köchinnen, Kellner und Hotelangestellte sei das eine enorme Durststrecke. "Vielen wird nur der Gang zum Sozialamt oder zum Job-Center bleiben", warnt Grundl.

Der Gewerkschafter macht auch den Branchenverband Dehoga mitverantwortlich für diese schwierige Lage der Gastro-Beschäftigten. Die Unternehmen weigerten sich "bis heute, das Kurzarbeitergeld per Tarifvertrag aufzustocken".

Bei aller Problematik: Welche Chancen bietet die Krise der Gastronomie? Georg Hötzelein muss bei der Beantwortung dieser Frage nicht lange nachdenken: "Die Chance liegt darin", sagt er, "dass wir ehrlicher miteinander sind". Der Gast mit der Wirtin, der Wirt mit dem Personal und jeweils umgekehrt. "Es hat keinen Sinn", so Hötzelein, "uns selbst und unser Personal weiter auszubeuten".

Der "Trend der vergangenen Jahre", dass "die Wertigkeit der lokalen Gastronomie erkannt" werde, müsse sich fortsetzen: "Wir müssen uns alle fragen: Was ist es uns wert?" Hötzelein spricht es ungern direkt aus, aber er meint: Die gastronomische Dienstleistung, gerade in der kleinteiligen Fränkischen Schweiz, verkauft sich seit vielen Jahren unter Wert und müsste jetzt die Chance ergreifen, die Preise anzuheben. Hötzelein: "Das Sich-klein-Machen, das Sich-unter-Wert-verkaufen liegt halt in unserer fränkischen Mentalität."

Hötzelein teilt aber auch einen Seitenhieb aus auf manche (groß-)städtischen Gäste und ihre Erwartungshaltung, wenn sie mit ihren großen Fahrzeugen im Frühjahr in die Fränkische ausschwärmen. Kostet das Schnitzel dann einen Euro mehr, ist das Seidla 50 Cent teurer, heißt es: "Seid ihr schon wieder mit den Preisen rauf gegangen? Könnt ihr uns dafür nicht wenigstens einen Benzingutschein geben?"

Der Neustart wird also gestaffelt: 18. Mai, 25. Mai und die Hotellerie ab dem Pfingstwochenende am 30. Mai. Der Forchheimer Landtagsabgeordnete und Stadtrat Sebastian Körber (FDP) hätte schon am 4. Mai wieder aufsperren lassen, teilt er mit, unter Auflagen zwar, aber dennoch: "Ich bin davon überzeugt, dass Wirtshäuser, Restaurants und Cafés unter Einhaltung strenger Abstands- und Hygienevorschriften wie räumlicher Abstand zwischen Gästen, Schutz der Mitarbeiter, Desinfektionsvorschriften und maximalen Besuchergrenzen zum 4. Mai wieder hätten öffnen können."

Die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent fürs stationäre Gastgewerbe möchte Körber für unbestimmte Zeit eingeführt wissen, über das bisherige Datum 30. Juni 2021 hinaus. Das liegt ganz im Sinne Georg Hötzeleins, der meint: "Der Staat sollte uns Wirte nicht als Steuereintreiber missbrauchen."

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