Nach Baumfäll-Aktion: Stadt greift in der Käsröthe durch

18.2.2020, 18:00 Uhr
Nach Baumfäll-Aktion: Stadt greift in der Käsröthe durch

© Foto: Ulrich Graser

"Die Gewog hat mir die Lebensqualität genommen. Ich bin höllisch enttäuscht und traurig", sagt Judith Effenberg. Standen bis vor wenigen Tagen noch hohe Bäume vor ihren Wohnungsfenstern, schaut Effenberg jetzt auf triste Hausfassaden. Die Wohnungsbaugesellschaft hatte von jetzt auf gleich unzählige Bäume ohne Genehmigung fällen lassen (wir berichten fortlaufend).

Zusammen mit unzähligen Nachbarn ist Effenberg beim Ortstermin des Bauausschusses des Stadtrats in der Käsröthe und auch in der anschließenden Sitzung. Die Stühle im Sitzungszimmer reichen an diesem Nachmittag bei Weitem nicht aus, bis auf den Gang reihen sich die Anwohner, als das Bauvorhaben der Gewog auf der Tagesordnung steht und vor allem die gefällten Bäume zur Sprache kommen.

Bauordnungsamtsleiter Stefan Schelter lässt sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen, doch als er erzählt, dass die beiden geplanten Neubauten der Gewog sich in ein südliches Wohnhaus (mit sieben Wohneinheiten) und ein Haus nördlich davon (acht Wohneinheiten) mit vier Vollgeschossen und dazwischen einer Tiefgarage aufgliedern, und "die Bäume dort durchaus nicht hätten gefällt werden müssen", da schwillt dem Bauordnungsamtsleiter der Kamm. "Das ärgert mich sehr", sagt Schelter, "mit keinem von uns wurde das abgesprochen". Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) spricht von einem "erschütternden Ergebnis" und "vorsichtig ausgedrückt, von einem extrem ärgerlichem Vorgehen". Und das Stadtoberhaupt macht auch klar: "Irgendwo eine Ersatzpflanzung geht nicht."

Für Manfred Mauser (FBF) ist die Abholzaktion "der Hammer". Außerdem spricht sich Mauser dagegen aus, dass die Neubauten vier Etagen haben sollen. "Vier Vollgeschosse geht gar nicht", schimpft auch Edith Fießer (FGL), dem schließt sich Holger Lehnard (CSU) an, der drei Geschosse plus Dachgeschoss (3+D) fordert.

Erwin Held (FW) fordert, "ein Zeichen zu setzen, dass sowas nicht mehr passiert" und verlangt, "20 Prozent mehr Bäume zu pflanzen".

15 Bäume fielen in der Käsröthe der Säge zum Opfer. "15 großkronige Bäume mit einem Stammumfang von 25 Zentimetern und einer Höhe von vier bis fünf Metern", fordert Stefan Schelter dort als Ersatzpflanzung ein.

Die "massivere Empfehlung" des Bauordnungsamtsleiters sieht dabei auch vor, "Bäume erster Ordnung" zu pflanzen. Das sind Bäume wie Ahorn und Esche etwa, die höher als 20 Meter wachsen. "Wir sollten mehr Ansprüche stellen und mehr Bäume vorschreiben", meint auch Ute Samel (SPD), der "Verantwortliche muss Konsequenzen spüren", die Baumfäll-Aktion sei ein "absolutes No-Go". "Das muss weh tun", fordert auch Heike Schade (FGL). Denn bis die neu gepflanzten Bäume wieder so hoch sind, wie die gefällten Bäume waren, "das erleben die Menschen dort gar nicht mehr".

Thomas Werner (CSU) indes blickt auf die zwei geplanten Wohnhäuser mit insgesamt 15 Wohneinheiten und zitiert Maria Wagner. "Enge macht bissig", habe die ehemalige Bürgermeisterin gesagt, so Werner, der fragt, ob man nicht auf das zweite Gebäude verzichten könne und stattdessen ein Gebäude größer gestalten könne? Dann gäbe es auch eine größere Grünfläche für die Anwohner. Schließlich sei "die Verdichtung mit dem geplanten Philosophenviertel schon sehr stark". Sebastian Platzek (FDP) findet Thomas Werners Idee "sympathisch". Edith Fießers Beharren auf einer Tiefgarage ("ich will kein Parken unter Bäumen") kann Platzek nicht mittragen: "Die Tiefgarage haut die Mieten nach oben."

Nach einstündiger Diskussion einigen sich die Stadträte darauf, den Tagesordnungspunkt "Neubau Käsröthe" zurückzustellen. Der "Arbeitsauftrag" an die Gewog lautet nun, in der Käsröthe ein Gebäude 3+D (drei Vollgeschosse plus Dach) zu beplanen und 20 Prozent mehr Bäume  erster Ordnung zu pflanzen.

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