Neue regionale Daten mit drei Szenarien

Nach Hochwasser im Landkreis Forchheim: Wird die Klimakrise für noch mehr Starkregen sorgen?

13.7.2021, 13:00 Uhr
Auch in Willersdorf standen am Wochenende Straßen unter Wasser.

© Mathias Erlwein Auch in Willersdorf standen am Wochenende Straßen unter Wasser.

Stromausfälle, gesperrte Straßen und vollgelaufene Keller: Auch heute berichten wir, wie das Jahrhunderthochwasser entlang der Aisch den Landkreis Forchheim hart getroffen hat. Grund dafür waren Starkregenereignisse am Oberlauf des Flusses. In Bad Windsheim hatte das Bayerischen Landesamt für Umwelt am Donnerstag 52,7 Millimeter an Niederschlägen gemessen, gefolgt von 22,4 Millimetern am Freitag.

Für Sebastian Maier, der im Landratsamt für die Klimaanpassung zuständig ist, steht fest: "Es gibt die Tendenz, dass die Starkregenereignisse mehr werden." Charakteristisch sei, dass diese überall und vor allem kleinräumig auftreten können: Während das Aischtal geflutet wurde, seien die Abflussmengen im östlichen Landkreis ganz normal gewesen.

Die Zunahme von Starkregen macht er an der sogenannten Erosivität fest, also der Energie, mit der Regen auf Oberflächen auftritt. Diese habe sich seit dem Jahr 1970 bayernweit fast verdoppelt. Der Klimaexperte hält es deshalb für "eine sehr dringende Maßnahme", die Landschaft so zu gestalten, dass sie "möglichst viel Wasser aufnehmen kann."

Ein "Klimaausblick" für Forchheim

Neue Daten des Climate Service Center Germany (GERICS) für den Landkreis Forchheim zeigen ebenfalls, dass solche extremen Wetterereignisse wegen der Klimakrise zukünftig häufiger auftreten könnten. Die zum Helmholtz-Zentrum Hereon gehörende Einrichtung hat 401 regionale Klimaausblicke veröffentlicht – für alle Landkreise und kreisfreien Städte.

Dazu hat GERICS drei verschiedene Szenarien berechnet: Eines mit einem kontinuierlichen Anstieg der Treibhausgasemissionen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts (RCP 8.5), eines mit einer Stabilisierung der Emissionen um 2050 und anschließendem Absinken (RCP 4.5) – und ein sogenanntes "Klimaschutz-Szenario" (RCP 2.6). Letzteres setzt auf "sehr ambitionierte" Maßnahmen und sogar "negative Emissionen", das heißt die Netto-Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre.

Eine optimistische, eine realistische und eine pessimistische Variante? "Modelle unterschätzen die Klimaänderung tendenziell", sagt Maier. "Aktuell bewegen wir uns am oberen Rand des RCP 8.5", zum Beispiel was die Zahl der Hitzetage angeht. Trotzdem attestiert er GERICS, mit dem Forchheimer Klimaausblick eine "sehr akribische und vollständige Arbeit" geleistet zu haben.

17 Indikatoren, 85 Simulationen

Insgesamt 17 Indikatoren haben die Wissenschaftler in 85 Klimamodellsimulationen ausgewertet, und daraus Durchschnittswerte für 30-Jahres-Zeiträume gebildet. Die Referenzperiode ist 1971 bis 2000.

Blicken wir also 50 bis 80 Jahre in die Zukunft, genauer gesagt in die Jahrzehnte 2069 bis 2098. Würde der Menschheit in Sachen Klimaschutz noch der große Wurf gelingen (RCP 2.6), könnte das Temperaturplus im Landkreis auf 1,2 Grad begrenzt werden. Die "heißen Tage" mit Temperaturen über 30 Grad würden von 4,8 auf 6,7 pro Jahr zunehmen. Tropischen Nächte, in denen es nicht auf unter 20 Grad abkühlt, gäbe es weiterhin kaum. Leicht steigen könnte die Zahl der Starkregentage mit 20 Millimetern Niederschlag oder mehr: Von 4,8 auf 4,9.

Im Falle des Szenarios mit stabilen Emissionen bis 2050 (RCP 4.5) könnte die jährliche Durchschnittstemperatur um 2,2 Grad zunehmen. Heiße Tage gäbe es in Forchheim 8,2, tropische Nächte 1,2. Die Zahl der Starkregentage würde auf 6,3 steigen.

17 Hitzetage pro Jahr?

Alles kein Vergleich zu dem Szenario, das von steigenden Treibhausgasen bis 2100 ausgeht (RCP 8.5). Dann könnte sich die Durchschnittstemperatur im Landkreis um 3,6 Grad erhöhen, inklusive 16,9 Hitzetage sowie 6,2 tropischer Nächte. Auch die Tage mit Starkregen würden in diesem Fall um 2,6 auf 7,4 zunehmen.

Die Temperaturdaten sind in allen drei Szenarien statistisch robust. Anders sieht es zum Teil bei den Starkregen-Tagen und besonders den jährlichen Niederschlags-Summen aus: Hier gibt es zwischen den Simulationen größere Schwankungen.

Maier betont zudem, dass alleine die Jahressumme an Regen nur bedingt etwas über die Folgen etwa für Landwirte aussagt. Entscheidender sei, wann genau es wie viel regne. In der für Pflanzen so wichtigen Vegetationsperiode? Anhand dem Dürremonitor "sieht man schon, dass es trockener wird", wie er sagt – besonders im Frühjahr und Sommer.

Mehr Schattenplätze

Neben der Starkregen-Vorsorge müsse man sich Maier zufolge Gedanken über die zunehmende Zahl an Hitzetagen machen. Es brauche mehr Schattenplätze und "Erfrischungsmöglichkeiten" wie Freibäder.

Er sagt aber auch: "Eine sehr wichtige Maßnahme in der Klimaanpassung ist der Klimaschutz." Erst jetzt, 20 Jahre zu spät, fange man an, "sich ambitionierte Klimaschutzziele zu setzen."

Ob es noch gelingt, das drohende RCP 8.5-Szenario zu verlassen, hängt für ihn davon ab, wie konsequent die Politik handeln wird.

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