„Brauchen kein Mitleid, sondern eine Perspektive“

Nach Hochwasser in Hallerndorf: Bürger stellen Forderungen an Politik

19.7.2021, 09:58 Uhr
In Hallerndorf wurden die Schäden begutachtet, die das Hochwasser hinterlassen hat.

© Sylvia Hubele, NN In Hallerndorf wurden die Schäden begutachtet, die das Hochwasser hinterlassen hat.

Das braune Wasser der Aisch strömt noch breit, es riecht etwas fischig und die Sonne lässt die Wassertropfen in den Wasserpflanzen funkeln.

Die Anwohner rund um die Nepomuk-Brücke kamen aus ihren Häusern, weil Lisa Badum, Bundestagsabgeordnete der Grünen, Thomas von Sarnowski, Landesvorsitzender der Grünen, Raimund Lunz, Hallerndorfer Gemeinderat (Bürgerliste), und Martin Distler, Gemeinderat in Eggolsheim (Grüne), und später Bürgermeister Gerhard Bauer und Gemeinderätin Katharina Rebl (für die Gemeinde) ihnen zuhören wollten.

Die Flutwelle ist hier in voller Höhe durchgerauscht, sagen die Einwohner: „Das Wasser steigt, du pumpst, dann kommen Hackschnitzel im Wasser geschwommen, setzen sich in die Pumpe und dann funktioniert gar nichts mehr“, beschrieb Siegfried Rebl seinen Kampf.

Vom Hochwasser Betroffene: „Wir brauchen kein Mitleid, wir brauchen eine Perspektive!“

„Ab Neustadt werden alle Schleusen geöffnet - und wir saufen ab“, beschrieb Raimund Lunz das Dilemma der Gemeinde. Zudem sei es zu einem Rückstau von der Regnitz aus gekommen. Was sie konkret bewirken könnten, wollte ein Anwohner von den Politikern wissen und forderte: „Wir brauchen kein Mitleid, wir brauchen eine Perspektive!“

Hochwasserschutz ist kommunale Aufgabe, stellte Lunz klar. In Zusammenarbeit mit dem Wasserwirtschaftsamt müssten die Kommunen entlang der Aisch landkreisübergreifend zusammenarbeiten. Dass Terminvereinbarungen laufen, bestätigte Bürgermeister Gerhard Bauer.

Rückhalteflächen total zugewachsen

Die vor Jahren vom Wasserwirtschaftsamt angelegten Rückhalteflächen sind total zugewachsen, monierten die Anwohner. Sie sind sich sicher: auch die Büsche am Ufer der Aisch und die noch immer im Wasser befindlichen Fundamente der alten Brücke würden den Abfluss behindern. „Das Wasserwirtschaftsamt hat das Gelände gekauft, und bewirtschaftet es nicht“, urteilte ein Anwohner. Überhaupt sei früher das Flussbett der Aisch tiefer gewesen, sagt eine ältere Frau.

Der Sandstrand, auf dem in vergangenen Jahren das Hallerndorfer Beachfest stattgefunden hat, ist jetzt eine Schlammwüste. Ein einsamer Zitronenfalter taumelt durch das satte Grün der Büsche, die oberhalb des Ufers an der Aisch stehen. „Uns hilft jeder Zentimeter“, sagt ein Anwohner.

Hochwasser: Nur zwei Zentimeter unterhalb der Terrassentür

Bei diesem Hochwasser stand das Wasser gerade einmal zwei Zentimeter unterhalb der Terrassentür. Warten könne man nicht, schließlich könne der nächste Regen schon in drei Wochen kommen.

Lisa Badum wies darauf hin, dass es bis Ende 2020 für Kommunen ein Sturzflutnotfallprogramm der Landesregierung gegeben habe und riet der Gemeinde, im Landtag anzufragen. Diese Mittel hätten nur wenig Gemeinden in Anspruch genommen. Vielleicht würde das Programm nach diesem Hochwasser neu aufgelegt.

Wassermassen bei der Flut: Über einen Meter hoch

In den Pfützen an der Laufer Mühle tummelten sich kleine Fischchen. Auch hier stand das Wasser hoch. Geschäftsführer Michael Thiem zeigt den Zustand in der Bäckerei: Hier stand das Wasser über einen Meter hoch. Die Schäden sind nicht bezifferbar, sagte Thiem.

Das Hochwasser habe gezeigt, dass selbst der Neubau künftig nicht mehr sicher vor den Wassermassen sei: „Wir müssen strategisch denken und die Wohnsituation verlagern“, konstatiert Thiem.

Wehr an der Laufer Mühle lässt sich im Moment nicht regeln

Jetzt ist es Aufgabe der Einrichtung, sichere Orte zum Wohnen zu finden und die Mühle selbst nur noch als Arbeitsort zu nutzen. An der Brücke zeigt er auf die oberste Strebe am Geländer: Diese Höhe hatte der Wasserpegel erreicht. Auch er machte die Versandung in der Aisch, gleich ob diese durch den Maisanbau in den umliegenden Feldern oder die Flurbereinigung verursacht wurde, für einen Teil des Hochwassers mitverantwortlich.

Vielleicht kann die Laufer Mühle die Kraft des Wassers in Zukunft selber nutzen. Auch wenn sich das dort befindliche Wehr im Moment nicht regeln lässt und die Turbinen nicht mehr laufen, im Angesicht des Hochwassers entwickelt Michael Thiem seine Vision, in der Laufer Mühle mehr energetische Autarkie zu erreichen: „Laufer Mühle - das Leben meistern“.

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