Nahverkehr Forchheim: Landkreis ärgert sich über OB

20.2.2020, 16:00 Uhr
Nahverkehr Forchheim: Landkreis ärgert sich über OB

© Foto: Anja Hinterberger

"Über Jahre haben wir rund 130 000 Euro in den Wind geschossen, wenn ich das mal ganz salopp sagen darf, und ich habe keine einzige Verbesserung im Busverkehr bekommen." Es sei einfach "nichts passiert", wetterte Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) beim NN-Forum zur OB-Wahl in Richtung des Landkreises. Deshalb habe die Stadt zum Jahr 2018 den Vertrag mit dem Landkreis gekündigt, um die ÖPNV-Leistungen in der Stadt neu auszuhandeln – also zu verbessern, aus städtischer Sicht.

Diese Aussage des OB bleibt nicht unwidersprochen. Der zuständige Referent am Landratsamt, Frithjof Dier, wies Kirschsteins Äußerung, die Stadt habe für ihre finanzielle Beteiligung keinen Gegenwert erhalten, in der jüngsten Sitzung des Verkehrsausschusses des Kreistages ausdrücklich zurück: "Diese Aussage kann ich nicht nachvollziehen." Denn seit 2006 gebe es Buslinien (261 und 262), die nur in Forchheim verkehren. Dies gebe es in keiner anderen Landkreisgemeinde. Damals sei der Takt auf 30 Minuten verdichtet worden, seither habe sich die Stadt finanziell an den Linien beteiligt, wobei sie 2013 ihren Beitrag auf 139 000 Euro verringert habe.

Seit der Kündigung dieses Vertrages herrsche ein "vertragsloser Zustand", den Dier gerne beendet haben wollte. Die Kreisräte stimmten am Ende einstimmig für den von ihm vorgeschlagenen neuen Vertrag zwischen Stadt und Landkreis. Demnach wird der heute bestehende Zustand, der Ende 2022 auslaufen würde, bis Ende Juli 2025 verlängert. In der Zwischenzeit erhält die Stadt die von ihr erbetene Zeit, um ein neues Verkehrskonzept zu erarbeiten. Unter anderem soll dabei auch herauskommen, welche Leistungen des Öffentlichen Nahverkehrs Forchheim wirklich wünscht.

Stadt soll Wünsche äußern

Denn die ÖPNV-Leistungen werden zwar vom Landkreis bestellt. Doch die Stadt kann (und soll) ihre Wünsche äußern. Immer mit der Maßgabe: Wer etwas haben will, muss dafür auch zahlen. Das städtische Verkehrskonzept und damit die entsprechende Wunschliste wird aber frühestens im Frühjahr 2021 vorliegen.

Forchheim zahlt also bis 2025 weiter 139 000 Euro pro Jahr und die Leistungen bleiben dieselben. Was sagt dazu der Oberbürgermeister? Bleibt er bei seiner Meinung, dass die Stadt für ihr Geld keine Gegenleistung erhält? Ja, das tut er, so die Auskunft der städtischen Pressestelle auf NN-Anfrage: "Über das Übliche hinaus" biete der Landkreis der Stadt "keinen Mehrwert". Das "momentane Angebot des ÖPNV in der Stadt" sei "für ein Oberzentrum nicht angemessen". Der ÖPNV müsse sich "stetig weiterentwickeln, um den Erfordernissen eines prosperierenden Oberzentrums zu genügen und um eine echte Alternative für alle Menschen in der Stadt zu sein". Denn der Ausbau des ÖPNV räume den umweltverträglichen Verkehrsmitteln Vorrang ein.

Grundlegend für einen attraktiven ÖPNV sei "ein dichter und verlässlicher Takt. Die Busse sollten standardmäßig alle 20 Minuten fahren." Für Oberzentren wie Forchheim schreibe die Leitlinie zur Nahverkehrsplanung in Bayern für den Kernbereich zur Nebenverkehrszeit sogar einen Takt von zehn Minuten als Richtwert und von mindestens 15 Minuten als Grenzwert vor. Auch am Sonntag und an Feiertagen ist das Busangebot laut der Leitlinie auszubauen, dies fordere die Stadt vom Landkreis auch ein. Im Stadtgebiet sollen aus Kirschsteins Sicht Elektrobusse fahren: "Wir sind für den Ausbau der Busflotte mit alternativen Antrieben, damit der gesamte Busverkehr der Stadt klimaschonend abgewickelt wird." Je nach Bedarf könne das Angebot auch mit kleineren Bussen abgedeckt werden: "Ideal wäre eine sinnvolle Einbindung beziehungsweise Eintaktung der Werkbuslinien der Firma Siemens, zumindest eine inhaltliche Abstimmung halte ich für sinnvoll." Vorbildlich sei der mit dem Landkreis realisierte P+R-Platz in Kersbach mit optimaler ÖNVP-Anbindung: "Dieses Engagement wollen wir fortsetzen, denn es ist klar, dass der ÖPNV einen großen Beitrag zur Mobilität für alle leistet."

OB-Kandidatin Annette Prechtel (FGL) sagt zu Kirschsteins Beharren auf seiner Aussage, er zeige sich beim Thema ÖPNV "leider mal wieder als bockig und beratungsresistent". Es fehle ihm "leider die Erfahrung in Sachen ÖPNV. Für die Stadt Forchheim war es damals natürlich ein Mehrwert und eine deutliche Verbesserung, den 30-Minuten-Takt zu bekommen."

Wie Kirschstein will auch Prechtel "einen 20- oder 15-Minuten-Takt und ein deutlich attraktiveres Busangebot". Das Busangebot in der Stadt und die Zuzahlung der Stadt seien "Verhandlungssache". Das gehe "nur miteinander und nicht, indem die engagierten Partner im Landkreis mit solchen Aussagen vor den Kopf gestoßen werden".

Der CSU-Kandidat für das Amt des OB, Udo Schönfelder, ist „bereit, einen Betrag zwischen 100 und 200.000 Euro jährlich für einen passgenauen und bedarfsorientierten ÖPNV auszugeben“.  Außerdem möchte er weitere Verbesserungen, zum Beispiel bei der Tarifgestaltung und bei den Bushaltestellen (Dächer und Sitzgelegenheiten): „Da müssen wir als Stadt ran.“ Insgesamt müsse der ÖPNV „zukunftsweisend forciert“ werden, sagte er den NN.

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