Neunkirchen: Eisenbahner trauern der "Seku" nach

25.2.2018, 11:00 Uhr
Die „Seekuh“, eigentlich eine hochnützliche „Sekundärbahn“, fährt hier in der Station Erlangen-Zollhaus ein. Schüler warten schon auf die Mittagsbimmelbahn, um nach Hause an den Tisch zu kommen.

© Repro Guenther Klebes Die „Seekuh“, eigentlich eine hochnützliche „Sekundärbahn“, fährt hier in der Station Erlangen-Zollhaus ein. Schüler warten schon auf die Mittagsbimmelbahn, um nach Hause an den Tisch zu kommen.

Die heute mit Gras überwachsenen und zum Teil ihrer Gleise beraubten Trassen sind stumme Zeugen einer Vergangenheit, in der die Bahn für viele Familien das tägliche Brot und für die Eisenbahner den Lebensinhalt ausgemacht haben.

Großen Einfluss auf die Sekundärbahn hatte seinerzeit der tatkräftig agierende Erlanger Bürgermeister Georg von Schuh auf eine Bahn von Erlangen über Neunkirchen nach Eschenau und Gräfenberg. Das Besondere daran: Die Bahntrasse lag auf oder direkt neben der Straße, eine „Sekundärbahn“ eben.

In beide Richtungen verkehrten ab November 1886 an allen Tagen je zwei Lokalbahnzüge. Die Fahrzeit betrug im Schnitt zwei Stunden und 20 Minuten. Bus und die immer noch bestehende Gräfenbergbahn brauchen heute 70 Minuten weniger. Doch die Bummelbahn ab Bahnhof Erlangen-Zollhaus zog auch tüchtige Geschäftsleute an. In Zollhaus, wo die Mehrzahl der Reisenden die Züge verließ, sollte die „Restauration zur Sekundärbahn“ eröffnet werden. Allerdings schaffte es der Maler des Wirtshausschildes nur bis „Restauration zur Seku“, dann verabschiedete er sich ins Wochenende...

Doch es gibt nicht nur Spott von der Seku zu berichten. Der kleine Zug machte stattlichen Gewinn und die Landbevölkerung profitierte, indem sie die Erzeugnisse von Hof und Feld schnell und in frischer Qualität zum Kauf anbieten konnte. Sogar die Schüler wussten die leichte Erreichbarkeit ihrer Institute zu schätzen.

Freilich haperte es manchmal an der Kraft. Der „Mockel“ wie die Sekundärbahn auch genannt wurde, musste manchmal tatsächlich geschoben werden. Bald hatte das Bähnchen Spitznamen weg wie Orient-Express und Fliegender Hamburger. Auch mit dem Fahrplan nahm man es nicht so genau. So durfte die Gattin eines Gemeinderates aus Neunkirchen, die ihre Geldbörse vergessen hatte, noch einmal umkehren und ihr Portemonnaie holen. Ein freundlicher Zugführer ließ solange warten.

Einmal musste sich die „Seku“ dem hohen Gericht beugen. Nach einem Zusammenstoß mit einem Wagen wurde entschieden, dass sich das Bähnchen den Bedingungen der Straße zu fügen hatte. Das hatte zur Folge, dass man nur noch mit 15 Stundenkilometer dahinzockeln durfte.

Am 1. Mai 1961 wurde der Streckenabschnitt Neunkirchen – Eschenau stillgelegt. Knapp zwei Jahre später folgte die letzte Fahrt von Erlangen nach Neunkirchen. Dies war am 16. Februar 1963. Um 12.22 Uhr sitzen Stadtrat und Gäste, geschmückt mit schwarzen Zylindern und weißen Papierblumen in der Seku. Im Packwagen quieken 50 westfälische Ferkel. Oberbürgermeister Heinrich Lades in der Rolle des Lokführers öffnete den Regler zur letzten Fahrt mit Ziel Neunkirchen.

Ironie des Schicksals: Weil es in Uttenreuth zu einem Schienenbruch kam, wurden bereits am Abend die noch vorgesehenen Triebwagen schon durch Busse ersetzt. Der Güterzugverkehr bis Neunkirchen hielt sich noch bis zum 31. Dezember 1963.

 

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