Niedriglöhne: So sieht es im Landkreis Forchheim aus

25.1.2021, 10:56 Uhr
Niedriglöhne: So sieht es im Landkreis Forchheim aus

© Foto: Ronny Hartmann/dpa

"Niedriglöhne sind kein Randphänomen mehr. Sie sind auch im reichen Bayern Alltag für rund eine Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer", beobachtet Mathias Eckardt, Regionsgeschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) in Oberfranken, wie er in einer Stellungnahme mitteilt.

Es dürfe nicht mehr hingenommen werden, dass so viele Menschen mit Armutslöhnen abgespeist werden. Doch wie viele Menschen arbeiten im Landkreis Forchheim tatsächlich im Niedriglohnsektor? Wer ist besonders betroffen und wie ließe sich gegensteuern?

Im Jahr 2019 haben laut Arbeitsagentur Bamberg-Coburg-Forchheim 18,6 Prozent der Forchheimer im Niedriglohnbereich gearbeitet. Agentur-Pressesprecher Matthias Klar präzisiert: "Besonders in den Beschäftigungsfeldern Handel und Tourismus, Verkehr und Logistik sowie Soziales, Lehre und Erziehung lassen sich im Raum Forchheim viele Niedriglohnjobs finden."

Im Vergleich zu anderen oberfränkischen Landkreisen steht Forchheim wiederum recht gut da: Der Anteil der geringfügig Beschäftigten liegt in Kronach bei 24,3 Prozent, in Hof bei 24,7 Prozent und in Coburg bei 28 Prozent. Das ist Forchheimer Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor natürlich kein Trost.

Jobverlust durch Pandemie

Zwar ist die Zahl der geringfügig Beschäftigten zuletzt durch Corona gesunken: Ein Vergleich zwischen Juni 2019 und Juni 2020 zeigt ein Minus um 6,3 Prozent. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Betroffenen mehr Geld verdienen, sondern dass sie schlicht ihre schlecht bezahlten Jobs verloren haben.

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© Foto: Ralf Rödel

"6,3 Prozent sind eine vergleichsweise starke Veränderung," meint Matthias Klar. "Es ist durch Corona ein deutlicher Abbau von Minijobs und anderen niedrig bezahlten Tätigkeiten zu beobachten." Dieser Abbau findet allerdings eher im städtischen Bereich des Landkreises statt.

Denn die Fränkische Schweiz lebt von Mitarbeitern in Restaurants und Biergärten, der Tourismus muss laufen und auch die Spargel- und Kirschbauern kommen ohne Erntehelfer nicht aus.

Dagegen trennen sich städtische Arbeitgeber, beispielsweise in der Industrie, in Krisen lieber von Mini- und Teilzeitjobbern, wie Matthias Klar weiß: "Die Hälfte aller wegen Corona Entlassenen sind Menschen ohne Berufsabschluss. Die Betriebe nehmen lieber Mitarbeiter in Kurzarbeit, die sie nicht entbehren möchten." Nach der Krise wieder an Aushilfskräfte und Zeitarbeiter zu kommen, sei vergleichsweise einfach.

Schlechte Löhne: Konsequenzen

Wer vom gut bezahlten Job durch Kurzarbeit noch 60 bis 67 Prozent übrig hat, kommt häufig auch damit noch gut über die Runden. Doch im Niedriglohnsektor angestellt zu sein, bedeutet laut einer Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit, einen Lohn unterhalb der bundesweiten Niedriglohnschwelle von 11,21 Euro pro Stunde zu verdienen.

Welche Konsequenzen hat das für die Menschen? Werner Lorenz ist Leiter der sozialen Beratungsstelle der Caritas in Forchheim und bekommt in vereinzelten Hintergrundgesprächen mit Hilfesuchenden mit, dass ein geringer Verdienst viele Probleme erst hervorruft.

Sehr viele Auswirkungen

Lorenz betont: "Das Thema Niedriglohn hat sehr viele Auswirkungen, die bei uns in unterschiedlichen Beratungsabteilungen besprochen und angegangen werden können." Viele sind sich etwa nicht sicher, ob sie zur Bestreitung des Lebensunterhalts zusätzlich zum Job auch Anspruch auf staatliche Leistungen wie Wohngeld oder Hartz IV haben.

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© Foto: Jens Büttner/dpa

"Andere müssen sich etwas Größeres anschaffen und verschulden sich dabei in einem Maße, mit dem sie nicht mehr zurechtkommen. Da verweisen wir auf unseren Schuldnerberater." Auch ein häufiger Fall im Zusammenhang mit niedrigen Löhnen: "Die Frau oder Freundin ist schwanger und die Hilflosigkeit groß. In diesem Fall hilft unsere Schwangerenberatungsstelle weiter." Wer in Forchheim aufgrund wirtschaftlich schwieriger Situationen Beratung benötigt, findet hier also einige Anlauf- und Informationsstellen.

Mit Maßnahmen früher gegensteuern?

Doch durch welche Maßnahmen ließe sich schon viel früher gegensteuern? Der DGB sieht hier auch die kommunale Ebene in der Pflicht: Öffentliche Aufträge müssten an die Tarifbindung und damit an ordentliche Löhne gekoppelt werden. "Wir sehen ganz klar den Zusammenhang zwischen Tarifbindung und guten Löhnen. Es muss im Interesse der öffentlichen Hand liegen, dass die Menschen von ihrer Arbeit leben können und im Alter gut versorgt sind", findet Regionsgeschäftsführer Mathias Eckardt.

"In all den Sparten, die in der Regel eine Berufsausbildung voraussetzen, befinden sich weniger Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen", beobachtet Werner Lorenz von der Caritas. Daher plädiert er unter anderem für mehr Bildungschancen. Auch Matthias Klar von der Arbeitsagentur betont: "Um aus dem Niedriglohnsektor herauszukommen, sind Qualifizierung und Weiterbildung das A und O."

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