Notstand im Gewächshaus: Gößweinsteiner Gärtnereien appellieren an die Politik

13.2.2021, 14:00 Uhr
Die beiden Jungunternehmer Anna-Lena Wiedow und David Schrüfer im Blumenmeer der Gärtnerei Schrüfer. 

© Thomas Weichert Die beiden Jungunternehmer Anna-Lena Wiedow und David Schrüfer im Blumenmeer der Gärtnerei Schrüfer. 

Die beiden einzigen zwischen Ebermannstadt und Pegnitz sind die großen Gartenbaubetriebe Schrüfer und Wiedow in Gößweinstein, die Kunden in der gesamten Fränkischen Schweiz und darüber hinaus haben. 

Die 30-jährige Gärtner- und Floristmeisterin Anna-Lena Wiedow und der 31-jährige Gärtnermeister David Schrüfer fürchten, dass ihnen das komplette Frühjahrsgeschäft, das Hauptgeschäft des Jahres, fast komplett wegbrechen wird: „Da wir verderbliche Ware haben ist unser Verkaufszeitraum auf wenige Wochen im Jahr begrenzt. Pflanzen, die nicht verkauft werden können, müssen wir wegwerfen. Dabei machen wir 70 Prozent unseres Jahresumsatzes im Frühling“, sagt Schrüfer, und Wiedow erinnert: „Dieses Geschäft ist uns bereits letztes Jahr teilweise durch den Lockdown verloren gegangen und wird es dieses Jahr wieder, vielleicht sogar komplett, wenn wir nicht bald wieder öffnen dürfen.“

Sie befürchten, dass dies dann die Existenz ihrer alteingesessenen Betriebe und somit auch ihre und die ihrer Familien und Beschäftigten vernichtet. „Call & Collect ist für uns keine Absatzmöglichkeit, denn damit ist nur ein kleiner Teil des gewöhnlichen Umsatzes möglich. Nicht einmal zehn Prozent“, erklärt Wiedow.

Auch stehe der Zeitaufwand dafür in keinem Verhältnis zu den Einnahmen. Call & Collect sei zudem schwierig, weil Pflanzen keine Produkte „von der Stange sind, sondern jede einzelne Pflanze individuell ist und von den Kunden angeschaut, angefasst und ausgesucht werden will und weil man einen nicht unerheblichen Teil des Geschäftes durch Impulsverkäufe macht“.

Da der Verkauf nicht gesichert sei, wisse man zudem nicht wie man weiterproduzieren soll. Denn Gemüse- und Salatpflanzen stehen jetzt zum Aussäen und Topfen an. Wiedow und Schrüfer verweisen auf die so empfundene Ungerechtigkeit zwischen dem Lebensmitteleinzelhandel und den produzierenden Gärtnereien: „Der Supermarkt darf alles verkaufen, was wir auch haben, muss es aber dazukaufen.“ Schrüfer findet es ungerecht, dass große Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte sogar Floristikerinnen beschäftigen, bei denen man sich einen Blumenstrauß binden lassen kann. „Nichts anderes machen wir auch.“

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Die Verkaufsflächen in den Gewächshäusern sind weitaus größer als in einem Supermarkt. Deshalb könne man auch sämtliche Hygienemaßnahmen einhalten. Als landwirtschaftliches Unternehmen müsse man bis zu zwölf Monate im Voraus planen und in Vorleistung gehen: „Wir sind Betriebe der Landwirtschaft, wir gewährleisten auch die Versorgung von Lebensmitteln im gesamten Frühjahr und Sommer. Wir können einfach nicht verstehen, warum landwirtschaftliche Betriebe wie wir nicht systemrelevant sind“, so Schrüfer und Wiedow. Bei Öffnung der Einzelhandelsgeschäfte würde sich der Ansturm auf die Lebensmittelmärkte deutlich verringern und auf den gesamten Einzelhandel verteilen. 

Somit wäre ein größerer Abstand zwischen den Kunden gesichert. Ein wichtiges Geschäftsfeld ist die Trauerfloristik. Da sind persönliche Gespräche mit den Trauernden sehr wichtig. Das geht nicht per Telefon oder Mail. Zudem gäbe es keinerlei staatliche Hilfen für den Gartenbau: „Wir sind auf unsere Kunden angewiesen. Wir sind das Fachgeschäft und können beraten. Mit unseren Betrieben gehen Know-how, Ausbildungsplätze, Arbeitsplätze und Pflanzen, in denen viel Liebe, Zeit und Geld steckt, verloren“, so die Geschäftsinhaber. Sie fühlen sich von der Politik vergessen. 

Anna-Lena Wiedow und David Schrüfer wollen aber weiterkämpfen. Für sich, für ihre Familien, ihre Angestellten und vor allem ihre Kunden. Sie haben schon alle örtlich zuständigen Landtags- und Bundestagsabgeordneten angeschrieben, um auf ihre fast hoffnungslose Situation hinzuweisen. Eine Antwort blieb bis heute aus. 

Am Sonntag, 14. Februar (Valentinstag), dürfen alle Verkaufsstellen, die in erheblichem Umfang Blumen anbieten, gemäß der Allgemeinverfügung des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales von 8 bis 12 Uhr zur Abgabe von Blumen öffnen. Allerdings müssen die Blumen vorbestellt („Click bzw. Call & Collect) oder können auch ausgeliefert werden.

THOMAS WEICHERT

 

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