Obacht! Fließend Blödsinn: Kabarettist Rolf Miller in Forchheim

28.9.2020, 16:21 Uhr
Obacht! Fließend Blödsinn: Kabarettist Rolf Miller in Forchheim

© Foto: Udo Güldner

Kurze Hosen und halbe Sätze. Es passt alles zusammen. Rolf Miller überlässt nichts dem Zufall. Auch wenn es nach außen hin den Anschein hat. Er ist ein Meister des Minimalismus – zumindest wenn man einzelne seiner Gedankengänge betrachtet. Denn im Ganzen sind seine Überlegungen ungeheuer uferlos, ausschweifend und unübersichtlich.

Wer ihm eineinhalb Stunden aufmerksam gelauscht hat, der weiß am Ende doch nicht, wovon der Mann da vorne im Scheinwerferlicht geredet hat. Dabei hat er ununterbrochen gesprochen. Wie ein vor sich hinplätschernder Wasserfall, der beim Hinsehen und Hinhören hypnotische Zustände auslöst.

Zur Rolle gehört auch jenes tiefenentspannte Hingelümmeltsein auf einem einfachen Stuhl. Rolf Miller ist, das sucht er mit jedem Satzfragment zu bekunden, einer von uns. Ihm mag man am Stammtisch begegnen können. Er scheint die Fußgängerzone zu bevölkern.

Hinter ihm steht man möglicherweise an der Supermarktkasse. Zusammen mit seinen Freunden Achim und Jürgen. In seinem Universum dreht sich alles um Stars und Sternchen. Das fängt mit Fußball-Millionären an und endet bei Tennis-Pleitiers – für ihn alles Zipfelklatscher. Der eine läuft so langsam, dass Rolf Miller eine Schildkröten-Unterfunktion diagnostiziert. Der andere versteckt sich als Albino unter Schwarzafrikanern. Es ist ein ganz schmaler Spagat, den Rolf Miller da vollbringt.

Dabei hat er all die Feindbilder, die ein angeblich normaler Mann aus dem tiefsten Odenwald auch hat. Immerhin sind das Gebiete, in denen ein Korn im Feldbett ganz normal ist und die Inzucht einäugige Zwillinge hervorbringt. Italienische Gastronomen, die bei der Russenmafia sind; Helikopter-Mütter, die als freilaufende Freisprechanlage nerven; eingefleischte Veganer und Globuli-Gläubige, die einer Unterdosis ausgesetzt sind.

Von den islamistischen Selbstmordattentätern in dritter Generation und halsaufwärts gelähmten Männern in Liegefahrrädern ganz zu stammeln. Sie alle erregen sein Misstrauen, seinen Ärger, seine Aufmerksamkeit.

Origineller Wortschöpfer

Die Methode führt dazu, dass seine Zuhörer einen kurzen Atemzug lang im Ungewissen gelassen werden, wie es weitergeht. Dabei ist von Anfang an klar, dass das Spontane minutiös einstudiert, das Improvisierte lange vorher erdacht und das Assoziative keineswegs zufällig ist. Das hat er mit Perfektionisten wie Loriot oder Dieter Hildebrandt gemein, nur dass Letzterer seine Halbsätze erst gar nicht zu Ende gebracht hat. So weit ist Rolf Miller noch nicht.

Doch rein optisch sind seine Sätze in Ordnung. Rolf Miller ist oft erreicht, aber nie kopiert worden. Wenn schon blöd, dann wenigstens gescheit. Zugleich bleibt sein "Gelaber", so Rolf Miller über sich selbst, im Ungefähren, Ungenauen, Ungeprüften stecken. Er meint etwas ganz klar zu ahnen, plaudert unbefangen über tatsächliche Gerüchte, glaubt beinahe zu wissen, dass etwas nicht stimmt. Nicht ohne Grund wohnt er bei sich selbst um die Ecke, irgendwo in Heroldsbach, Pinzberg oder einem anderen Ort, den es gar nicht gibt. Hauptsache dort, wo man jemanden aus dem Zeugenschutzprogramm unterbrächte. Das muss man sich mal auf der Zunge vorstellen.

Im Vorübersitzen zeigt sich der studierte Verwaltungsfachmann als origineller Wortschöpfer, der besäufniserregende Zustände vorfindet, sich mehr Mutterschaftstests wünscht und im saudischen Parlament die Ja- und Nein-Stimmen den Enthauptungen gegenüberstellt. Rolf Miller beherrscht nicht nur mehrere Sprachen nicht, er kann auch fließend Blödsinn sprechen. Schließlich war sein Opa ja auch kein Nazi, sondern nur überzeugter Mitläufer...

Und dann gibt er ganz am Ende sogar noch eine mögliche Erklärung, warum das mit den halben Sätzen so gekommen ist. Es liegt an all den Dingen, die Rolf Miller in seiner Kindheit eingeatmet haben will: Heizöl, Pattex und Lkw-Abgase, natürlich ganz ursprünglich ohne Katalysator. Das erklärt alles – vielleicht.

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