Aktion gegen Landwirt

Oberlindelbach: Unterschriftenliste soll Wohncontainer verhindern

5.9.2021, 10:25 Uhr
Oberlindelbach: Unterschriftenliste soll Wohncontainer verhindern

© Petra Malbrich, NN

Würde es überhaupt eine nennenswerte Ernte geben und würde die Pandemie weiter um sich greifen, dass coronakonforme Unterkünfte für Saisonarbeiter nötig waren? Als beide Fragen mit Ja beantwortet wurden, musste Thomas Härtel schnell handeln. Damit seine 70 Erntehelfer aus Rumänien sicher untergebracht würden, kaufte er 40 Container, darunter 24 Wohncontainer, mehrere Küchen und Sanitärcontainer, die ehemals als Flüchtlingsunterkünfte im Einsatz waren. Jeder Schlafcontainer ist für zwei Personen. „Es kommen auch Pärchen, die für sich sein möchten“, sagt Härtel. Zudem kennen sich nicht alle Helfer und ein bisschen Privatsphäre müsse sein.

Bau eingestellt

Da es schnell gehen musste, begann er die Fläche des Containerstellplatzes ohne Genehmigung zu schottern. Das wurde moniert. Das Landratsamt stellte den Bau ein. „Ich bekam einen Strafbescheid über 500 Euro“, sagt Härtel, der dann einen handschriftlichen Bauantrag für ganzjährige Nutzung in der Verwaltung einreichte, damit er kurz vor Erntebeginn noch auf die Tagesordnung der Bauausschusssitzung kam.

Oberlindelbach: Unterschriftenliste soll Wohncontainer verhindern

© Petra Malbrich, NN

Die Erschließung ist gesichert, versichert das Bauamt der Marktgemeinde. „Das Landratsamt würde dann prüfen, ob es über die Hausentwässerung gehe oder separat angeschlossen werden müsse“, erinnert sich Marc Mösel (Igensdorfer Umland) an die Bauausschusssitzung. Mit zwei Gegenstimmen, wurde der Antrag bewilligt. Aufstellen konnte Härtel die Container trotzdem nicht. Das Landratsamt will einen ordentlichen Bauantrag. Fast parallel dazu sammelte Gemeinderat Hartmut Kreisl Unterschriften im Ort, um den Bau der Containersiedlung auf Härtels Anwesen, den einzigen noch existierenden Landwirt in dem kleinen Dorf, zu verhindern.

70 Saisonarbeiter für Kirschernte

45 Hektar Obstfläche, hauptsächlich Kirschen, bewirtschaftet Härtel. Die Flächen sind weit verteilt. Seine gut 70 Saisonarbeiter reisen vorwiegend in den Sommermonaten zur Kirschernte an. Doch 24 Container am Ortsende und 70 Erntehelfer in dem 120 Seelen Dorf, sind Kreisl und so manchem Bürger zu viel. „Wenn wir die Container vor der Haustüre haben, weiß man nicht, was kommt“, sagt der FW-Gemeinderat und Nachbar des betroffenen Landwirts.

Oberlindelbach: Unterschriftenliste soll Wohncontainer verhindern

© Petra Malbrich, NN

Befürchtet wird laut Kreisl der Lärm durch die Saisonarbeiter aufgrund fehlender Freizeitmöglichkeiten im Ort, dass sich der Verkehr erhöhen werde und dass die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung gefährdet sei. „Das Abwasser wird sich verdoppeln. Die Gemeinde hat gerade eine Bestandsaufnahme durchgeführt und jedes Waschbecken aufgenommen. Wir befürchten, dass ein erheblicher Aufwand auf die Steuerzahler zukommt“, sagt Meinrad Holderied, Unterstützer der Unterschriftenliste.

Die Bestandsaufnahme hatte allerdings überhaupt nichts mit Härtels Containern zu tun und wurde in der gesamten Marktgemeinde durchgeführt, informiert die Verwaltung.“ Das wurde im Rahmen der neuen globalen Berechnung für die Wasser-und Abwasserversorgung durchgeführt“, betont Michael Pfundt, geschäftsführender Beamter des Marktes. Gerüchte im Ort, dass Härtel das Abwasser in den Graben einleiten will, wischt selbst Holderied vom Tisch. „Das ist Unsinn. Es wird natürlich nicht in den Graben geleitet.“ Holderied erklärt sich die falschen Gerüchte mit der handschriftlichen Skizze im Bauantrag, in der einfach ein Strich von den Containeranlagen zur Straße ging. Zudem habe sich das Dorfleben geändert. Die Leute wollen ihre Ruhe haben.

Nur noch ein Landwirt im Ort

„Früher gab es viele Landwirte in Oberlindelbach“, meint Kreisl. Von den vielen Landwirten ist nur noch der Betrieb der Familie Härtel übrig geblieben. Ein Betrieb, der schon seit Generationen geführt wird und den Thomas Härtel, Gymnasiallehrer für Geografie, Wirtschaft und Sport, nicht nur übernommen, sondern auch vergrößert hat. „Die Leute wollen in den Läden Obst kaufen. Das muss irgendwo herkommen. Wir bauen hier an, dann muss auch die Erntearbeit erledigt werden“, sagt Härtel. Er sortiert und verpackt sein Obst selbst, hat sich dazu in Dietzhof eingemietet und nutzt die Sortieranlage des ehemaligen Fruchthofs Rumpler, nun Meixner.

Lastwagen fahren gar nicht ins Dorf. Alles, was Lärm machen würde, sei fern. Für die mit der Sortierung und Verpackung zuständigen Erntehelfer habe er ein Haus in Arbeitsnähe gekauft. Mit Bürgern hat Härtel bereits gesprochen. Sie fühlen sich nicht belästigt. „Die Erntehelfer gehen früh aufs Feld und sind abends müde“, sagt Härtel.

Aber die Containerwohnungen passen nicht ins Landschaftsbild, finden die Kritiker. „Die Gemeinde sieht die Not und möchte dem Bürger nicht im Weg stehen“, erklärt Rebecca Seidel vom Bauamt die Entscheidung des Mehrheitsbeschlusses im Bauausschuss. Erst wenn ein vollständiger ordentlicher Plan eingereicht sei, könne sich das Landratsamt weiter dazu äußern. Momentan hat Härtel nichts geplant. Aufgrund des Baustopps konnte er die Container nicht abnehmen und musste 2000 Euro Vertragsstrafe bezahlen. „Die Container sind nun im Ahrtal und dienen den obdachlosen ehemaligen Hausbesitzern als Unterkunft“, sagt Härtel.

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