Partnerstädte und der Blick auf den Ersten Weltkrieg

19.9.2014, 11:00 Uhr
Partnerstädte und der Blick auf den Ersten Weltkrieg

© Roland Huber

FORCHHEIM — Für die Städtepartnerschaft kam es heuer dicke: der Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren und das 40. Jubiläum der Jumelage. Was in Forchheim lange Zeit in den Hintergrund getreten war: Die Partnerstadt heißt mit voller Bezeichnung Le Perreux sur Marne und erlebte den Krieg aus der Nähe. In 50 bis 80 Kilometer Entfernung tobten die Kämpfe, Geschützdonner von den Schlachtfeldern war zu hören, ein deutscher Luftangriff kostete ein Mädchen das Leben.

Wie beide Termine mit Fingerspitzengefühl unter einen Hut zu bringen sind, zeigten die Franzosen: Aus Le Perreux, speziell von Ex-Bürgermeister Alain Duhamel, kam die Idee zu den zwei gleichzeitig stattfindenden Ausstellungen. Jede Stadt beschreibt ihre Sicht auf den Ersten Weltkrieg, die jeweils andere Sicht wird aber in die Schau integriert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

Reiner Hammerich vom Partnerschaftskomitee, Kulturreferent Dieter George und Stadtarchivar Rainer Kestler bedauern allenfalls, dass ihnen der Untertitel der Franzosen für die Schau nicht rechtzeitig bekannt war, denn er sagt alles: „Regards croisé“ heißt er, übersetzt: gekreuzte Blicke. So beginnt die Ausstellung in der vorderen Halle mit Fotos vom heilen Forchheim des Jahres 1914, als die Mobilisierung noch wie die Einladung zu einem Abenteuerausflug aufgenommen wurde.

Wie alle Konfessionen rief auch die Israelitische Kultusgemeinde damals zum Bittgottesdienst für den Sieg auf, zeigt ein Inserat aus dem Forchheimer Tagblatt. Den Deutschen jüdischen Glaubens hat das 20 Jahre später, als Hitler die Vernichtungsmaschinerie in Gang setzte, nichts genutzt.

Die fränkische Stadt, rund 800 Kilometer von der Front entfernt, hatte mit dem Krieg wenig direkt zu tun, aber er hatte Folgen für sie und ihre Bürger. Der Leutnant Karl Bager war der erste gefallene Forchheimer, später folgten täglich Todesanzeigen mit den Namen junger Männer aus der Stadt. Und: Das Grauen der Front wurde, zumindest anfangs, aus Feldpostbriefen ersichtlich, später langte die Zensur zu.

„Was bleibt“ heißt die letzte Tafel in der Ausstellung aus Forchheimer Sicht. Stadtfotograf Fritz Zirnsack zeigt hier aktuelle Fotografien des Brunnens und der Gedenktafel am Rathaus sowie einer jahrzehntelang verschollenen Tafel aus der Synagoge mit den Namen der Gefallenen.

Den Ausstellungsmachern in Le Perreux stand wegen der Nähe zum Geschehen mehr Material zur Verfügung: Kriegslazarette in Schulhäusern, Lebensmittelmarken, Urkunden über Kriegsanleihen sind in diesem Teil abgebildet. In den Texten wird aber auch ehrlich beschrieben, dass viele Franzosen im Sommer 1914 die Gelegenheit zur Rache für den Verlust Elsaß-Lothringens erkannten.

In einer eigenen Ausstellung in der hinteren Halle ergänzt „Die Geschichte von Babette und August“ die deutsch-französische Koproduktion im vorderen Raum. Rund 200 Feldpostkarten zeigen unzerstörte und schwer beschädigte Städte in Frankreich, Szenen aus Schützengräben, Porträtfotografien, Kriegspropaganda — vor allem aber ist in diesem Teil eine Liebesgeschichte dokumentiert.

Alle Postkarten gingen an Babette Gumbmann aus Obermembach im jetzigen Landkreis Erlangen-Höchstadt, die sie in einem Fotoalbum aufbewahrt hat. Die meisten stammen von August Daigfuß aus Herzogenaurach, der der 1893 geborenen Babette wohl „versprochen“ war. Die Serie endet im Frühjahr 1918: Daigfuß war den Folgen eines Bauchschusses erlegen.

Das Pfalzmuseum bekam das Fotoalbum von Herbert Gumbmann, Großneffe von Babette und Lehrer in Kersbach. Susanne Fischer hat mit ihrem Team das Album ausgewertet und eröffnet in der hinteren Halle einen persönlichen Blick auf den Krieg (Weiterer Bericht auf Seite 38).

Die Ausstellungen in den Rathaushallen in Forchheim sind ab Samstag, 20. September, bis zum 12. Oktober montags bis freitags von 11 bis 17 Uhr und samstags von 10 bis 13 Uhr geöffnet.

Keine Kommentare