Pferdestall des Grauens: Tierärztin in Forchheim verurteilt

12.6.2019, 08:00 Uhr

Was Dr. Bernhard Hauser an jenem Oktobertag im letzten Jahr auf einer Koppel im Landkreis Forchheim sehen musste, das ging auch einem Amtstierarzt nahe. Mehr als zehn Tage Martyrium lagen da hinter der 15-jährigen Stute, die sich über die Weide zu schleppen versuchte.

Bei einem Ausbruchsversuch hatte sich das Tier wohl an der Umzäunung verletzt. Der linke Hinterlauf war aufgerissen und blutete. Eine der Beugesehnen war komplett durchtrennt. Dann passierte lange Zeit nichts.

Knöcheltief im Pferdekot

Obwohl sich das Gelände alles andere als in einem akzeptablen hygienischen Zustand befand, wurde das Tier dort sich selbst überlassen. Es watete knöcheltief im Pferdekot, wobei sich die tiefe Wunde entzündete und es zu einer Blutvergiftung kam. Zuletzt musste der Veterinär das unrettbar verlorene Tier von seinen höllischen Schmerzen mittels Giftspritze erlösen.

Dabei hätte die Angeklagte, ja selbst vom Fach, sich nur zu ihren Tieren begeben müssen, um das ganze Ausmaß der Verletzung erkennen und handeln zu können, so Richterin Schneider. Oder sie hätte zumindest einen befähigten Kollegen damit beauftragen können, nach dem Rechten zu sehen.

Stattdessen rief die Tierärztin bei einer Freundin an, die wenige Kilometer entfernt wohnt und schickte diese los. Deren einzige Qualifikation besteht darin, dass sie selbst ein Pferd hat. Die Besitzerin habe sich auf die Freundin verlassen und habe doch nicht hellsehen können, was die Zustände auf dem Gelände betroffen habe, so die Angeklagte vor Gericht. Mittlerweile macht sie sich immerhin Gedanken um ihre Zukunft: "Bei mir hängt der ganze Beruf dran."

Die Angeklagte, die während des Vorfalls in Österreich war und sich später, als ihr die schwere Verletzung schon bekannt war, zu einem mehrtägigen Urlaub auf Usedom aufmachte, redete sich mit einem mündlichen Pachtvertrag heraus. Als sie nach längerer Suche in Bayern, Tschechien und Ungarn endlich die Unterkunft im Landkreis Forchheim gefunden habe, sei die Pachtzahlung so hoch gewesen, dass man sich verständigt hätte, dass der Verpächter sich nicht nur um Wasser und Heu kümmern sollte. Eine auch anderswo übliche Absprache.

"Und nun ist ein Pferd tot"

Der Verpächter sollte auch die Stallpflege übernehmen und "nach den Tieren schauen". Was offenbar unterblieben war, denn es war nicht einmal für genügend Heu gesorgt und die insgesamt neun Zuchtpferde waren bereits zweimal des Hungers wegen ausgebrochen, um jenseits des Weidezaunes zu grasen. Das bestätigte ein Polizeioberkommissar, der mehrfach mit Kollegen die auf der Landstraße herumtrabenden Tiere wieder einfangen musste. "Dennoch haben Sie Ihre Tiere dort gelassen", so Richterin Schneider zur Angeklagten. "Und nun ist ein Pferd tot."

Der Angeklagten gelingt ein kleiner Teilerfolg. Als Bemessungsgrundlage für die Höhe der Tagessätze zieht Richterin Schneider nicht das ursprünglich geschätzte Einkommen von monatlich 3000 Euro heran, sondern 900 Euro. Sie habe kaum noch arbeiten können, soviel Zeit hätten zwei Pflegefälle in der Familie beansprucht, verteidigt sich die Angeklagte.

So ergaben sich die vereinbarten Tagessätze von 30 Euro pro Tag. Die Verurteilte will zivilrechtlich gegen den Verpächter vorgehen, auf den sie die Verantwortung abwälzen wollte. Doch vielleicht mischt sich die Tierärztekammer ein. Bei einer Tierärztin sollte sichergestellt sein, dass sie keine Tiere quält.