Pinzberg: Es gibt viel zu tun für die jüngste Bürgermeisterin im Landkreis

31.3.2020, 09:00 Uhr
"Das kriegen wir alles rum": Elisabeth Simmerlein (FW), Pinzbergs frischgebackene und landkreisweit jüngste Bürgermeisterin, tritt ihr Amt während der tiefgreifendsten Krise der letzten Jahrzehnte an. Doch erstaunliche Dinge können und werden immer geschehen – wie schon ihr T-Shirt sagt.

© Giulia Iannicelli "Das kriegen wir alles rum": Elisabeth Simmerlein (FW), Pinzbergs frischgebackene und landkreisweit jüngste Bürgermeisterin, tritt ihr Amt während der tiefgreifendsten Krise der letzten Jahrzehnte an. Doch erstaunliche Dinge können und werden immer geschehen – wie schon ihr T-Shirt sagt.

Porträts neugewählter Amtsträger leben davon, dass sie die Porträtierten nahbar beschreiben, klassischerweise in einem Interview von Angesicht zu Angesicht. Es ist nicht so, dass dieses journalistische Leitmotiv in Corona-Zeiten nicht mehr gilt; doch eine globale Pandemie hat auch hier ihren Preis: Das NN-Gespräch mit Elisabeth Simmerlein (FW), der neuen Bürgermeisterin von Pinzberg, findet vorsichtshalber übers Telefon statt. „Besondere Zeiten erfordern halt ein bisschen Flexibiliät“, sagt die 29-Jährige und lacht. „Aber das kriegen wir alles rum.“

Die Betriebswirtin arbeitet ohnehin gerade im Homeoffice. Einen schöneren Amtsantritt als inmitten der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg hätte sie sich dennoch gewünscht.

Im Mai wird Simmerlein das Amt von Reinhard Seeber (CSU/BB) übernehmen, der es 24 Jahre lang inne hatte. „Für unsere Gemeinde ist das ein tiefer Einschnitt, etwas komplett Neues“, sagt Simmerlein. Doch diesen Neustart und die Aufbruchstimmung zu feiern, das sei angesichts von Corona nicht möglich und nicht angebracht. „Es ist wie es ist und wir müssen jetzt das Beste draus machen“, so Simmerlein.

Die Pandemie wird wohl noch das bestimmende Thema der ersten Wochen und Monate ihrer Bürgermeisterschaft sein. „Vor solchen Herausforderungen, sozial wie wirtschaftlich, ist noch keiner von uns gestanden“, sagt sie. Erste Hilfsleistungen in Pinzberg – allen voran ein Bringdienst für Risikogruppen, den die Mitarbeiterinnen des Kindergartens übernehmen – seien von Bürgermeister Seeber und seinem Stellvertreter Peter Andexinger bereits eingerichtet worden.

"Wir stemmen es zusammen"

Doch niemand könne genau sagen, wie sich die Situation entwickle. „Ich denke, wir werden von Wochen zu Wochen und von Tag zu Tag schauen müssen, wie es weitergeht“, meint Simmerlein. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Landkreis und innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft (mit Kunreuth und Wiesenthau) sei in der Krise jedenfalls unabdingbar. „Zusammen stemmen wir das Ganze auf jeden Fall“.

Viel Verantwortung für eine Frau, die erst elf Jahre alt war als zwei Flugzeuge in das World Trade Center rasten – und auf erschütternde Weise das 21. Jahrhundert als eine Zeit bröckelnder Sicherheiten einläuteten. Der Beruf des Politikers hat im Zuge aller darauffolgenden Krisen nicht gerade an Ansehen gewonnen, mit dem Internet haben berechtigte Kritik wie auch blanke Hetze gegen Amts- und Würdenträger rapide zugenommen.

Wieso will sich das eine 29 Jahre alte Frau, ledig, mit gutem Job, eigentlich antun? Ein Blick in Simmerleins Vita verrät wenig, „so viel zu erzählen, gibt es da aufgrund meines Alters noch nicht“, sagt sie selbst. Nach der Grundschule in Pinzberg und dem Abi im Gymnasium in Ebermannstadt studierte sie erst Jura, sattelte bald auf Betriebswirtschaft um und arbeitet heute bei einer Versicherungsagentur. Sie hat eine drei Jahre jüngere Schwester, würde als Henkersmahlzeit zu Sülze und Presssack vom Opa (einem gelernten Metzgermeister) tendieren und lebt im beschaulichen Pinzberger Ortsteil Elsenberg, im gleichen Haus wie ihre Eltern.

Simmerlein aber ist mitnichten eine politische Neu- beziehungsweise Quereinsteigerin: Durch besagten Großvater, den langjährigen FW-Gemeinde- und Kreisrat Otto Simmerlein, war die Lokalpolitik schon früh ein Thema. 2008 schnupperte sie als 17-Jährige Wahlkampfluft, begleitete ihren Opa, der eine Art Mentor wurde, auf Veranstaltungen in der Region – „und das hat mir gefallen“. Dann kam eins zum anderen: Simmerlein wurde erst Kreisvorsitzende, dann Vize-Landeschefin der Jungen Freien Wähler. „So habe ich angefangen, mich zu vernetzen.“ Menschen kennenlernen, mit ihnen vor Ort über Sorgen und Nöte sprechen, sich engagieren – dieses „Hobby“ (Simmerlein: „Denn das geschah ja alles in der Freizeit“) habe sie damals für sich entdeckt und es wurde zu ihrer „Leidenschaft“.

Mit dem heutigen bayerischen Umweltminister und Mit-Pinzberger Torsten Glauber hatte sie zudem einen einflussreichen Unterstützer bei den FW. 2014 gab sie „Vollgas“, machte eigenen Wahlkampf und wurde mit 23 Jahren prompt in den Forchheimer Kreistag sowie in den Pinzberger Gemeinderat gewählt. Und am 15. März 2020 schließlich zur neuen Bürgermeisterin.

Erst das Amt, dann der Job

Dieses Amt ist in Pinzberg, mit seinen rund 1950 Einwohnern, nach wie vor ein Ehrenamt. Was wird jetzt aus Simmerleins Job bei der Versicherung? „Das werde ich so regeln müssen, dass ich genug Zeit für das Bürgermeisteramt habe“, sagt sie. Denn ihre künftige Tätigkeit im Rathaus sei „vorrangig“ und „danach werde ich meinen Beruf richten“.

Ganz einfach sei das natürlich nicht, „gerade als junger Mensch muss man sich diesen Weg gut überlegen“. Sie hat es getan – und beachtliche 64,5 Prozent der Wähler in Pinzberg trauen ihr zu, dass sie die Gemeinde in die Zukunft führen kann. Eine Zukunft, in der die Corona-Krise irgendwann überwunden sein wird. Dann könnte sie auch wieder ihren anderen „Hobbys“ nachgehen, seien es Spaziergänge mit Freunden in der Fränkischen oder „mal wieder in die Disco mit meinen Mädels“.

Was jenseits von Corona auf Simmerleins politischer Agenda steht? „Laufende Projekte wie die Bahnhofsstraße in Gosberg müssen abgeschlossen werden“ erklärt sie. Auch „kleinere Maßnahmen mit großer Wirkung“ möchte sie angehen: Die Aufrüstung und Modernisierung von Spielplätze oder die Verbesserung der Schulwegsicherheit nennt sie als Beispiele.

Und da wären noch die „großen, langfristigen Themen“, die sie anpacken will – wie der Hochwasserschutz, die Verkehrsproblematik in Gosberg oder die gesicherte Wasserversorgung der Gemeinde. Hinzu kommen neue Wohnkonzepte für Senioren und der stetige Ausbau von Kita-Plätzen: „Hier dürfen wir uns nie zurücklehnen und ausruhen.“ All das möchte Elisabeth Simmerlein in den Rahmen einer „bürgernahen, bürgerfreundlichen Verwaltung“ bringen.

Es ist und bleibt also viel zu tun – ob in außergewöhnlichen Zeiten einer Krise oder in den Jahren danach; für die jüngste Bürgermeisterin im Landkreis Forchheim.

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