Lärm und gefährliche Situationen

Raser-Problem in Forchheim? Stadt und Polizei wollen handeln

16.10.2021, 08:02 Uhr
Der „Enforcement Trailer“ zur Geschwindigkeitskontrolle kam im Frühjahr zum ersten Mal in Forchheim zum Einsatz. Er wird an Unfallschwerpunkten aufgestellt.  

© Stefan Hippel, NN Der „Enforcement Trailer“ zur Geschwindigkeitskontrolle kam im Frühjahr zum ersten Mal in Forchheim zum Einsatz. Er wird an Unfallschwerpunkten aufgestellt.  

Hat Forchheim ein Raser-Problem? Welche Straßen sind am stärksten betroffen? Welche Gefahr geht davon für Fußgänger und Radfahrer aus? Wie können Stadt Forchheim und Polizei handeln? Und was macht die Autoposer-Szene aus? All das war Thema im jüngsten Haupt-, Personal- und Kulturausschuss des Forchheimer Stadtrats.

Sitzungsleiterin Annette Prechtel (FGL) machte gleich zu Beginn den Ernst der Lage klar: "Das ist eine Sorge im Bereich Sicherheit, die sich in den letzten Monaten verstärkt hat." Matthias Düthorn, als Sachbearbeiter Verkehr bei der Polizeiinspektion Forchheim zuständig für die Stadt und den Landkreis, berichtete von seinen Erfahrungen genauso wie Roland Brütting vom Straßenverkehrsamt der Stadt.

Diese Straßen in Forchheim sind Schwerpunkte

Beschwerden von Forchheimer Bürgerinnen und Bürgern zu überhöhten Geschwindigkeiten von Autos gab es immer wieder. In der Regel häufen sie sich im Sommer, berichtete Matthias Düthorn und erklärte zum aktuellen Stand: Die Anzahl der Beschwerden in Forchheim hat sich durchgehend auf einem Niveau gehalten. Eindeutige Schwerpunkte bilden: die Klosterstraße, Nürnberger Straße, Äußere Nürnberger Straße, Adenauerallee, Theodor-Heuss-Allee, Willy-Brandt-Allee und Burker Straße.

Rupert Meyer ärgert sich schon länger über den Verkehrslärm in der Forchheimer Klosterstraße. Tatsächlich gibt es hier laut Polizei verstärkt Beschwerden von Bürgern, genauso wie in sechs weiteren Straßen in Forchheim.  

Rupert Meyer ärgert sich schon länger über den Verkehrslärm in der Forchheimer Klosterstraße. Tatsächlich gibt es hier laut Polizei verstärkt Beschwerden von Bürgern, genauso wie in sechs weiteren Straßen in Forchheim.   © Berny Meyer, NN

Und Forchheim habe eine Besonderheit: "Es gibt eben viele Alleen, auf denen man auch schnell fahren kann und wir haben hier eine Tunerszene." Ein Anwohner in der Klosterstraße ärgert sich schon lange über den Verkehrslärm: "Die halten sich einfach nicht an die Zone 30. Ich verstehe nicht, warum nicht mehr kontrolliert wird. Die Stadt macht einfach nichts - und das seit Jahren", sagt Rupert Meyer. Er findet: "Die Stadt muss endlich etwas machen und sich auch konkrete Ziele setzen."

Wie Raser gezügelt werden

Um Raser ins Visier zu nehmen, greift die Polizei auf verschiedene Maßnahmen zurück. Die Polizei Forchheim überwacht mit der Verkehrspolizei Bamberg die Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkungen. "Es gibt zum Beispiel fest installierte Blitzer, Lasern, was Mobile übernehmen, die Autos anhalten, und sogenannte Dialogdisplays." Sie zeigen einen grünen Smiley, wenn man angemessen fährt, und einen roten Smiley, wenn man zu schnell unterwegs ist.

"Sie lassen sich auch mit einem individuellen Text versehen, wie 'Achtung Schule' oder 'Bitte fahren Sie langsam'", erklärt Brütting. Sie würden auch erwiesen gute Effekte erzielen, sagt Düthorn: "Man wird eben lieber von einem grünen Smiley angegrinst als von einem roten böse angeschaut." Und: sie können auch ausgewertet werden.

18 Fahrverbote nach fünf Tagen Kontrolle

Wenn sich Beschwerden häufen, gibt es die Möglichkeit, den "Enforcement Trailer" anzufordern, einen Anhänger mit Messtechnik, der im Bereich von Unfallschwerpunkten für mehrere Tage am Stück aufgestellt wird. "Den gibt es noch nicht lange bei der Polizei Oberfranken", erklärt er. Im Frühjahr dieses Jahres kam er erstmals in Forchheim zum Einsatz - und lieferte neue Erkenntnisse.

Beschwerden von Forchheimern zu überhöhten Geschwindigkeiten gab es immer wieder. Schwerpunkte bilden: die Klosterstraße, Nürnberger und Äußere Nürnberger Straße, Adenauerallee, Theodor-Heuss- und Willy-Brandt-Allee und Burker Straße (in rot gekennzeichnet).

Beschwerden von Forchheimern zu überhöhten Geschwindigkeiten gab es immer wieder. Schwerpunkte bilden: die Klosterstraße, Nürnberger und Äußere Nürnberger Straße, Adenauerallee, Theodor-Heuss- und Willy-Brandt-Allee und Burker Straße (in rot gekennzeichnet). © NN-Grafik

"Er stand fünf Tage lang an der Äußeren Nürnberger Straße nahe der Unterführung bei der Brücke", erklärt Düthorn auf NN-Nachfrage. Das Besondere: "Er ist mit speziellen Akkus ausgestattet, blitzt 24 Stunden lang ganz alleine und kann für mehrere Tage aufgestellt werden." Das Ergebnis nach fünf Tagen in Forchheim: 78 Anzeigen, davon 18 Fahrverbote und 259 Verwarnungen. Der schnellste Fahrer war mit 93 km/h bei erlaubten 50 unterwegs. "Man kann also mit Sicherheit sagen, es wird zu schnell gefahren. Und das sogar an dieser Stelle, wo unmittelbar danach eine Ampel kommt."

So laufen Forchheims Autotuner-Treffen

Die Polizei Forchheim stellt fest: Beschwerden im Zusammenhang mit der Tunerszene halten sich in Grenzen. Matthias Düthorn betont gleich zu Beginn: "Es ist ganz wichtig, da zu unterscheiden." Der überwiegende Teil der Tuner treffe sich friedlich. Problematisch seien nur "ein paar Ausnahmen und Autoposer, die ihre Runden drehen und sich nicht an Regeln halten."

Zum Beispiel finden immer wieder Treffen auf dem E-Center-Parkplatz oder bei der Agip-Tankstelle statt. "Einige stellen Klappstühle auf, man hört Musik und unterhält sich, spielt Ball oder raucht Shisha." Zuletzt stellte die Polizei fest: Freitags sind die Treffen beliebter als samstags. Gegen 19.30 Uhr war mit sechs Fahrzeugen und zehn Personen noch wenig los, am späten Abend mit 40 Fahrzeugen und 100 Personen schon mehr.

Aber: Es sei eben auch einfach ein Treffpunkt für junge Leute, der gerade in Lockdown-Zeiten beliebt geworden sei - und es habe zuletzt keinerlei Beschwerden von Anwohnern gegeben. "Nur einzelne schwarze Schafe sind das Problem, Ausreißer nach oben hin, von denen eben eine potenzielle Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausgeht", sagt Brütting. Für diese brauche es gezielte politische Maßnahmen.

Autolärm im Umfeld der Außen-Gastronomie

Weniger die Tuner an sich, sondern besonders Poser nahe Außen-Gastronomie seien ein Problem, in der Wiesentstraße, Hornschuchallee und am Paradeplatz, sagten mehrere Stadträte. Gerhard Meixner (FGL) fragte nach Veränderungen am Fahrzeug und Strafmaß bei Raserei. Er verwies auf Erlangen, wo streng kontrolliert werde und viele erwischt würden. "Das ist dann eine Lehre."

Matthias Düthorn stimmte zu, dass Ahnden richtig und wichtig sei. Nur bei Fahrzeugveränderungen sei es schwer: "Das Auto wird sichergestellt und dem Tüv vorgeführt. Dann erhält es derjenige zurück mit der Auflage, es zurückzubauen. Das war es."

Manfred Hümmer (FW) zählte auf, wo er schon überall laute Auto-Poser erlebt habe, wenn er in Gastronomien war. "Innerhalb einer Stunde sieben Fahrzeuge. Einer hat zig Runden gedreht." Einige würden regelmäßig auf kurzer Strecke massiv beschleunigen und dann vom Gas gehen. "Das ist für Fußgänger und Radfahrer nicht einschätzbar und macht es gefährlich." Auch Gastronomen hätten ihm schon ihr Leid geklagt. Frank Streit (CSU) schlug Bodenwellen vor, wobei Brütting zu Bedenken gab, dass das für den Winterdienst, Rettungswagen und Fahrradfahrer nicht ideal sei.

Kommunale Verkehrsüberwachung einführen?

Das Verkehrsamt hat festgestellt: Das durchschnittliche Geschwindigkeitsniveau zeigt keine alarmierende Werte, "allerdings sind immer wieder besorgniserregende Spitzenwerte festzustellen". Und: Die Messungen können nicht flächendeckend und engmaschig durchgeführt werden.

Matthias Düthorn von der Polizei Forchheim und Roland Brütting vom Straßenverkehrsamt sprachen sich dafür aus, dass die Stadt eine kommunale Verkehrsüberwachung für den fließenden Verkehr einführt. Einige Orte im Landkreis haben das bereits getan: Ebermannstadt, Eggolsheim, Heroldsbach und Hausen beim Zweckverband kommunale Verkehrsüberwachung Südostbayern. Man könne Mitglied werden oder die Aufgabe übertragen.

Attrappen statt teure mobile Blitzer?

Atila Karabag (SPD) schlug vor, diese Gemeinden von ihren Erfahrungen berichten zu lassen sowie als Alternative zu teuren mobilen Blitzern mit Attrappen zu arbeiten. Bei der Debatte zeigten sich nahezu alle Stadträte, offen, die kommunale Verkehrsüberwachung in Betracht zu ziehen. Josua Flierl (CSU) gab aber zu Bedenken, dass es "beim Lärm Unterschiede gibt zwischen subjektivem und objektivem Empfinden." Manche Bürger beschwerten sich einfach mehr. Er sehe nicht, dass Forchheim ein großes Problem mit Verkehrssicherheit habe.

Matthias Düthorn widersprach: "Ich traue mir zu mit meiner Erfahrung zu sagen: Ja, es ist ein Problem." Flierl sah zudem Kontrollen als "hoheitliche Aufgabe der Polizei". Manfred Hümmer (FW), selbst Polizist, antwortete: "Für die Verkehrsüberwachung braucht es ausgebildetes Personal und besondere Technik." Am Ende fiel der Beschluss einstimmig, dass die Möglichkeiten der kommunalen Verkehrsüberwachung erarbeitet werden sollen und in die Haushaltsberatungen einfließen soll, dass weitere mobile Geräte zur Geschwindigkeitskontrolle angeschafft werden.

0 Kommentare