Starke Nerven reichen nicht immer: Tipps im Umgang mit Babys in der Corona-Krise

15.4.2020, 09:00 Uhr
Starke Nerven reichen nicht immer: Tipps im Umgang mit Babys in der Corona-Krise

© Foto: Tobias Tschapka

Im Fokus der Aufmerksamkeit liegen im Moment die Schwierigkeiten berufstätiger Eltern, wenn ihre schulpflichtigen Kinder oder Kindergartenkinder zuhause betreut werden müssen. Die Beschäftigung der Kinder in Zeiten von Corona zu gewährleisten und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, ist herausfordernd. Kaum beachtet werde aber in dieser Zeit noch die Gruppe der Babys und Kleinkinder, teilt die Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungsstelle für den Landkreis Forchheim mit.

Zumindest für Familien mit kleinen Babys scheint sich ja nicht viel geändert zu haben, könnte man denken, heißt es. Kaum ein Kind komme in eine Krippe, bevor es zumindest ein halbes Jahr ist. Das Kind ist sowieso zuhause und wird nun weiterbetreut wie immer. Aber ist das wirklich so?

In die Erziehungsberatungsstelle Forchheim kommen auch Familien mit ganz kleinen Kindern. Babys, die durch unstillbares Schreien auffallen oder die die Nacht für sich und ihre übermüdeten Eltern zum Tag machen. Neben vielen Hilfsmöglichkeiten wie beispielsweise dem Erstellen von Schlafprotokollen und deren Auswertung sowie Aufklärung über entwicklungsbedingte Besonderheiten, liegt in der Beratung solcher belasteten Familien das Hauptaugenmerk darauf, Entlastungsmöglichkeiten für die Eltern zu schaffen. Diese Entlastungsmöglichkeiten sind in manchen Familien geradezu lebensnotwendig.

Denn dauernder Schlafentzug der Eltern oder langanhaltende Beschallung mit übermäßig starkem Babygeschrei bringt Menschen extrem an ihre körperlichen und nervlichen Grenzen und kann regelrecht wie Folter empfunden werden, heißt es.

Da brauche es dringend einen Ausgleich, um die Beziehung zum Kind nicht zu gefährden oder im schlimmsten Fall nicht in Aggression gegen das Kind umzuschlagen. Doch wie soll Entlastung aussehen, wenn die Großeltern in Corona-Zeiten möglichst nicht mit kleinen Kindern zusammenkommen sollen und so die Eltern nicht entlasten können? Und was tun, wenn auch Andere nicht einspringen dürfen, da über die Kernfamilie hinaus keine Kontakte erlaubt sind?

In diesem Fall sei es unerlässlich, dass beide Elternteile offen miteinander umgehen. Es sei wichtig, sich einzugestehen, wenn man nicht mehr kann. Besser noch: Miteinander reden, bevor man nicht mehr kann. Dann gelte es zu überlegen: Was wäre für mich wirklich entspannend? Raus gehen und Sport treiben? Den Partner/die Partnerin mit dem Kind raus schicken und auf dem Sofa lesen? Sich in die Badewanne legen oder mit der besten Freundin telefonieren? Oder einfach auch die Erlaubnis zu bekommen, mal für eine Stunde sich um nichts, was mit Haushalt und Baby zu tun hat, kümmern zu müssen?

Solch kleine Auszeiten könnten zwar das Grundproblem nicht lösen, aber mit ein wenig mehr Ruhe und Nervenstärke könne man die Belastung besser aushalten.

Vielleicht hat der Partner auch noch ein bisschen bessere Nerven und kann derzeit etwas mehr von der Betreuung übernehmen als bisher, rät die Beratungsstelle.

 

Reaktion kann lebensgefährlich sein

 

Elternteile, die nach einer Trennung ganz alleine mit einem Säugling sind, können sich in der gerade herrschenden Situation noch viel weniger Unterstützung holen. Hier gehe es eher darum, über Notfallpläne nachzudenken: Was hilft mir, ein wenig runterzukommen, wenn mein Kind schon seit zwei Stunden schreit und ich immer wütender werde?

Der Rat der Experten: Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Wut und Ihre Verzweiflung überhand nehmen, dann legen Sie Ihr Kind sicher in seinem Gitterbettchen ab und geben Sie sich Zeit, sich zu beruhigen. Sie dürfen den Raum auch für kurze Zeit verlassen. Rufen Sie eine vertraute Person an, die Sie am Telefon unterstützt. Auf keinen Fall lassen Sie es so weit kommen, dass Sie Ihr Kind schütteln, das kann lebensgefährlich sein.

Ferner heißt es: Holen Sie sich professionelle Unterstützung. Auch in Corona-Zeiten finden Sie kostenfreie Beratung für Eltern von (Schrei-)Babys und Kleinkindern bei der Erziehungsberatung Forchheim. Auch über das Telefon ist eine Analyse Ihrer individuellen Situation möglich und es kann an Verbesserungen gearbeitet werden. Greifen Sie zum Hörer. In der Regel reichen ein bis vier Gespräche für eine Verbesserung der Situation in dem Umfang, dass Sie gut damit leben können.

Wer Fragen an die Beratungsstelle hat, kann sich auch bei den Nordbayerischen Nachrichten melden. Wir leiten die Fragen gerne weiter. Sie erreichen uns per E-Mail unter redaktion-forchheim@pressenetz.de. Ihre Fragen behandeln wir natürlich vertraulich.

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