Stephan Lössl führt Werk seiner verstorbenen Frau weiter

2.1.2018, 10:00 Uhr
Stephan Lössl führt Werk seiner verstorbenen Frau weiter

Niemand weiß, wie lange Claudia Lössl noch zu leben hat. Wochen, Monate oder vielleicht doch Jahre? Auch wenn ihre schwere Erkrankung und die kräfteraubende Behandlung an ihr zehren – wie verbissen schreibt sie an "Skara Brae", wie das "Winterfeuer" anfangs noch heißt. "Sie hat gehofft und gekämpft." Wort für Wort, Seite für Seite, Kapitel für Kapitel werden so ihre Ideen literarische Wirklichkeit.

Stephan Lössl führt Werk seiner verstorbenen Frau weiter

© Fotos: Udo Güldner

Vielleicht ahnt sie schon, dass sie das umfangreiche Buch nicht mehr wird fertigstellen können. Als sie die Kräfte nach einem halben Jahr verlassen, liegt gerade einmal die erste Hälfte vor, und ein Exposé, das ihrem Ehemann Stephan Lössl zeigt, wohin die Handlung sich entwickeln soll.

"Diesmal hatten wir nicht, wie bei vielen ihrer Bücher, miteinander über das Werk gesprochen." Dabei war es Lössl, der seine Ehefrau dazu gebracht hatte, mit dem Schreiben überhaupt erst anzufangen. Ihre Ausflüge in die "high fantasy" mit sagenhaften Parallelwelten wurden wider Erwarten große Erfolge und fanden den Weg in renommierte belletristische Verlage.

"Sie hat immer Wert auf leicht verständliche Sprache, viele spannende Szenen, Dialoge und ganz viel Atmosphäre gelegt." Dabei hatte der passionierte Schwertkämpfer immer mal wieder Kampfszenen in den Büchern seiner Frau geschrieben und sich Anregungen bei den Fantasy-Klassikern von Autoren wie J.R.R. Tolkien ("Herr der Ringe"), Robert Anthony Salvatore ("Die Dunkelelfen") und Margaret Weis und Tracy Hickman ("Drachenlanze") geholt.

Ihre Leidenschaft für Schottland, das als "Albany" die reale Landschaft ins Fantastische spiegelte, hat sie auch in ihrem letzten Buch ausgelebt. Auf den Orkney-Inseln beginnt das epische Abenteuer, das nicht nur die Gegenwart einschließt, sondern auch die steinzeitliche Vergangenheit.

Diesmal steht die junge Caitir im Mittelpunkt des Geschehens. Sie lebt als angehende "Steinweise", eine Art Hohepriesterin, in Skara Brae, der Westbucht der Hauptinsel Mainland. Zu einer Zeit vor 5000 Jahren, als der abgelegene Ort inmitten stürmischer See ein spirituelles Zentrum seiner Zeit war.

Archäologen legten erst vor wenigen Jahren die Überreste der Megalith-Kultur frei. Seither strömen Touristen an den nördlichen Rand Europas. Und da kommt die zweite Ebene ins Bild — denn Caitir verschlägt es durch eine Zeitreise in die Gegenwart und zu Reiseleiter Andrew. Die wendungsreiche Geschichte um zornige Götter, blutige Opfer und eine feurige Liebe nimmt ihren Anfang.

"Ich habe etwa zehn Monate gebraucht, um Winterfeuer in ihrem Sinne zu vollenden." Aus der Idee der Familie Lössl, in das Land ihrer Sehnsucht umzusiedeln, wurde indes nichts — obwohl sich das seit 2004 verheiratete Autorenehepaar bereits ein Haus auf der Isle of Skye am anderen Ende Schottlands gekauft hatte. "Auf den Orkneys waren wir aber nie."

Seit 2016 lebt Stephan Lössl mit Tochter Mara am Rande Dietzhofs. Hier führt er nun den eigenen kleinen Verlag weiter, kümmert sich um die zahlreichen Werke seiner verstorbenen Frau, die zumeist unter dem Pseudonym Aileen P. Roberts erschienen sind.

Nicht nur deshalb dürfte es spannend für ihn wie die Leser spannend bleiben: "Es liegt sogar noch ein Thriller Claudias in der Schublade."

Aileen P. Roberts und Stephan Lössl, Winterfeuer, Taschenbuch, 502 Seiten, 14,95 Euro (als E-Book 4,99 Euro) ist im Buchhandel erhältlich.

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