Stichwahl: Kirschstein und Schönfelder im Vergleich

24.3.2020, 11:50 Uhr
Stichwahl: Kirschstein und Schönfelder im Vergleich

© Ralf Rödel

Drei Fragen haben wir den beiden OB-Kandidaten gestellt und sie gebeten, auf limitiertem Raum zu antworten, so dass die Wählerinnen und Wähler vergleichen können. Am Ende der dritten Antwort hält OB Kirschstein eine Überraschung parat.

Frage 1: Die Corona-Krise hat alle im Griff. Was kommt aus Ihrer Sicht auf Forchheim zu und was ist in der Zeit nach der Krise zu tun, um Forchheim und den Forchheimern wieder auf die Beine zu helfen?

Udo Schönfelder: Wir müssen im Stil von Markus Söder auch vor Ort handeln: besonnen, aber konsequent. Ich hoffe, dass uns alle die Krise in gesundheitlicher Hinsicht nicht allzu hart treffen wird. Allerdings befürchte ich, dass der wirtschaftliche Schaden auch in Forchheim deutlich spürbar sein wird. Im Klinikum leistet unser Personal Übermenschliches – herzlichen Dank! Wir müssen weiterdenken, beispielsweise hinsichtlich Bettenkapazitäten. Ich habe beantragt, den Abriss der Jahnhalle für ein möglicherweise erforderliches Behelfs-Krankenhaus zu stoppen.

Neben Maßnahmen zur Prävention und zur Behandlung von Erkrankten müssen wir, um möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern, quer über sämtliche Branchen betroffene Unternehmen stützen; gerade unsere vielen kleinen mittelständischen Unternehmen oder Selbständige. Hier können Maßnahmen unserer Forchheimer Kreditinstitute oder unser Antrag auf Aussetzung von Gewerbesteuerzahlungen helfen, dies würde unmittelbar die Liquidität der Unternehmen unterstützen.

Beim NN-Forum im Februar war noch nicht die Rede davon, dass Forchheim den Landkreis verlassen würde.

Beim NN-Forum im Februar war noch nicht die Rede davon, dass Forchheim den Landkreis verlassen würde. © Ralf Rödel

Uwe Kirschstein: Wir sind gerade erst am Anfang der ersten Woche der grundsätzlichen Ausgangsbeschränkungen. Die ergriffenen Maßnahmen der Staatsregierung sind wichtig und notwendig. Die weitere Verbreitung des Corona-Virus können wir nur dann verlangsamen, wenn wir vermeidbare Sozialkontakte auch konsequent vermeiden. Das machen die Menschen. Deshalb bin ich stolz auf meine Forchheimer*innen, die alle besonnen und umsichtig auf die Ereignisse reagieren und die vereinbarten Maßnahmen umsetzen.

In Forchheim trifft es alle Menschen: Arbeitnehmer*innen genauso wie Unternehmer*innen oder Selbstständige. Deshalb habe ich mich schon letzte Woche mit der Vorstandschaft von HeimFOrteil getroffen, um konkrete Entlastungen zu vereinbaren. Es geht jetzt darum, dass wir Händlerschaft, Gastronomie und Gewerbe mit Soforthilfen unterstützen. Erhalt der Liquidität und Vorbereitung auf die Wiedereröffnung nach der Corona-Krise sind jetzt die wichtigen Maßnahmen, um die ich mich als Oberbürgermeister persönlich kümmere.

Frage 2: Bitte schildern Sie noch einmal kurz, wie Sie als OB dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Forchheim abhelfen wollen, dem dringendsten Problem in der Stadt?

Udo Schönfelder: Wir brauchen mehr attraktiven und bezahlbaren Wohnraum! Und zwar in allen Stadtteilen,die in etwa gleichberechtigte Perspektiven für ein qualitatives Wachstum erhalten. Bislang gab es zu viel Überhitzung hier und Stillstand dort. Konzepte, wie den Fachplan Wohnen, gibt es genug. Diese müssen nun unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Corona-Krise schnellstmöglich umgesetzt werden. Wie will ich das erreichen? Durch möglichst günstige Baulandzurverfügungstellung auch für Private („Muskelhypothek“), auch mittels Erbpacht, durch enge Kooperationen auch mit Bauträgern und Genossenschaften sowie durch standardisierte Planungen und Bauausführungen.

Zielsetzung: attraktiver, bezahlbarer Wohnraum, ökologisch orientiert und zunehmend barrierefrei. Wo städtebaulich vertretbar auch mit einem oder zwei Geschossen oben drauf, ggf. auch auf Supermärkten. Darüber hinaus durch konkrete Unterstützung mittels eines leistungsfähigen Bauamtes sowie in finanzieller Hinsicht mittels kommunaler Förderprogramme.

Uwe Kirschstein: Die hierzu zwingend notwendigen Schritte wurden bereits umgesetzt und sind seit 1. Mai 2019 in Kraft. Letztlich ist der Stadtrat nach anfänglichen großen Protesten fast einstimmig meinem Vorschlag gefolgt: das neue Baulandmodell enthält nun erstmals einen Bauzwang auf rund 70% der privaten und auf 100% der städtischen Flächen. Für alle gilt jetzt verpflichtend, dass 30% geförderter Wohnungsbau hergestellt werden muss.

Neu ist auch, dass jetzt jegliche Möglichkeit ausgeschlossen wurde, sich aus dieser Verpflichtung herauskaufen zu können. Denn eines muss jedem klar sein: Wer mit dem Wohnungsbau Geld verdienen will, muss auch in den geförderten Wohnungsbau investieren. Im geförderten Wohnungsbau gilt eine Mietpreisbindung für 25 Jahre mit einem angesetzten Grundpreis von ca. 7,50 €/m². Das gilt übrigens für große Neubauprojekte wie das Philosophenviertel genauso wie z.B. für kleinere Nachverdichtungen, sobald mehr als drei Wohnungen neu entstehen sollen.

Frage 3: Forchheim geht es wirtschaftlich sehr gut, vorbehaltlich der Folgen der Corona-Krise, die ja auch Auswirkungen auf die Gewerbesteuer-Einnahmen haben kann. Was ist aus Ihrer Sicht zu tun, damit das so bleibt?

Udo Schönfelder: Forchheim geht es gut, weil in den letzten 20 Jahren eine vorausschauende Wirtschaftspolitik umgesetzt wurde. Nun müssen wir anpacken und die Corona-Krise so glimpflich wie möglich gestalten, um möglichst viele Betriebe und Arbeitsplätze zu erhalten. Wichtig sind berechenbare Rahmenbedingungen, beispielsweise hinsichtlich der Gewerbesteuer. Wir brauchen wirtschaftsfreundliche kurze Entscheidungsprozesse, schnelle Internetzugänge und Gewerbeflächen, auch mittels Flächenrecycling.

Den größeren Industriebetrieben geht es relativ gut. Unsere kleineren mittelständischen Unternehmen sind das Rückgrat unserer Wirtschaft, modern und relativ krisensicher. Für das Handwerk realisieren wir einen Handwerkerhof im Forchheimer Norden sowie auch Perspektiven für unsere Stadtteile. Mehr als bisher müssen wir den Gastronomiebereich sowie den innerstädtischen Einzelhandel fördern, durch Citymanagement, durch die Reduzierung der zu vielen Leerstände sowie durch attraktive kulturelle und touristische Angebote.

Uwe Kirschstein: Die Corona-Krise hat freilich finanzielle Auswirkungen auf die Stadt. Während wir in den letzten vier Jahren jährlich rund 20 Mio. € in unsere Kindergärten, Schulen und Infrastruktur investiert haben, wurden gleichzeitig die Schulden nahezu halbiert. Auch 2020 ist noch genügend Luft für anstehende Investitionen. Das Bundesfinanzministerium hat uns aufgrund Corona empfohlen, die Gewerbesteueransätze zu senken. Im Haushaltsentwurf habe ich die geplanten Einnahmen deshalb um 25% reduziert, so dass wir wieder auf dem Niveau von 2018 liegen.

Mit derselben soliden Planung der letzten vier Jahre will ich auch in die Zukunft schauen: So werde ich einen Haushaltsplan vorlegen, der zum ersten Mal überhaupt genehmigungsfrei sein wird. Damit holen wir uns ein riesiges Stück Unabhängigkeit zurück. Gleichzeitig verbinde ich damit das klare Ziel, die Stadt Forchheim weiter in die Selbstständigkeit zu führen: als kreisfreie Stadt erhalten wir auf Dauer mehr finanzielle und mehr politische Spielräume.

So weit die Antworten der beiden Kandidaten. Die Ankündigung Uwe Kirschsteins, aus finanziellen Gründen die Kreisfreiheit anzustreben, ist dabei die größte Überraschung und ganz neu. Es würde bedeuten, dass die Stadt Forchheim den Landkreis verlässt, mit der Konsequenz, dass auch das wirtschaftliche und finanzielle Herz des Landkreises verschwinden würde. Ohne ein gutes Drittel der Einwohner und ohne die zuletzt sehr hohe Kreisumlage der Stadt Forchheim könnte sich der Landkreis vieles nicht mehr leisten, was jetzt Standard ist.

Nach der Bayerischen Gemeindeordnung können Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern mit Zustimmung des Landtages kreisfrei werden. Forchheim hat derzeit etwas mehr als 32.000 Einwohner. Landrat Hermann Ulm wundert sich über Kirschsteins Vorstoß.

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