Strafprozess nach Begegnung zweier Männer in Pottenstein

4.3.2021, 07:55 Uhr
Strafprozess nach Begegnung zweier Männer in Pottenstein

© Foto: Manfred Scherer

Der 50-Jährige soll am 20. Juli vergangenen Jahres versucht haben, einen 26-jährigen Kontrahenten anzufahren. Absichtlich. In einen Paragrafen des Strafgesetzbuchs übersetzt heißt das: Vorsätzlicher gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, mit einer Strafdrohung von maximal zehn Jahren Freiheitsstrafe. Im Fall des 50-Jährigen listete die Anklage weitere Delikte auf: Gefährliche Körperverletzung, vorsätzliche Körperverletzung und Beleidigung.

Ein Kleinkrieg

Schauplatz der angeklagten Taten war der Bayreuther Berg in Pottenstein. Hier führt eine von Weidmannsgesees kommende schmale Straße steil hinab in die Stadt. Rechter Hand sieht man die Burg thronen. Direkt neben der Straße der Friedhof, dahinter die katholische Kirche St. Kunigund. Was sich diesseits der Friedhofsmauer abspielte, war ein Kleinkrieg.

Den Berg hinab fuhr der angeklagte Handwerker mit seinem Auto und einem beladenen Anhänger hinten dran. Der Mann wollte zur nächsten Baustelle. Kam aber nicht weiter. Denn den Berg hinauf kam ihm ein Bus entgegen. Vor dem Handwerker fuhr eine Frau, die ihren Wagen stoppte. Zu eng erschien der Fahrerin die Situation. Auch der Busfahrer stoppte.

Der Angeklagte berichtet im Prozess dem Schöffengerichtsvorsitzenden Daniel Götz dies: Die Frau habe den Rückwärtsgang eingelegt, "ich hupte". Die Frau sei ausgestiegen, "Ich sagte: Gute Frau, warum fahren sie nicht weiter?" Die Fahrerin habe geantwortet: "Ich bin nicht ihre gute Frau", habe "hektisch" hin- und her rangiert und sei schließlich wieder den Berg hinaufgefahren.

Während der Handwerker sich daran machte, sein Gespann auf den Gehsteig zu manövrieren, um an dem Bus vorbei zu kommen, sah er den Busfahrer zu Fuß auf sich zukommen, "mit Maske auf dem Gesicht". Der Angeklagte sagt, er habe dem Busfahrer gesagt, er solle halt weiterfahren, worauf er die Antwort bekommen haben will, "ich soll ihn nicht anreden, ich hätte keine Maske auf". Der Aufforderung, am Berg zurückzufahren, habe er abgelehnt, sagt der Angeklagte: "Ich hatte 300 Kilo auf meinem Hänger, wie soll das gehen?" Dann habe er dem Busfahrer angekündigt, er werde sein Gespann nun über den Gehsteig an dem Bus vorbeisteuern. "Ich lasse also die Kupplung langsam kommen – da steht der vor meinem Auto, schlägt die Hände auf die Motorhaube. Seine Augen waren blutunterlaufen." Hysterisch habe der Busfahrer geschrien: "Du fährst nicht in meinen Bus. Seine Augen waren blutunterlaufen. Ich war schockiert. Ich fragte ihn, ob er bescheuert ist."

Die Situation eskalierte weiter: Der Busfahrer habe die Türe seines Autos aufgerissen, habe versucht "mir ins Lenkrad zu greifen": "Ich stand auf der Bremse, ich dachte ständig: Wenn der mich rauszieht, passiert ein Unglück." Schließlich habe er den Busfahrer aus seinem Auto "rausgeschmissen". Eine Passantin rief: "Jetzt schlagen sie sich gleich, ich ruf jetzt die Polizei an." Im Beisein der Ordnungshüter habe er dann sein Gespann an dem Bus vorbei manövrieren dürfen. Der Angeklagte sagt einerseits: "Es war Abwehr eines Angriffs", andererseits gibt er zu: Ja, er sei verärgert gewesen, er habe sicherlich Schimpfworte gebraucht.

"Vors Auto gesprungen"

Doch – was ist mit dem Hauptvorwurf der Anklage, dem vorsätzlichen Anfahren des Busfahrers? Der habe schließlich Prellungen an den Schienbeinen und eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen, fragt der Gerichtsvorsitzende. "Ich habe keinen Schmerzensschrei gehört", sagt der Angeklagte, konnte aber nicht ausschließen, dass der Busfahrer an den Schienbeinen verletzt wurde, als er ihm "vors Auto gesprungen" sei. Die Gehirnerschütterung kann er nicht erklären.

Aber der Busfahrer kann das: "Ich wollte ihn freundlich ansprechen, ich hatte Schulkinder an Bord." Der Angeklagte habe aber unfreundlich reagiert, die Autofahrerin, die vor ihm anhielt als "blöde Kuh" tituliert: "Ich dachte er fährt in meinen Bus rein." Er erinnere sich einzig noch an die rote Farbe des Autos, das auf ihn zukam und gegen seine Schienbeine stieß. Da habe er sich entschlossen, die Beifahrertüre an dem Handwerkerauto zu öffnen, um den Kontrahenten zu stoppen. Der habe ihm die Jacke über den Kopf gezogen, er habe einen Schlag auf den Kopf bekommen: "Ich hatte Angst, er schmeißt mich gleich über die Friedhofsmauer den Berg hinunter."

Geldstrafe verhängt

Das Schöffengericht löste den Fall nach dem Grundsatz: Einer allein kann nicht streiten. Nach einem Rechtsgespräch mit Staatsanwalt und Verteidigung fiel der Vorwurf des vorsätzlichen Eingriffs in den Straßenverkehr weg, übrig blieb der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung, allerdings in einem minder schweren Fall. Der nicht vorbestrafte Handwerker wurde zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 20 Euro verdonnert, teilte Justizsprecher Clemens Haseloff auf Anfrage mit. Von einem Fahrverbot nahm das Schöffengericht Abstand: Der Handwerker sei beruflich auf seinen Führerschein angewiesen.

Keine Kommentare