Studie: Sind Krankenhäuser wie das Klinikum Forchheim vor dem Aus?

23.7.2019, 06:00 Uhr
Studie: Sind Krankenhäuser wie das Klinikum Forchheim vor dem Aus?

© Foto: Klinikum

Oelkers Problem: Die Experten der Bertelsmann-Studie hätten ihre Untersuchungen nur im dichten Ballungsraum Köln-Leverkusen durchgeführt, die Ergebnisse aber einfach für ganz Deutschland verallgemeinert. "Wenn wir in Bayern so eine Studie machen würden und sagen, sie gilt genauso für Köln, würde jeder denken: So ein Quatsch."

Die Studie sorgt derzeit bundesweit für Aufregung. In ihr erklären Wissenschaftler unter anderem, dass nur Kliniken mit großen Fachabteilungen und vielen Patienten ausreichend Erfahrung für sichere Behandlungen von beispielsweise Herzinfarkten hätten. Viele Komplikationen und Todesfälle seien vermeidbar, wenn man Mediziner und Pflegepersonal auf weniger Häuser mit einer Top-Ausstattung konzentriere.

Klinikum sowieso nicht betroffen

Oelkers sieht das ganz anders: "Die Studie geht nach dem Prinzip ,Größer gleich besser‘. Allerdings ist die Hausgröße oft nichtssagend über die Qualität." Als Beispiel nennt er den Standort in Ebermannstadt. Dort gebe es zwar nur 80 Betten, allerdings sei man dort auf Kardiologie spezialisiert und für Herzinfarkte deutlich besser gerüstet als so manche große Klinik, so Oelkers. "Und die Behauptung, eine Uni-Klinik kann ja alles, stimmt so natürlich auch nicht."

Doch selbst wenn die Politik den Empfehlungen der Studie folgen sollte, brauchen sich die Menschen im Landkreis keine Sorge um ihr Klinikum machen. Die Wissenschaftler schlagen Schließungen von Häusern mit weniger als 100 Betten vor. "Mit insgesamt 225 Betten sind wir davon weit entfernt", beruhigt er.

Studie: Sind Krankenhäuser wie das Klinikum Forchheim vor dem Aus?

© Foto: Roland Huber

Oelkers hält die pauschale 100-Betten-Grenze für wenig hilfreich. Während Zusammenlegungen in Städten durchaus Sinn machen könnten, müssten "Patienten oder ein Rettungswagen im Bayerischen Wald eine Stunde länger zum nächsten Krankenhaus fahren." Er wirft den Machern der Studie vor, zu wenig auf die alltägliche Praxis geachtet und daraus fragwürdige Schlüsse gezogen zu haben. So beispielsweise auch beim Thema Fachkräftemangel: Die Wissenschaftler wollen das Problem mit den Zusammenlegungen lindern und gehen davon aus, dass Pflegekräfte dann von ihrem alten Arbeitgeber in größere Kliniken wechseln.

"Sind selbst denkende Menschen"

Hier kollidieren laut Oelkers aber Theorie und Praxis: Man könne die Fachkräfte aber nicht zwingen, in die Klinik zu wechseln, wo man sie gerade haben möchte, kritisiert er. "Das sind doch selbst denkende Menschen." Womöglich seien viele gar nicht bereit, kilometerweit in die nächstgrößere Stadt zu fahren oder würden sich neu orientieren: "Pflegekräfte werden ja nicht nur in Krankenhäusern, sondern zum Beispiel auch in Seniorenheimen dringend gesucht." Statt plakativer Studienergebnisse fordert der Klinik-Chef eine umfassende Krankenhaus-Strategie: "Unsere Hauptprobleme sind fehlende Pflegekräfte und die Unterfinanzierung."

Personal gewinne man nicht durch Umstrukturierungen, sondern in dem man schlichtweg den Beruf attraktiver mache und besser bezahle, so Oelkers. "Gerade jetzt, wo die Anforderungen an Pflegerinnen und Pfleger immer mehr steigen."

Bedarfsplanungen machen aus seiner Sicht nur für eine bestimmte Region Sinn, auch im Hinblick auf die Ausrichtung der Häuser. Im ländlichen Raum gebe es kaum noch niedergelassene Ärzte, so Oelkers. Deshalb müssten Kliniken dort oft deren Funktion mit übernehmen – und daher möglichst einfach zu erreichen und ambulant aufgestellt sein. In anderen städtischen Regionen gibt es diese Probleme hingegen kaum.

Ein Trostpflaster hat Oelkers aber noch für die Macher der Studie: "Es gibt doch jetzt schon deutlich weniger Krankenhäuser als noch vor zehn Jahren." 2009 waren es bundesweit noch 500 mehr.

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