Süße Klänge — kalte Füße

22.12.2006, 00:00 Uhr

Veni, veni, Emmanuel, zu deutsch etwa «Der Herr sei mit uns“, war ein Gebetsruf, der bereits viele Jahrhunderte vor Christi Geburt die Sehnsucht der Völker nach Frieden und einem Retter ausdrückte, wie Pater Rektor Josef Stöckl zu Beginn des Chor-Konzerts in der Klosterkirche erläuterte. Er rezitierte auch die Texte der so genannten O-Antiphonen, Wechselgesänge, die seit dem 12. Jahrhundert an den acht Tagen vor dem Heiligabend in der Vesper gesungen wurden.

Das Forchheimer Vokalensemble intonierte diese frühkirchlichen Weisen in einer Bearbeitung und unter der Leitung ihres Dirigenten Franz-Josef Saam. Das Programm des Adventskonzerts schlug eine kirchenmusikalische Brücke vom 13. bis zum 20. Jahrhundert, verband und konfrontierte alte Kirchenlieder mit neuen Chorsätzen. So Nikolaus Herrmanns «Wir singen dir, Immanuel“ von 1570 und «O Heiland, reiß die Himmel auf“ aus dem Rheinfelsischen Gesangbuch (Augsburg 1666) im Chorsatz Ernst Peppings (1901 bis 1981), oder «Uns kommt ein Schiff gefahren“ aus dem Andernacher Gesangbuch (Köln 1608), bearbeitet von Hans Kulla (1910 bis 1956).

Besonders reizvoll der Wechselgesang zwischen Bachs «Wie soll ich dich empfangen“ und Adolf Lohmanns «Tau, der von den Höhen fällt“ aus dem Jahr 1954. Mit Johann Sebastian Bachs fast überirdisch klangschönem Choralvorspiel «Nun komm der Heiden Heiland“ mit Georg Schäffner an der Orgel schloss dieser Programmteil, der nebenbei auch demonstrierte, dass die katholisch-protestantische Ökumene zumindest in der Kirchenmusik keinerlei Probleme bereitet.

Maria zu Ehren

Ein zweiter Abschnitt war der Marienverehrung gewidmet, in Sätzen von Beckerath (1901 bis 1978), Hansmaria Dombrowski (1897 bis 1977), Hugo Distler (1908 bis 1942) und Franz-Josef Saam (geb. 1940). Eine angenehme Auflockerung erfuhr das Chorkonzert durch das Kloster-Quartett (Ulrike Schreyer, Erwin Hahner und Birgit Schmidt sowie Franz-Josef Saam am Cembalo), das die stilbildende Triosonate 1 in F-Dur von Arcangelo Corelli (1653 bis 1713) anmutig interpretierte, und durch die beschwingt von Georg Schäffner gespielte Orgelsuite von Claude Balbastre (1722 bis 1799) über das altfranzösische Weihnachtslied «Votre bonté grand dieu».

Den Abschluss bildete Hugo Distlers Choralpartita «Es ist ein Ros entsprungen“. Das Vokalensemble meisterte mit sicherer Intonierung die schwierige Kontrapunktik der breit schwingenden Chorsätze, über denen die helle Altstimme von Johanna Schatz strahlend schwebte: «Das Röslein, das ich meine“. Die zahlreichen Konzertbesucher taten im übrigen gut daran, sich warm anzuziehen, denn die süße Harmonik der Chorstimmen, besonders in den gedämpfteren Piano-Partien, wärmte zwar empfängliche Seelen, leider aber nicht ihre Füße. MANFRED SCHWAB