Trainings-Show aus dem Esszimmer

29.3.2020, 16:42 Uhr
Trainings-Show aus dem Esszimmer

© Ellen Rössler

Mit überwältigendem Erfolg, wie Ellen Rössler berichtet: "Normalerweise sind zehn bis 15 Leute in der Halle, bei unserer Premiere am vergangenen Montag lief das Training auf zwölf Facebook-Accounts, wobei ich erfahren habe, dass da ganze Familien vor dem Bildschirm turnten. Nach meiner Recherche waren es 28 Teilnehmer." Hinterher wurde der einstündige Beitrag eebnfalls noch häufig angeklickt - insgesamt 126 Mal. Das liegt sicherlich auch an der Vernetzung mit den Frankenjoggern, denen die SH Nuenkirchen seit diesem Jahr angehört.

"Das motiviert mich natürlich weiterzumachen", sagt die 40-Jährige, die am heutigen Montag ab 19 Uhr wieder die Kamera in ihrem Esszimmer anschaltet. Eigentlich könne das speziell auf die oft eher unbeweglichen Läufer Training auch "Bauch, Beine, Po" heißen, aber mit der Bezeichnung "Athletentraining" bringe man auch die Männer dazu, sich ihrer Problemzonen anzunehmen, so die Übungsleiterin.

 

Zum Glück gezwungen

 

Die übrigens zu ihrem Glück eher sanft gezwungen werden musste. "Niemals" habe sie vor einer Kamera herumturnen wollen, das sei ihr völlig fremd. Aber als ihre Kursteilnehmer klagten, dass sie ohne Training einrosten würden, ließ sie sich über die technischen Möglichkeiten schlau machen. Letztlich wurde Facebook als Portal gewählt, weil da mehr Mitglieder Zugriff hatten als beispielsweise auf Instagram. "Und beim zweiten Mal werden noch mehr dabei sein, weil sich jetzt einige noch schnell einen Account zugelegt haben", so Ellen Rössler.

Da sich auch ihre Kinder, die siebenjährige Annika und der dreijährige Henning, ohne Schule und Kindergarten sehr langweilten, war schon die Vorbereitung des Internet-Events eine willkommene Abwechslung. "Wir haben viel Spaß gehabt", so die Trainerin. Zuerst wurde überlegt, welcher Raum als Turnhalle geeignet ist, den Zuschlag bekam schließlich das Esszimmer.

Mangels Isomatten kam die Familie auf die Idee, die Buchstaben-Puzzlematte von Ikea zu benutzen. Und Annika hatte zudem die kreative Idee, mit den darin enthaltenen Zahlen den Countdown vor dem Beginn der Liveübertragung anzuzeigen.

Eine Stunde lang führte Ellen Rössler die Übungen vor ("aufs Einlaufen mussten wir zwangsläufig verzichten"), "unterstützt" von ihren Kindern, vor allem Henning turnte gerne auch mal auf der Mama rum. "Und mit Trainingsende stand das Telefon nicht mehr still", berichtet diese. Lauter positive Rückmeldungen, zig Bilder von Teilnehmern, die sich mitsamt Anhang vor dem Bildschirm aufgenommen wurden, trudelten via WhatsApp ein.

So soll das Programm natürlich weitergehen - auch ein bisschen zum Trost für die Initiatorin. "Wir waren eingeschworene vier Mädels, die richtig hart auf den Hamburg-Marathon am 19. April trainiert hatten - viermal wöchentlich, wobei wir bis zu 70 Kilometer runtergerissen haben. Dann kam die Absage. Das war, als ob wir gegen eine Wand gelaufen wären."

Doch hängenlassen gilt nicht für die leidenschaftliche Läuferin. Ebenfalls dank der Frankenjogger existiert eine App, in der die nun alleine trainierenden Sportler nicht im luftleeren Raum rennen. So kann man sich dort verabreden, an einem Wochenende die selbe Strecke zu verschiedenen Zeiten zu absolvieren. Am Ende werden die Zeiten verglichen.

Ellen Rössler hatte am Sonntagfrüh arg zu kämpfen, wie sie gesteht. Mit der frühen Uhrzeit und dem inneren Schweinehund: "Morgens alleine laufen, das ist echt ätzend und geht für mich eigentlich gar nicht." Dennoch raffte sie sich auf, schaffte die zehn Kilometer und gestand nach 1:03:35 Stunden: "Die Schnellste war ich damit nicht!"

Diese Einheiten in der freien Natur und im heimischen Esszimmer lenken ab von der beklemmenden Situation. "Es fehlt einem so viel, gerade der Austausch mit anderen Menschen", gesteht Ellen Rössler. Der Kontakt muss vorläufig eben weiter über die sozialen Netzwerke stattfinden.

 

"Wackliger" Vereinslauf

 

Im Verein muss man ja auch weiter planen. Zehn Jahre lang hatte die SG den Brandbachlauf organisiert, doch den nahm man runter vom Kalender, vor allem, weil die externe Unterstützung zuletzt immer mehr ausgeblieben war, wie die Funktionärin berichtet. Heuer sollte ein "Sommer-Trail" die Traditionsveranstaltung ablösen. Geplant war dieser mit Strecken von zehn und 15 Kilometern Ende Juni.

Ob dann schon wieder Sportveranstaltungen stattfinden dürfen, steht in den Sternen. Gewiss ist jedoch: Die SG-Läufer und die Frankenjogger können dank Ellen Rössler im Fall der Fälle locker in der Hüfte bleiben.

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