Unerschütterliche Forchheimerin feiert 90. Geburtstag

11.1.2019, 08:53 Uhr
Unerschütterliche Forchheimerin feiert 90. Geburtstag

© Udo Güldner

Christine Albert aus Orzydorf war gerade 16 Jahre jung, als sie und mehr als 350 andere Einwohner des Dorfes im Schatten Temeschburgs am Ende des Zweiten Weltkrieges in die Sowjetunion deportiert wurden. Es sollten fünf lange Jahre werden, in denen sie Zwangsarbeit in Stalino zu leisten hatte. "Wir bauten die Häuser wieder auf, von denen nur noch Mauerreste übrig waren." Daraus erwuchs im Lauf der Zeit das Zentrum des heutigen ukrainischen Donezk.

Dabei hatte Christine Bappert nach der deutschsprachigen Volksschule eigentlich Kindergärtnerin werden wollen. Doch die große Weltpolitik kam der jungen Frau mächtig in die Quere. Zurück in Rumänien, in dem nun die Kommunisten an der Macht waren, heiratete sie 1950 in Kleinbetschkerek den zwei Jahre älteren Landwirtssohn Johann Bappert, den sie im Arbeitslager kennengelernt hatte. Nach der Enteignung durch den rumänischen Staat konnte ihr Vater den Familienbetrieb, der sich auf den Hausbau spezialisiert hatte, nicht mehr weiterführen.

Christine Bapperts Ehemann suchte sich eine gut bezahlte, aber gesundheitlich gefährliche Arbeit in einer Metallgießerei in Timisoara. Sie kümmerte sich um den Haushalt, zog zwei Kinder auf, die beide den Lehrberuf ergriffen, und versorgte die Familie mit selbstgemachtem Brot und Honig da der Zucker nur auf Marken zu haben war. "Zwanzig Bienenvölker hatte ich im großen Garten rund ums Haus." Von den Qualitäten ihres Akazienhonigs schwärmt Christine Bappert noch heute.

"Keine Zukunft mehr im Land"

Als die Kinder aus dem Haus waren, arbeitete sie noch elf Jahre in einer landwirtschaftlichen Kolchose. Wenn sie noch Luft hatte, zog es die gläubige Katholikin in den Kirchenchor Kleinbetschkereks. Immer wieder versuchten die Bapperts ab 1960 mit Ausreiseanträgen, auf die andere Seite des Eisernen Vorhangs zu gelangen. Immer mehr ihrer Freunde, Kollegen und Bekannten wurden von der Bundesregierung in den 70er und 80er Jahren für "8.000 Mark pro Kopf" freigekauft. Erst 1990, da hatte man den rumänischen Diktator Nicolae Ceausescu und seine Frau Elena wenige Tage zuvor hingerichtet, konnten die Bapperts Rumänien verlassen. "Die Deutschen hatten im Lande keine Zukunft mehr."

Nach Forchheim kamen Christine Bappert und ihr Mann, weil dorthin bereits 1944 einige Verwandte geflüchtet waren. Hier liegt auch ihr Ehemann begraben, der 1995 an einer Staublunge verstarb. "Er hatte erst in den Kohlegruben im Donezkbecken geschuftet, dann während des Militärdienstes in rumänischen Bergwerken, alles ohne Masken oder Filter." Zu ihrem 90. Geburtstag tat Christine Bappert das, was sie am besten kann. Sie behielt ihren unerschütterlichen Optimismus und versorgte die Besucher, wie den stellvertretenden Landrat Edgar Büttner und Bürgermeister Franz Streit, mit selbstgebackenem Baumstamm, einer nuss-schokoladigen Banater Spezialität.

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