Unterschriften mit Sprengstoff

13.3.2020, 18:41 Uhr
Unterschriften mit Sprengstoff

© Foto: Edgar Pfrogner

Die Diskussion, die sich daraus entwickelt hat, versteht Effeltrichs Bürgermeisterin Kathrin Heimann (DEL) nicht mehr. Und sie warnt davor, ein Projekt zu zerreden. Ein gemeinsamer Kraftakt aller politischen Kräfte im Ort sei gefragt, damit es zum schon lange gewünschten Bau eines Geh- und Radweges zwischen den Orten komme. Diese Gemeinsamkeit betont auch die Gemeinderatsfraktion der CSU/ÜWG. Sie fühlt sich aber von der Petition übergangen.

Weder auf die CSU noch auf die Freien Wähler sei die Initiatorin Stefanie Brechelmacher zugegangen, während man die Bürgermeisterkandidaten der Nachbargemeinde Kunreuth über die Unterschriftenaktion informiert habe, sagt CSU/ÜWG-Gemeinderat Johannes Steinert. "Wir haben erst auf Nachfrage davon erfahren", sagt er und stellt klar: "Eine Unterschriftenaktion ist nicht verkehrt. Alle Gruppierungen im Gemeinderat sind dafür, aber wir wünschen uns ein gemeinsames Vorgehen." Nach Meinung der CSU/ÜWG sei man "vorgeprescht und ausgrenzend" vorgegangen, so Steinert. In der Aktion sieht die Fraktion eine "Wahlkampfaktion".

Das hat mit der Person von Stefanie Brechelmacher zu tun. Sie kandidiert auf Platz 13 der DEL-Liste für den Gemeinderat. Effeltrichs Bürgermeisterin Heimann widerspricht in mehreren Punkten. Brechelmacher habe die Petition als Bürgerin gestartet und als solche müsse sie nicht jeden Gemeinderat fragen, ob er die Aktion unterstütze. Ferner habe Heimann den Gemeinderat in einer Sitzung rechtzeitig auf die Aktion angesprochen. Auch Brechelmacher betont, dass es sich bei ihrem Einsatz für den Weg um "keine DEL-Geschichte" handele. Vielmehr sei die fehlende Verbindung immer wieder Thema unter Eltern, so Brechelmacher, die im Elternbeirat der Kita aktiv ist. "Der Weg nach Gaiganz ist bisher nur mit dem Auto möglich. Die Straße ist für Fußgänger oder Radfahrer unübersichtlich."

 

MdL Hofman: "Keine seriöse Politik"

 

All das bestreitet auch Steinert nicht. Schließlich werde schon seit Jahren in Effeltrich darüber gesprochen. "Die amtierende Bürgermeisterin hätte sich seit sechs Jahren darum kümmern können", sagt Steinert. Jede zur Wahl stehende Partei habe den Weg im Wahlprogramm, niemand sei dagegen.

Den Zeitpunkt und die Notwendigkeit der Unterschriftenaktion begründet Bürgermeisterin Heimann auf Nachfrage damit, dass das zuständige Straßenbauamt derzeit Geh- und Radwegeprojekte für die nächsten fünf Jahren zusammenstelle und die Frist wohl bald im Frühjahr ablaufen werde. In der Projektliste möchte sich Effeltrich wiederfinden. DEL-Gemeinderat und FDP-Landtagsabgeordneter Matthias Fischbach findet daher auch: "Eine bessere Zeit, sich gemeinsam für den Radweg einzusetzen, gibt es nicht." Er hatte im Dezember eine parlamentarische Anfrage im Landtag zum Geh- und Radwegeausbau in Bayern gestellt. Daraufhin sei die "Bürgerpetition" entstanden. Darin heiße es, dass das Programm mit einem Volumen von rund 200 Millionen Euro bis zum Jahr 2024 fortgeschrieben werde.

Mit Fischbach sitzt Michael Hofmann (CSU) für den Stimmkreis im Landtag. Hofmann schätzt die Lage anders ein. "Es ist einfach falsch, den Leuten vorzumachen, mit der Unterschriftensammlung oder dem Einreichen einer Petition sei das Ziel schneller zu erreichen", wird Hofmann in einer Pressemitteilung der Effeltricher CSU/ÜWG zitiert. Wer so mitten im Wahlkampf falsche Hoffnungen wecke, mache keine seriöse Politik. Der CSU–Landtagsabgeordnete begründet das damit, dass für eine Radwegeverbindung zwischen beiden Orten die für einen Ausbau notwendige Hürde von 2500 Autos pro Tag nicht erreicht werde. Landkreisweit betrachtet stünden andere Wege weiter oben auf der Liste.

Für CSU/Bürgerblock-Bürgermeister Konrad Ochs aus Kunreuth oder Weingarts und Kunreuths CSU-Ortsvorsitzenden Edwin Rank kein Grund, die Unterschriftenaktion nicht zu unterstützen. Sie waren bei der Unterschriftenübergabe dabei. Kunreuths stellvertretender Bürgermeister Ernst Strian (Liste Demokratie), ebenfalls wie Rank Bürgermeisterkandidat für Kunreuth, sieht die Petition hingegen kritisch. Seiner Meinung nach ist unklar, wer die Grundstücke für den Bau zur Verfügung stellt, wie das Trassenprofil verlaufen soll und wie hoch der Landverbrauch sowie die Flächenversieglung ist. Strian könnte sich eine kleine Lösung mit einer Trassenführung auf bestehenden Wegen vorstellen. Hierzu wolle man mit dem Verein "Ile Fränkische Schweiz aktiv" ins Gespräch kommen.

In Bezug zu Hofmanns Äußerung zu den vorgegebenen Verkehrszahlen spricht Fischbach wiederum lediglich von "Anhaltswerten" und sagt: "Kein Grund also, schon vorab von unüberwindbaren Hürden zu sprechen."

 

Nur für die Presse?

 

Was bleibt, ist der Ärger in Effeltrich und von Seiten der CSU/ÜWG die Kritik, dass die Petition nur aus Wahlkampfgründen gestartet worden sei. Zur Übergabe der Unterschriften an Fischbachs FDP-Landtagskollegen Sebastian Körber, der in der Partei für Verkehrsangelegenheiten Ansprechpartner ist, habe man die CSU/ÜWG-Bürgermeisterkandidatin und Gemeinderätin Christine Bertholdt erst einen Tag vor der geplanten Übergabe informiert, kritisiert Steinert. So kurzfristig habe Bertholdt nicht am Termin teilnehmen können. Steinerts Fazit: "Für die Presse war die Aktion gut. Danach wird es wohl nicht groß weiter gehen."

Könnte ein gemeinsamer Beschluss des Gemeinderates pro Fahrradweg ein Ausweg aus der verfahrenen Situation sein? "Ja", sagt Effeltrichs Bürgermeisterin Heimann spontan auf unsere Frage. Sie überlegt, das Thema bei der nächsten Gemeinderatssitzung am 23. März auf die Tagesordnung zu setzen. Dann ist auch der Wahlkampf vorbei.