Verhandlungen vor dem Forchheimer Amtsgericht: Ungebetener Party-Gast schlug mit Stock zu

15.2.2021, 11:02 Uhr

  Obwohl er bestritt mit einem Stock zugeschlagen zu haben, verurteilte ihn das Gericht zu einer Geldauflage von 2000 Euro zugunsten der Awo und des Don Bosco Jugendwerks. Denn das eine Opfer hat ihn "zu 90 Prozent" als den Zuschlagenden identifiziert. So formulierte es der Zeuge nach dem polizeilichen Protokoll. Als ihm die Ermittler eine Bildauswahl vorgelegt hatten, erkannte er aus der Vielzahl genau die zwei Aufnahmen vom Angeklagten. Rund 30 junge Leute feierten in der Nacht zum 19. Juli; die Gäste hatten alle Einlassbändchen für das Grundstück erhalten. Der Angeklagte war mit Bekannten unterwegs und eine ihm nicht näher bekannte Frau schlug vor, zu dieser Party zu gehen.

Nicht willkommen

Doch die rund zehn Ankommenden waren nicht willkommen. An der Gartentür kam es zu Diskussionen, Beleidigungen flogen hin und her und etliche Beteiligte wurden handgreiflich. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen insgesamt acht Personen.

Der 26-Jährige, der wegen seiner Verletzung ins Krankenhaus musste, erinnerte sich so: Wegen Geschreis liefen etliche Gäste vom Lagerfeuer zum Geländeeingang. Dort versuchte der Gastgeber zu beruhigen, aber das Geschrei wurde lauter. Er hörte eine Frau den auffallenden Namen des Angeklagten rufen, der ihm vom Sehen bekannt ist. Dann kam eine Person von links angerannt und traf ihn mit einem harten Gegenstand am Kopf. Er ging zu Boden und war wohl kurz nicht bei Bewusstsein. Sein jüngerer Bruder zog ihn dann aus der Gefahrenzone. "Die Stimmung ist hochgekocht", beschrieb der Bruder die Situation am Gartentor.

Er sah aus dem Augenwinkel jemanden von links auf sich zukommen und konnte gerade noch etwas ausweichen, so dass der Schlag seinen großen Bruder traf. Er beugte sich über ihn, um ihn zu schützen, bekam aber dadurch weitere Schläge ab. An Hals, Rücken und im Gesicht hatte er als Folge Schrammen.

"Das war der Schläger"

Zur Identifizierung musste der Angeklagte vor Gericht seine Maske absetzen. Der jüngere Bruder sagte sofort: "Das war der Schläger." Der Angeklagte hatte in der fraglichen Nacht ein schwarzes T-Shirt, eine rote Hose und weiße Sneaker getragen. In dem Garten war es stockdunkel, so konnte der Zeuge nur von dunkler Oberbekleidung sprechen.

Der dritte geladene Zeuge war sozusagen ein falscher Zeuge, denn er hätte nur Angaben machen können, wie ein "Christof" bei der Massenschlägerei getroffen worden sei. Keiner der Drei wusste etwas, wie es zu den Beschädigungen an einem dort geparkten VW-Bus gekommen ist. Deshalb stellte das Gericht diesen Tatvorwurf ein.

Die Jugendgerichtshilfe zeichnete ein gutes Bild vom Angeklagten. Nach seiner Flucht nach Deutschland war er in verschiedenen Einrichtungen, lernte schnell Deutsch und erreichte trotz mehrfachen Schulortwechsels den Quali. Derzeit bemüht er sich, an einer Fachakademie die mittlere Reife nachzuholen. Das Schulgeld beschafft er sich durch einen Job als Hilfskoch. Sein Berufswunsch ist Fluglotse oder Bauzeichner.

Neuen Freundeskreis gesucht

Der Vater des Angeklagten war entsetzt über die Geschichte mit der Polizei. Er schickte seinen Sohn für eine Weile zu seinem Onkel, damit er aus dem bisherigen Freundeskreis herauskäme. Denn der – so Jugendrichter Peter Neller – ist dem Gericht "aus anderen Kontexten bekannt". Neller lobte denn auch den Vater für sein Vorgehen. Und der Sohn wollte seinen Vater nicht enttäuschen und suchte sich einen anderen Umgang.

"Wir haben ihm beim Urteil sehr hoch angerechnet, wie er sein Leben im Griff hat", betonte Neller in der Urteilsbegründung. Und: "Das ist kein Staatsdrama, aber auch keine Lappalie." Aber auch, dass das Gericht aufgrund der Zeugenaussagen überzeugt sei, der Angeklagte sei der Täter gewesen. Die 90-prozentige Sicherheit des Wiedererkennens durch den Zeugen reichte aus; bei den vielen Anwesenden und dem Durcheinander schien sie glaubhafter als eine Behauptung, sich ganz und gar sicher zu sein.