"Vom Kegeln kann keiner leben"

24.8.2020, 12:34 Uhr

Herr Hoffmann, in den USA kann man mit Bowling Millionär werden – kann man in Deutschland vom Kegeln auch leben?

Hoffmann: Nein, daran ist nicht zu denken. Geld gibt es bei uns nicht. Wir sind alle berufstätig und betreiben den Sport in unserer Freizeit. Die meisten von uns wohnen nicht in Zerbst und trainieren in ihren Heimatorten.

Wenn es kein Geld gibt, warum kommen die Spieler aus allen Himmelsrichtungen nach Sachsen-Anhalt?

Hoffmann: Das ist der sportliche Anreiz. Wir spielen jedes Jahr international mit – und zwar im Weltpokal, den man mit der Champions League im Fußball vergleichen kann.

Ist es dann nicht frustrierend, wenn man zu den Weltbesten gehört und sieht, dass im Fußball schon in der Landesliga teilweise saftige Gehälter gezahlt werden?

Hoffmann: Frustriert ist bei uns keiner. Wir haben uns alle bewusst für diesen Sport entschieden. Sportler sollten grundsätzlich den Antrieb haben, den größtmöglichen Erfolg zu haben. In unserem Team hat das jeder verstanden.

Wieso hat Kegeln keinen größeren Stellenwert – an den mangelnden Erfolgen der deutschen Sportler kann es nicht liegen, oder?

Hoffmann: Nein, auch die Nationalmannschaft zählt zu den Topadressen, auch wenn derzeit Serbien die Nummer eins ist. Ein großes Problem ist, dass wir nicht olympisch sind und daher bundesweit in den Medien kaum vertreten sind. Bei uns im MDR hingegen wird regelmäßig und ausführlich über uns berichtet. Da besitzen wir wirklich eine große Strahlkraft. Aber in anderen Regionen läuft Kegeln eben nur so mit.

Sie sind in Zerbst Spieler und Trainer, die gleiche Doppelfunktion haben Sie bei der Nationalmannschaft. Wie funktioniert das?

Hoffmann: Das hat sich irgendwie so entwickelt, ich habe auch immer jemanden an meiner Seite, der mich entlastet. Ich entscheide oft situativ: Bin ich an diesem Tag gegen diesen Gegner als Coach wertvoller oder als Spieler. Der Erfolg der Mannschaft steht über allem. Mit 50 Jahren muss ich nicht mehr in jedem Spiel auf der Bahn stehen.

Die Dominanz des SKV Zerbst in der Bundesliga ist erdrückend: Seit 15 Jahren ununterbrochen Meister, heuer ohne eine einzige Niederlage. Wird das nicht langweilig?

Hoffmann: Es war sicherlich schon spannender. Aber Corona bedeutet eine große Herausforderung, die Bundesliga wurde auf zwölf Teams aufgestockt; da werden die Karten neu gemischt.

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