Was macht den Charme der Stadt aus?

Was macht Forchheims Charme aus, was soll sich wandeln? Das sagt der Oberbürgermeister

11.4.2021, 15:58 Uhr
Was macht Forchheims Charme aus, was soll sich wandeln? Das sagt der Oberbürgermeister

© Foto: Stefan Hippel

Die Sonne blinzelt durch das Blätterdach. Warmer Sommerwind begleitet ein verliebtes Pärchen durch den Kellerwald, beste Freundinnen schlürfen gutgelaunt den vom Barista frisch aufgeschäumten Cappuccino in lockerer Atmosphäre. Ein unbeschwertes Urlaubsgefühl kommt auf. Erfrischende Musik begleitet die Besucher einer Stadt, die in den Videos so unglaublich modern, aber mit ihrem alten charmanten Fachwerk-Kern gleichzeitig so unglaublich gemütlich wirkt. In mehreren kurzen Image-Videos zeigt Forchheim selbstbewusst seine schönste Seiten. Nur ein perfekter Schein oder auch ein perfektes Sein?

Jedenfalls ist eine lebendige Innenstadt kein Selbstläufer und ihr Leben hängt auch am Tropf der Stadtpolitik. Oder wie es Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) formuliert: "Da müssen wir Eier in der Hose haben, um auch mal was abzulehnen." Der OB hat dabei den Stadtrat und die Diskussionen um großflächige Einkaufsläden mit viel asphaltierter Parkplatzfläche direkt vor der Haustüre im Süden der Stadt im Blick. Der Kuchen für die Händler in der Innenstadt wird dadurch kleiner.

"Ein bisschen Leerstand hält man aus"

Ganz so schlimm um die Innenstadt bestellt sei es aber nicht. "Ein bisschen Leerstand hält man aus." Ein bisschen Leerstand ist auch normal. Geschäftskonzepte scheitern, neue entstehen. Das ist der Lauf der Dinge oder der viel besagte Wandel. Darum kümmere sich seit 2018 das Citymanagement mit Citymanagerin Elena Büttner.

Dass sie bis heute kein Leerstandsmanagement aufgebaut hat, sorgte Anfang des Jahres für große Kritik von Stadträten. Die Forderung nach einer Übersicht ist groß. Kirschstein hat da seine Zweifel. "Ich möchte nicht mit schlechten Dingen Werbung machen." So sieht es auch Elena Büttner. "Leerstehende Ladenflächen wirken sich immer negativ auf das Stadtbild aus", antwortet sie. Unsere Fragen an sie haben wir auf Wunsch der Stadt im Nachgang schriftlich einreichen können.

Gespräche über die Wiederbelebung von Leerständen laufen auch deshalb eher hinter den Kulissen ab. Aber sie laufen, durchaus vielversprechend, so der OB. "In Forchheim waren wir vor der Corona-Pandemie im Verhältnis noch gut aufgestellt. Ich befürchte aber, die aktuelle Situation des Lockdowns wird unsere Arbeit in dieser Richtung zunächst noch deutlich erschweren", so Büttner.

Wieder ein Grüner Markt?

Der Oberbürgermeister will lieber Bilder von einer belebten Fußgängerzone und frequentierten Gässchen, wie sie in den Imagevideos gezeigt werden, in der Öffentlichkeit sehen. "Diese Stadt muss sich gut verkaufen", sagt der OB und selbsternannte Chef-Lobbyist der Stadt.

Von einem Gedanken hat sich Kirschstein verabschiedet: Einen zentralen Magneten in der Stadt zu schaffen. "Den wird es in Forchheim nicht geben." Jedenfalls nicht in der Innenstadt. Potenzielle Verkaufsflächen in der Altstadt sind dafür zu klein. Pläne aus vergangenen Jahrzehnten, mehrere Gebäude zu einer Einheit zusammenzuschließen, scheiterten.

Auf mehrere kleine Magneten setzen

Die Stadt setzt daher eher auf mehrere kleine Magneten. Entlang derer sich die Besucher in der Innenstadt entlanghangeln können, vom Paradeplatz bis zum Rathausplatz und in den angrenzenden Gassen, Straßen und Stadtparkarealen und darüber hinaus. Das schaffe Aufenthaltsqualität. Diese sei "sehr wichtig", so Büttner, weil sie sich "unmittelbar auf das Wohlbefinden" der Stadtbesucher auswirke. Die großen Sanierungsprojekte seien deshalb wichtig.

Dazu gehört der neue Paradeplatz (Baustart im Herbst, Projektvolumen gut 8,4 Millionen Euro), das 2024 fertig generalsanierte Rathaus als Haus der Begegnung (Projektvolumen rund 23,4 Millionen Euro). "Die Stadt investiert in sich selbst." Doch Kirschstein will mehr. Vielleicht den Grünen Markt, der historische Name für den heutigen Rathausplatz, wieder zu dem beleben, was er einmal war. Ein Markt.

Atmosphärische Farbtupfer

Als atmosphärische Farbtupfer gehörten für Büttner mehr bunte Blumen oder Kunst im öffentlichen Raum dazu. Zum Wohlfühlen trage auch das vielfältige gastronomische Angebot bei.

Die Forchheimerinnen und Forchheimer selbst gingen zu oft mit dem Blick auf Erdgeschosshöhe durch die Stadt. Den Blick will der OB auf die darüberliegenden Etagen der Gebäude lenken. Illumination ist das Stichwort und bedeutet aus der Sicht Kirschsteins weit mehr als nur bestrahlte Fassaden. Sie soll die Blickrichtung vorgeben. "Zeigen was sehenswert ist", fasst es Kirschstein zusammen. Er denkt dabei auch an das Postkarten-Ensemble am Rathausplatz oder den Marktplatz.

Dauerthema Hornschuchallee

Im Umgriff dazu gehört für ihn auch die Hornschuchallee. Ein Dauerthema der Stadt. Für "fatal" hält Kirschstein, dass die vorgeschlagene Teilsperrung der Allee für den Autoverkehr gleich zerredet worden sei. "Das bedeutet, wir haben Denkverbote." Diese Verbote verbietet sich der OB aber. Für ihn ist klar: Die Allee diene mehr dem Durchgangsverkehr als einer belebten Innenstadt. Würde sie mit mehr Bäumen, Bänken, Sitzgelegenheiten und weniger Verkehrslärm attraktiver, profitierten die Geschäftstreibenden im Straßenabschnitt mehr als sie es bisher tun.

Niederschlag finden sollen die Ideen für die Hornschuchallee auch im stadteigenen Verkehrskonzept. Es befindet sich in Arbeit. "Zum Einkaufserlebnis gehört auch eine gute Erreichbarkeit der Innenstadt mit allen Verkehrsmitteln", sagt Büttner.

Mit der Allee soll es frühestens nach Rathaus- und Paradeplatzbaustelle weitergehen. Sonst überfordere sich die Stadt und seine Bürgerinnen und Bürger mit zu vielen Baustellen. Über viele Pros und Contras einer Verkehrsberuhigung wird Forchheim noch diskutieren, ehe der Umbau kommt.

"Das ist der Charme der Stadt"

Es sind die kurzen Wege, die den OB von Anfang an an Forchheim fasziniert haben. "Das ist der Charme der Stadt." Den er noch weiter optimieren will. Noch heute kritisiert er, dass der Stadtrat abgelehnt hat, sich für eine Landesgartenschau zu bewerben. Aus dieser Zeit noch in der Schublade hat der OB ein Konzept, wie sich der Stadtpark beleben lässt. Auch ganz ohne Gartenschau sieht er dort Möglichkeiten.

Eine Wohlfühlatmosphäre schaffen: Unter diese Überschrift lassen sich die geplanten Maßnahmen stellen. Für den OB gehören die inhabergeführten Geschäfte oder die kleinteilige Gastronomie dazu. "Was wir verkaufen müssen, ist ein Einkaufserlebnis." Das Aufhalten in der Stadt muss Spaß machen. Die Atmosphäre muss passen.

"Innenstädte werden Corona nicht überleben"

"Bayerns Innenstädte werden Corona nicht überleben": Eine düstere, fast schon schwarze Atmosphäre prognostizierte der Berufsverband des bayerischen City- und Stadtmarketings für die Innenstädte in einer Pressemitteilung im Februar. Einfach sei die Lage auch in Forchheim nicht, sagt Büttner "Ich halte die aktuelle Situation für sehr kritisch. So kann es langfristig nicht weitergehen. Es muss einfach eine Perspektive geben."

Eine Perspektive sieht Büttner darin, den Innenstadthandel digital zu präsentieren. Doch "für Marketingkampagnen oder Reopening-Aktionen fehlt uns in der Corona-Pandemie die Planungssicherheit. Wir wollen natürlich auf der einen Seite wieder Frequenz in der Innenstadt, auf der anderen Seite bergen viele Menschen in der Innenstadt in Anbetracht der steigenden Infektionszahlen ein gewisses Risiko. Parallel arbeiten wir an Maßnahmen, die vielleicht eine Öffnung der Betriebe, unabhängig von den Infektionszahlen ermöglichen. Nach wie vor bin ich selbstverständlich für die Geschäftsleute da, informiere, unterstütze, berate und tröste sogar bisweilen." In Vorbereitung sei der Forchheimer Stadtgutschein.

Schlendern durch die Stadt in Image-Videos in Szene gesetzt

In den Image-Videoclips trägt die passend unterlegte Musik dazu bei, die gewünschten Gefühle beim Schlendern durch die Stadt zu erzeugen. Im echten Leben gibt es die musikalische Begleitung nicht und auch (noch) nicht an jeder Ecke die in den Videos perfekt in Szene gesetzte Umgebung. Die Ecken und Kanten will der OB schleifen und seinen Diamanten noch stärker zum Funkeln bringen.

"Die Ansprüche sind gestiegen", sagt Kirschstein bei unserem Spaziergang durch die Stadt und meint damit das, was aus der Bürgerschaft und der Gesellschaft heute von einer Kleinstadt wie Forchheim, einem Oberzentrum, erwartet wird. "Aber das ist auch gut", ist der OB überzeugt. Es ist sein politischer Arbeitsauftrag: "Das Gesamtkonzept muss stimmen."

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